Artikel 72 VO (EU) 2016/1624
Beschwerdeverfahren
(1) In Zusammenarbeit mit dem Grundrechtsbeauftragten ergreift die Agentur die erforderlichen Maßnahmen, um im Einklang mit diesem Artikel ein Beschwerdeverfahren einzuführen, das die Achtung der Grundrechte bei allen Tätigkeiten der Agentur überwachen und gewährleisten soll.
(2) Jede Person, die von den Maßnahmen des an einer gemeinsamen Aktion, einem Pilotprojekt, einem Soforteinsatz zu Grenzsicherungszwecken, einem Einsatz eines Teams zur Unterstützung der Migrationsverwaltung, einer Rückkehraktion oder einem Rückkehreinsatz beteiligten Personals unmittelbar betroffen ist und die Auffassung vertritt, dass ihre Grundrechte aufgrund dieser Maßnahmen verletzt wurden, oder jede andere Partei, die Vertreter einer solchen Person ist, kann bei der Agentur schriftlich Beschwerde einlegen.
(3) Nur begründete Beschwerden, die konkrete Grundrechtsverletzungen betreffen, sind zulässig.
(4) Der Grundrechtsbeauftragte ist im Einklang mit dem Recht auf eine gute Verwaltung für den Umgang mit an die Agentur gerichteten Beschwerden verantwortlich. Daher prüft er die Zulässigkeit einer Beschwerde, registriert zulässige Beschwerden, leitet alle registrierten Beschwerden an den Exekutivdirektor weiter, leitet Beschwerden über Teammitglieder an den Herkunftsmitgliedstaat weiter, unterrichtet die einschlägige Behörde oder für Grundrechte zuständige Stelle in einem Mitgliedstaat, registriert und gewährleistet die Folgemaßnahmen der Agentur oder des Mitgliedstaats.
(5) Im Einklang mit dem Recht auf eine gute Verwaltung wird ein Beschwerdeführer bei Zulässigkeit seiner Beschwerde davon in Kenntnis gesetzt, dass diese registriert wurde, mit ihrer Prüfung begonnen wurde und zu gegebener Zeit mit einer Antwort zu rechnen ist. Wird eine Beschwerde an die nationalen Behörden oder Stellen weitergeleitet, werden dem Beschwerdeführer deren Kontaktdaten zur Verfügung gestellt. Ist eine Beschwerde unzulässig, werden dem Beschwerdeführer die entsprechenden Gründe und, sofern möglich, weitere Optionen zur Ausräumung seiner Bedenken mitgeteilt.
Jede Entscheidung erfolgt schriftlich und wird begründet.
(6) Im Fall einer registrierten Beschwerde in Bezug auf einen Bediensteten der Agentur sorgt der Exekutivdirektor in Absprache mit dem Grundrechtsbeauftragten für angemessene Folgemaßnahmen einschließlich erforderlichenfalls Disziplinarmaßnahmen. Der Exekutivdirektor erstattet dem Grundrechtsbeauftragten innerhalb eines festgelegten Zeitraums über die Ergebnisse von Beschwerden und die diesbezüglichen Folgemaßnahmen der Agentur, einschließlich erforderlichenfalls Disziplinarmaßnahmen, Bericht.
Im Fall einer Beschwerde im Zusammenhang mit Datenschutzfragen bezieht der Exekutivdirektor den Datenschutzbeauftragten der Agentur ein. Der Grundrechtsbeauftragte und der Datenschutzbeauftragte legen in einer schriftlichen Vereinbarung die Aufteilung ihrer Aufgaben und die Art der Zusammenarbeit in Bezug auf die eingegangenen Beschwerden fest.
(7) Wird eine Beschwerde registriert, die einen Grenzschutzbeamten eines Einsatzmitgliedstaats oder ein Teammitglied einschließlich abgeordneter Teammitglieder oder abgeordneter nationaler Sachverständiger betrifft, sorgt der Herkunftsmitgliedstaat für angemessene Folgemaßnahmen einschließlich erforderlichenfalls Disziplinarmaßnahmen oder sonstiger Maßnahmen im Einklang mit dem nationalen Recht. Der betreffende Mitgliedstaat erstattet dem Grundrechtsbeauftragten innerhalb eines festgelegten Zeitraums und danach erforderlichenfalls in regelmäßigen Abständen über die Ergebnisse von Beschwerden und die in Bezug auf die Beschwerde getroffenen Folgemaßnahmen Bericht. Die Agentur verfolgt die Angelegenheit weiter, wenn sie keinen Bericht von dem betreffenden Mitgliedstaat erhält.
(8) Werden Grundrechtsverletzungen oder Verletzungen der Pflichten im Zusammenhang mit dem internationalen Schutz seitens eines Grenzschutzbeamten oder eines abgeordneten nationalen Sachverständigen festgestellt, kann die Agentur den Mitgliedstaat auffordern, diesen Grenzschutzbeamten oder abgeordneten nationalen Sachverständigen unmittelbar von der Aktivität der Agentur oder dem Soforteinsatzpool abzuziehen.
(9) Der Grundrechtsbeauftragte erstattet dem Exekutivdirektor und dem Verwaltungsrat über die Ergebnisse von Beschwerden und die in Bezug auf die Beschwerden getroffenen Folgemaßnahmen der Agentur und der Mitgliedstaaten Bericht. Die Agentur nimmt Angaben über das Beschwerdeverfahren in ihren Jahresbericht auf.
(10) Im Einklang mit den in Absatz 1 bis 9 dargelegten Bestimmungen und nach Anhörung des Konsultationsforums erstellt der Grundrechtsbeauftragte ein standardisiertes Beschwerdeformular, in dem detaillierte und spezifische Informationen über die mutmaßliche Grundrechtsverletzung anzugeben sind. Der Grundrechtsbeauftragte erstellt außerdem weitere detaillierte Bestimmungen nach Bedarf. Der Grundrechtsbeauftragte legt dieses Formular und weitere derartige detaillierte Bestimmungen dem Exekutivdirektor und dem Verwaltungsrat vor.
Die Agentur trägt dafür Sorge, dass Informationen über die Beschwerdemöglichkeit und das Verfahren leicht erhältlich sind, auch für schutzbedürftige Personen. Das standardisierte Beschwerdeformular ist in Sprachen, die die Bürger von Drittstaaten verstehen oder bei denen es Grund zu der Annahme gibt, dass sie sie verstehen, auf der Website der Agentur und während sämtlicher Tätigkeiten der Agentur in Papierform verfügbar. Beschwerden werden vom Grundrechtsbeauftragten geprüft, auch wenn sie nicht über das standardisierte Beschwerdeformular eingereicht werden.
(11) Alle in einer Beschwerde enthaltenen personenbezogenen Daten werden von der Agentur, einschließlich des Grundrechtsbeauftragten, im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und von den Mitgliedstaaten im Einklang mit der Richtlinie 95/46/EG und dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI be- und verarbeitet.
Bei Einreichung einer Beschwerde wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Einklang mit Artikel 5 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch die Agentur und den Grundrechtsbeauftragten einwilligt.
Zur Wahrung der Interessen des Beschwerdeführers werden Beschwerden vom Grundrechtsbeauftragten im Einklang mit einzelstaatlichem und Unionsrecht vertraulich behandelt, es sei denn, der Beschwerdeführer verzichtet ausdrücklich auf sein Recht auf Vertraulichkeit. Verzichtet der Beschwerdeführer auf sein Recht auf Vertraulichkeit, wird davon ausgegangen, dass er im Zusammenhang mit dem Beschwerdegegenstand soweit erforderlich mit der Offenlegung seiner Identität gegenüber den zuständigen Behörden oder Stellen durch den Grundrechtsbeauftragten oder die Agentur einverstanden ist.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.