Artikel 25a VO (EU) 2016/399
Verfahren für Fälle, die Maßnahmen aufgrund unvorhersehbarer oder vorhersehbarer Ereignisse erfordern
(1) Ist aufgrund einer unvorhersehbaren ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in einem Mitgliedstaat sofortiges Handeln erforderlich, so kann der Mitgliedstaat in Ausnahmefällen sofort wieder Kontrollen an den Binnengrenzen einführen.
(2) Der Mitgliedstaat unterrichtet gleichzeitig mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels das Europäische Parlament, den Rat, die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten von der Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Einklang mit Artikel 27 Absatz 1.
(3) Führt ein Mitgliedstaat Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gemäß Absatz 1 wieder ein, so dürfen die Grenzkontrollen nicht länger als einen Monat bestehen bleiben. Hält die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit über diesen Zeitraum hinaus an, so kann der Mitgliedstaat die Kontrollen an den Binnengrenzen für weitere Zeiträume bis zu einer Dauer von bis zu höchstens drei Monaten verlängern.
(4) Ist eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in einem Mitgliedstaat vorhersehbar, so teilt der Mitgliedstaat dies dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 27 Absatz 1 spätestens vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung der Grenzkontrollen oder so schnell wie möglich mit, wenn die Umstände, welche die Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, dem Mitgliedstaat weniger als vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung bekannt werden.
(5) Findet Absatz 4 des vorliegenden Artikels Anwendung, so können unbeschadet des Absatzes 6 Kontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten wieder eingeführt werden. Dauert die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit über diesen Zeitraum hinaus an, so kann der Mitgliedstaat die Kontrollen an den Binnengrenzen für verlängerbare Zeiträume von bis zu sechs Monaten verlängern. Jede Verlängerung ist dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sowie den anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 27 und innerhalb der in Absatz 4 des vorliegenden Artikels genannten Fristen mitzuteilen. Vorbehaltlich des Absatzes 6 des vorliegenden Artikels darf die Höchstdauer der Kontrollen an den Binnengrenzen zwei Jahre nicht überschreiten.
(6) Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass eine schwerwiegende, außergewöhnliche Situation in Bezug auf eine anhaltende ernsthafte Bedrohung vorliegt, die die Beibehaltung von Kontrollen an den Binnengrenzen über die in Absatz 5 dieses Artikels genannte Höchstdauer hinaus rechtfertigt, so teilt er dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten seine Absicht mit, Kontrollen an den Binnengrenzen für einen zusätzlichen Zeitraum von bis zu sechs Monaten zu verlängern. Diese Mitteilung wird spätestens vier Wochen vor der geplanten Verlängerung gemacht und umfasst unter Berücksichtigung der gemäß Absatz 27a Absatz 3 abgegebenen Stellungnahme der Kommission eine Risikobewertung gemäß Artikel 26 Absatz 2, die Folgendes enthält:
- a)
- eine Begründung der anhaltenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit;
- b)
- eine Begründung dafür, dass alternative Maßnahmen zur Bewältigung der Bedrohung zum Zeitpunkt der Mitteilung als unwirksam angesehen werden oder sich als unwirksam herausgestellt haben;
- c)
- eine Darstellung der parallel zu den Kontrollen an den Binnengrenzen in Betracht gezogenen Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen;
- d)
- gegebenenfalls eine Darlegung der Mittel, der Maßnahmen, der Bedingungen und des Zeitplans, die im Hinblick auf die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen in Betracht gezogen werden.
Die Kommission gibt innerhalb von drei Monaten nach der Mitteilung gemäß Unterabsatz 1 eine neue Stellungnahme zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen ab. Nach Eingang dieser Mitteilung kann die Kommission auf eigene Initiative oder auf Antrag des direkt betroffenen Mitgliedstaats ein Konsultationsverfahren gemäß Artikel 27a Absatz 1 einleiten.
Wird in einer schwerwiegenden, außergewöhnlichen Situation die Notwendigkeit der Beibehaltung von Kontrollen an den Binnengrenzen infolge des in diesem Absatz genannten Verfahrens bestätigt und reicht der in Unterabsatz 1 genannte zusätzliche Zeitraum von sechs Monaten nicht aus, um die Verfügbarkeit wirksamer alternativer Maßnahmen zur Bewältigung der anhaltenden Bedrohung sicherzustellen, so kann ein Mitgliedstaat beschließen, die Kontrollen an den Binnengrenzen im Einklang mit der in Unterabsatz 2 genannten Risikobewertung ein letztes Mal um einen weiteren zusätzlichen Zeitraum von bis zu sechs Monaten zu verlängern. Trifft ein Mitgliedstaat einen entsprechenden Beschluss, so teilt er der Kommission unverzüglich seine Absicht mit, seine Kontrollen an den Binnengrenzen zu verlängern. Die Kommission nimmt unverzüglich eine Empfehlung zur Vereinbarkeit einer solchen letztmaligen Verlängerung mit den Verträgen an, insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit. In dieser Empfehlung werden — gegebenenfalls zusammen mit anderen Mitgliedstaaten — auch die umzusetzenden wirksamen Ausgleichsmaßnahmen festgelegt.
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