Artikel 29 VO (EU) 2016/399
Besonderes Verfahren im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist
(1) Im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen aufgrund anhaltender schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen nach Artikel 21 dieser Verordnung oder aufgrund der Tatsache, dass ein Mitgliedstaat einem Beschluss des Rates nach Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1624 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) nicht nachkommt, das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, und soweit diese Umstände eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder in Teilen dieses Raums darstellen, können die Mitgliedstaaten Kontrollen an den Binnengrenzen gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten wieder einführen. Dieser Zeitraum kann höchstens dreimal um einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Monaten verlängert werden, wenn diese außergewöhnlichen Umstände bestehen bleiben.
(2) Der Rat kann als letztes Mittel und als Maßnahme zum Schutz der gemeinsamen Interessen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und wenn alle anderen Maßnahmen, insbesondere diejenigen gemäß Artikel 21 Absatz 1, die festgestellte ernsthafte Bedrohung nicht wirksam verringern können, empfehlen, dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten beschließen, an allen oder bestimmten Abschnitten ihrer Binnengrenzen Kontrollen wieder einzuführen. Die Empfehlung des Rates stützt sich auf einen Vorschlag der Kommission. Die Mitgliedstaaten können die Kommission ersuchen, dem Rat einen solchen Vorschlag für eine Empfehlung vorzulegen.
Die Empfehlung des Rates enthält zumindest die Angaben nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstaben a bis e.
Der Rat kann unter den Bedingungen und Verfahren dieses Artikels eine Verlängerung empfehlen.
Bevor ein Mitgliedstaat nach diesem Absatz Kontrollen an allen oder bestimmten Abschnitten seiner Binnengrenzen wieder einführt, teilt er dies den anderen Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Kommission mit.
(3) Setzt ein Mitgliedstaat die in Absatz 2 genannte Empfehlung nicht um, so teilt er der Kommission unverzüglich schriftlich die Gründe dafür mit.
In diesem Fall legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, in dem die von dem betreffenden Mitgliedstaat genannten Gründe und die Auswirkungen auf den Schutz der gemeinsamen Interessen des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen bewertet werden.
(4) In hinreichend begründeten Fällen der Dringlichkeit im Zusammenhang mit Situationen, in denen die Umstände, die eine Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen im Einklang mit Absatz 2 erfordern, weniger als 10 Tage vor dem Ende des vorherigen Zeitraums der Wiedereinführung bekannt werden, kann die Kommission erforderliche Empfehlungen im Wege sofort geltender Durchführungsrechtsakte gemäß dem in Artikel 38 Absatz 3 genannten Verfahren erlassen. Innerhalb von 14 Tagen nach der Annahme solcher Empfehlungen legt die Kommission dem Rat einen Vorschlag für eine Empfehlung im Einklang mit Absatz 2 dieses Artikels vor.
(5) Dieser Artikel lässt die Maßnahmen unberührt, die die Mitgliedstaaten im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit nach den Artikeln 25, 27 und 28 erlassen können.
Fußnote(n):
- (1)
Verordnung (EU) 2016/1624 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates und der Entscheidung 2005/267/EG des Rates (ABl. L 251 vom 16.9.2016, S. 1).
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