Artikel 12 VO (EU) 2017/1938

Notfallmaßnahmen auf regionaler und auf Unionsebene

(1) Die Kommission kann auf Antrag einer zuständigen Behörde, die einen Notfall ausgerufen hat, nach dessen Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 8 einen regionalen Notfall bzw. einen unionsweiten Notfall ausrufen.

Die Kommission ruft im Bedarfsfall auf Antrag von mindestens zwei zuständigen Behörden, die einen Notfall ausgerufen haben, und nach Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 8 einen regionalen oder unionsweiten Notfall aus, wenn die Gründe für diese Notfälle miteinander verbunden sind.

In allen Fällen, in denen sie einen regionalen oder unionsweiten Notfall ausruft, holt die Kommission unter Heranziehung der der Lage am ehesten angemessenen Kommunikationsmittel die Ansichten anderer zuständiger Behörden ein und berücksichtigt alle von ihnen gelieferten sachdienlichen Informationen gebührend. Beschließt die Kommission nach einer Einschätzung, dass die Tatsachen nicht mehr die Ausrufung eines regionalen bzw. unionsweiten Notfalls rechtfertigen, so erklärt sie den regionalen bzw. unionsweiten Notfall für beendet und gibt ihre Gründe dafür an und unterrichtet den Rat über ihren Beschluss.

(2) Die Kommission beruft die Koordinierungsgruppe „Gas” ein, sobald sie einen regionalen oder einen unionsweiten Notfall ausruft.

(3) Bei einem regionalen oder unionsweiten Notfall koordiniert die Kommission die Maßnahmen der zuständigen Behörden und berücksichtigt dabei uneingeschränkt die sachdienlichen Informationen und die Ergebnisse, die sich aus der Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” ergeben haben. Insbesondere

a)
gewährleistet die Kommission den Informationsaustausch;
b)
gewährleistet sie die Kohärenz und Wirksamkeit der national und regional ergriffenen Maßnahmen im Verhältnis zur Unionsebene;
c)
koordiniert sie die Maßnahmen gegenüber Drittländern.

(4) Die Kommission kann ein Krisenmanagementteam einberufen, dem die in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe g genannten Krisenmanager der von dem Notfall betroffenen Mitgliedstaaten angehören. Die Kommission kann im Einvernehmen mit den Krisenmanagern andere relevante Akteure einladen, daran teilzunehmen. Die Kommission gewährleistet, dass die Koordinierungsgruppe „Gas” regelmäßig über die Arbeit des Krisenmanagementteams in Kenntnis gesetzt wird.

(5) Die Mitgliedstaaten und insbesondere die zuständigen Behörden gewährleisten, dass

a)
keine Maßnahmen ergriffen werden, durch die zu irgendeinem Zeitpunkt die Gasflüsse innerhalb des Binnenmarkts unangemessen eingeschränkt werden, insbesondere die Gasflüsse zu den betroffenen Märkten,
b)
keine Maßnahmen ergriffen werden, durch die wahrscheinlich die Gasversorgung in einem anderen Mitgliedstaat ernsthaft gefährdet wird, und
c)
der grenzüberschreitende Zugang zu den Infrastrukturen nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 gemäß dem Notfallplan soweit technisch und sicherheitstechnisch möglich aufrechterhalten wird.

(6) Wenn die Kommission auf Antrag einer zuständigen Behörde oder eines Erdgasunternehmens oder von sich aus zu der Auffassung gelangt, dass bei einem regionalen oder unionsweiten Notfall eine von einem Mitgliedstaat bzw. einer zuständigen Behörde ergriffene Maßnahme oder das Verhalten eines Erdgasunternehmens Absatz 5 widerspricht, fordert sie diesen Mitgliedstaat bzw. die zuständige Behörde auf, die Maßnahme zu ändern oder Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung des Absatzes 5 sicherzustellen, und teilt ihre Gründe hierfür mit. Dabei ist gebührend zu beachten, dass jederzeit ein sicherer Betrieb der Gasnetze gewährleistet sein muss.

Innerhalb von drei Tagen nach Aufforderung durch die Kommission ändert der Mitgliedstaat bzw. die zuständige Behörde die Maßnahme und teilt das der Kommission mit oder begründet ihr gegenüber, warum er/sie mit der Aufforderung nicht einverstanden ist. Im letztgenannten Fall kann die Kommission innerhalb von drei Tagen nach ihrer Unterrichtung ihre Aufforderung ändern oder zurückziehen oder den Mitgliedstaat bzw. die zuständige Behörde und, wenn sie es für notwendig erachtet, die Koordinierungsgruppe „Gas” einberufen, um die Angelegenheit zu prüfen. Die Kommission begründet ihre Aufforderung zur Änderung der Maßnahmen ausführlich. Der Mitgliedstaat bzw. die zuständige Behörde berücksichtigt den Standpunkt der Kommission umfassend. Weicht die endgültige Entscheidung der zuständigen Behörde bzw. des Mitgliedstaats vom Standpunkt der Kommission ab, so legt die zuständige Behörde bzw. der Mitgliedstaat die Gründe für ihre/seine Entscheidung vor.

(7) Die Kommission erstellt nach Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” eine ständige Reserveliste für den Einsatz einer Überwachungs-Taskforce, die sich aus Branchenexperten und Vertretern der Kommission zusammensetzt. Die Überwachungs-Taskforce kann bei Bedarf außerhalb der Union eingesetzt werden; sie überwacht die Gasflüsse in die Union in Zusammenarbeit mit den Liefer- und Transitdrittländern und erstattet darüber Bericht.

(8) Die zuständige Behörde informiert das Zentrum der Kommission für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) über etwaigen Hilfsbedarf. Das ERCC bewertet die Gesamtlage und berät zu den Hilfeleistungen für die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten und gegebenenfalls für Drittländer.

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