Artikel 13 VO (EU) 2017/1938
Solidarität
(1) Hat ein Mitgliedstaat um die Anwendung der Solidaritätsmaßnahme gemäß diesem Artikel ersucht, so ergreift ein direkt mit dem ersuchenden Mitgliedstaat verbundener Mitgliedstaat oder — sofern der Mitgliedstaat das vorsieht — seine zuständige Behörde oder sein Fernleitungsnetzbetreiber oder Verteilernetzbetreiber, möglichst ohne dadurch unsichere Situationen herbeizuführen, die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in seinem Hoheitsgebiet die Erdgasversorgung anderer als der durch Solidarität geschützten Kunden in dem erforderlichen Maße und so lange verringert oder ausgesetzt wird, wie die Erdgasversorgung der durch Solidarität geschützten Kunden in dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht gewährleistet ist. Der ersuchende Mitgliedstaat stellt sicher, dass die betreffende Gasmenge tatsächlich an die durch Solidarität geschützten Kunden in seinem Hoheitsgebiet geliefert wird.
In Ausnahmefällen und auf ordnungsgemäß mit Gründen versehenen Antrag des betreffenden Stromübertragungs- oder Gasfernleitungsnetzbetreibers an die für ihn zuständige Behörde kann auch die Gasversorgung bestimmter kritischer Gaskraftwerke im Sinne des Artikels 11 Absatz 7 in dem Mitgliedstaat, der Solidarität leistet, fortgesetzt werden, wenn der Ausfall der Gasversorgung dieser Kraftwerke dem Elektrizitätssystem schweren Schaden zufügen oder die Erzeugung und/oder Verbringung von Gas beeinträchtigen würde.
(2) Ein Mitgliedstaat unterstützt mit der Solidaritätsmaßnahme ebenfalls einen anderen Mitgliedstaat, mit dem er über ein Drittland verbunden ist, sofern der Durchfluss durch dieses Drittland nicht eingeschränkt ist. Diese Ausweitung der Maßnahme erfordert eine Zustimmung der betreffenden Mitgliedstaaten, die, soweit angemessen, dabei das Drittland, über das sie miteinander verbunden sind, einbeziehen.
(3) Eine Solidaritätsmaßnahme ist das letzte Mittel und wird angewendet, sofern der ersuchende Mitgliedstaat
- a)
- gemäß Artikel 11 einen Notfall ausgerufen hat,
- b)
- trotz Anwendung der in Artikel 11 Absatz 3 genannten Maßnahme nicht in der Lage war, den Engpass bei der Gasversorgung seiner durch Solidarität geschützten Kunden auszugleichen, oder — wenn ein Mitgliedstaat befristete Maßnahmen zur Senkung des nicht wesentlichen Gasverbrauchs durch geschützte Kunden gemäß Artikel 11 Absatz 7a getroffen hat — seinen durch Solidarität geschützten Kunden die wesentlichen Gasverbrauchsmengen bereitzustellen;
- c)
- alle marktbasierten Maßnahmen ( „freiwillige Maßnahmen” ), alle nicht marktbasierten Maßnahmen ( „obligatorische Maßnahmen” ) und andere in seinem Notfallplan vorgesehenen Maßnahmen ausgeschöpft hat,
- d)
- der Kommission und den zuständigen Behörden aller Mitgliedstaaten, mit denen er entweder direkt oder gemäß Absatz 2 über ein Drittland verbunden ist, ein ausdrückliches Ersuchen notifiziert hat, dem eine Beschreibung der durchgeführten Maßnahmen gemäß Buchstabe c des vorliegenden Absatzes beigefügt ist.
(3a) Die Mitgliedstaaten, die gemäß Absatz 1 zur Solidarität verpflichtet sind, sind berechtigt, von dem Solidaritätsangebot die Lieferungen an ihre durch Solidarität geschützten Kunden oder — wenn ein Mitgliedstaat befristete Maßnahmen zur Senkung des nicht wesentlichen Gasverbrauchs geschützter Kunden gemäß Artikel 11 Absatz 7a getroffen hat — die Lieferungen der wesentlichen Gasverbrauchsmengen an ihre durch Solidarität geschützten Kunden abzuziehen.
(4) Die Mitgliedstaaten, die ein Solidaritätsersuchen erhalten, machen Angebote so weit und so lange wie möglich auf der Grundlage von freiwilligen Maßnahmen auf der Nachfrageseite, bevor sie auf nicht-marktbasierte Maßnahmen zurückgreifen.
Erweisen sich Marktmaßnahmen in dem Mitgliedstaat, der Solidarität leistet, um den Engpass bei der Gasversorgung von durch Solidarität geschützten Kunden in dem ersuchenden Mitgliedstaat auszugleichen, als unzureichend, so kann der Solidarität leistende Mitgliedstaat andere als Marktmaßnahmen ergreifen, um seinen Verpflichtungen gemäß den Absätzen 1 und 2 nachzukommen.
(5) Kann mehr als ein Mitgliedstaat einem ersuchenden Mitgliedstaat Solidarität leisten, so wählt der ersuchende Mitgliedstaat nach Konsultation aller zur Solidaritätsleistung verpflichteter Mitgliedstaaten das günstigste Angebot nach Kosten, Lieferungsgeschwindigkeit, Verlässlichkeit und Diversifizierung der Gasversorgung aus. Erweist sich, dass die verfügbaren marktbasierten Angebote nicht ausreichen, um das Defizit bei der Gasversorgung der durch Solidarität geschützten Kunden im ersuchenden Mitgliedstaat auszugleichen, oder — wenn der ersuchende Mitgliedstaat befristete Maßnahmen zur Verringerung des nicht wesentlichen Gasverbrauchs geschützter Kunden gemäß Artikel 11 Absatz 7a ergriffen hat —, um das Defizit bei der Gasversorgung seiner durch Solidarität geschützten Kunden bei den wesentlichen Gasverbrauchsmengen auszugleichen, müssen die zur Solidaritätsleistung verpflichteten Mitgliedstaaten nicht marktbasierte Maßnahmen ergreifen.
(6) Die zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats unterrichtet unverzüglich die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die Solidarität leisten, wenn die Gasversorgung von durch Solidarität geschützten Kunden in seinem Hoheitsgebiet gewährleistet ist oder wenn die Verpflichtungen gemäß den Absätzen 1 und 2 auf der Grundlage seines Bedarfs verringert oder wenn sie auf Antrag des Mitgliedstaats, dem Solidarität gewährt wird, ausgesetzt werden.
(7) Die Verpflichtungen der Absätze 1 und 2 gelten vorbehaltlich des technisch sicheren und verlässlichen Betriebs des Gasnetzes eines Mitgliedstaats, der Solidarität leistet, und der maximalen Ausfuhrkapazität der Verbindungsleitungen der betreffenden Infrastruktur des Mitgliedstaats in den ersuchenden Mitgliedstaat. In den technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen kann solchen Umständen Rechnung getragen werden, insbesondere denjenigen, unter denen der Markt bis zur Höchstkapazität der Verbindungsleitungen liefert.
(8) Solidarität im Rahmen dieser Verordnung wird gegen Entschädigung geleistet. Der Mitgliedstaat, der um Solidarität ersucht, leistet oder gewährleistet unverzüglich Zahlung einer angemessenen Entschädigung an den Mitgliedstaat, der Solidarität leistet.
Haben sich zwei Mitgliedstaaten auf die erforderlichen technischen und rechtlichen Vorkehrungen gemäß Absatz 10 (Solidaritätsvereinbarung) geeinigt, so deckt diese angemessene Entschädigung mindestens Folgendes ab:
- a)
- das in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Mitgliedstaats gelieferte Gas,
- b)
- alle weiteren einschlägigen und angemessenen Kosten, die bei der Leistung von Solidarität entstanden sind, gegebenenfalls einschließlich der Kosten für etwaige entsprechende Maßnahmen, die im Voraus festgelegt wurden,
- c)
- die Erstattung aller Entschädigungszahlungen, die aus Gerichtsverfahren, Schiedsverfahren oder ähnlichen Verfahren und Schlichtungen stammen sowie damit zusammenhängende Kosten dieser Verfahren, in denen der Solidarität leistende Mitgliedstaat gegenüber Einrichtungen, die bei der Bereitstellung dieser Solidarität beteiligt sind, verpflichtet ist.
Die angemessene Entschädigungszahlung nach den Unterabsätzen 1 und 2 umfasst unter anderem alle angemessenen Kosten, die dem Mitgliedstaat, der Solidarität leistet, aus der Verpflichtung entstehen, im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Artikels Entschädigung aufgrund der durch das Unionsrecht garantierten Grundrechte und aufgrund bestehender internationaler Verpflichtungen zu leisten, sowie weitere angemessene Kosten, die durch die Leistung von Entschädigung gemäß nationalen Entschädigungsregelungen entstehen.
Die Mitgliedstaaten erlassen die Maßnahmen, insbesondere die technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen nach Absatz 10, die erforderlich sind, um die Unterabsätze 1, 2 und 3 des vorliegenden Absatzes durchzuführen. Zu diesen Maßnahmen können die praktischen Vorkehrungen für die unverzügliche Zahlung gehören.
(8a) Wenn sich zwei Mitgliedstaaten nicht im Wege einer Solidaritätsvereinbarung auf die erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen gemäß Artikel 10 geeinigt haben, gelten für Gaslieferungen gemäß der Verpflichtung nach Absatz 1 in einem Notfall die Bedingungen dieses Artikels.
Die Entschädigung für die Solidaritätsmaßnahme darf die angemessenen Kosten nicht übersteigen. Sofern sowohl der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat als auch der Solidarität leistende Mitgliedstaat nichts anderes vereinbaren, umfasst die Entschädigung Folgendes:
- a)
- den Gaspreis in dem Solidarität leistenden Mitgliedstaat,
- b)
- die Lager- und Transportkosten,
- c)
- die Prozesskosten für damit verbundene Gerichts- oder Schiedsverfahren, an denen der Solidarität leistende Mitgliedstaat beteiligt ist,
- d)
- sonstige indirekte Kosten, die nicht durch den Gaspreis gedeckt werden, darunter die Erstattung finanzieller oder sonstiger Schäden aufgrund der angeordneten Abschaltung von Kunden in Verbindung mit der Leistung von Solidarität.
Soweit der um Solidarität ersuchende Mitgliedstaat und der Solidarität leistende Mitgliedstaat keinen anderen Preis vereinbaren, entspricht der Preis für das an den um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat gelieferte Gas dem Day-Ahead-Marktpreis im Solidarität leistenden Mitgliedstaat am Tag vor dem Solidaritätsersuchen oder dem entsprechenden Day-Ahead-Marktpreis an der nächstliegenden Börse, am nächstliegenden virtuellen Handelspunkt oder an einem vereinbarten Hub am Tag vor dem Solidaritätsersuchen. Die Entschädigung für die im Rahmen eines Solidaritätsersuchens gelieferten Gasmengen wird von dem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat direkt an den Solidarität leistenden Mitgliedstaat oder die Einrichtung gezahlt, die beide Mitgliedstaaten in ihrer Antwort auf das Solidaritätsersuchen sowie in der Bestätigung der Entgegennahme und der zu entnehmenden Menge angeben.
Der Mitgliedstaat, an den sich das Ersuchen um eine Solidaritätsmaßnahme richtet, trifft die Solidaritätsmaßnahme so bald wie möglich, spätestens jedoch zum angegebenen Lieferzeitpunkt des Ersuchens. Ein Mitgliedstaat kann die Leistung der Solidarität an einen um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat ablehnen, wenn er nachweist, dass
- a)
- er nicht genug Gas hat, um die Gasmengen den durch Solidarität geschützten Kunden bereitzustellen, oder
- b)
- die Kapazität seiner Verbindungsleitungen gemäß Artikel 13 Absatz 7 nicht ausreicht oder die durch ein Drittland verlaufenden Gasflüsse eingeschränkt sind.
Diese Ablehnung ist strikt auf die Gasmengen beschränkt, die von einer oder beiden der in Unterabsatz 4 genannten Beschränkungen betroffen sind.
Zusätzlich zu den in diesem Absatz vorgesehenen Standardvorschriften können die Mitgliedstaaten technische Regelungen und die Koordinierung der Solidaritätsleistung vereinbaren. Dieser Absatz berührt nicht bestehende Regelungen für den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Gasnetzes.
(8b) Wenn sich zwei Mitgliedstaaten nicht im Wege einer Solidaritätsvereinbarung auf die erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen gemäß Artikel 10 geeinigt haben, so richtet der um Anwendung der Solidaritätsmaßnahmen ersuchende Mitgliedstaat ein Solidaritätsersuchen an einen anderen Mitgliedstaat, das mindestens die folgenden Angaben enthält:
- a)
- die Kontaktdaten der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats,
- b)
- gegebenenfalls die Kontaktdaten des entsprechenden Fernleitungsnetzbetreibers des Mitgliedstaats,
- c)
- gegebenenfalls die Kontaktdaten des im Namen des Mitgliedstaats handelnden Dritten,
- d)
- den Lieferzeitraum, einschließlich des Zeitpunkts der ersten möglichen Lieferung und der voraussichtlichen Lieferdauer,
- e)
- die Lieferorte und Kopplungspunkte,
- f)
- die Gasmenge (in kWh) für jeden Kopplungspunkt,
- g)
- die Gasqualität.
Das Solidaritätsersuchen wird gleichzeitig an die Mitgliedstaaten, die möglicherweise in der Lage sind, Solidaritätsmaßnahmen zu ergreifen, an die Kommission und an die gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe g benannten Krisenmanager gerichtet.
Die Mitgliedstaaten, die ein Solidaritätsersuchen erhalten, übermitteln eine Antwort mit der Angabe der in Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Kontaktdaten und der Menge und Qualität, die zu dem Zeitpunkt gemäß Unterabsatz 1 Buchstaben d bis g an die Kopplungspunkte geliefert werden kann. Reicht die Menge, die durch freiwillige Maßnahmen geliefert werden kann, nicht aus, so ist in der Antwort das Volumen anzugeben, das sich aus einer möglichen Einschränkung, der Freigabe strategischer Vorräte oder der Anwendung anderer Maßnahmen ergibt.
Solidaritätsersuchen sind mindestens 48 Stunden vor dem angegebenen Zeitpunkt der Erdgaslieferung zu übermitteln.
Die Antwort auf Solidaritätsersuchen hat innerhalb von 18 Stunden zu erfolgen. Die Bestätigung der von dem um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaat zu entnehmenden Menge erfolgt innerhalb von sechs Stunden ab dem Eingang des Solidaritätsangebots und spätestens 24 Stunden vor dem angegebenen Zeitpunkt der Erdgaslieferung. Das Ersuchen kann für einen Zeitraum von einem Tag oder von mehreren Tagen übermittelt werden, und die Antwort muss der beantragten Dauer entsprechen. Erbringen mehrere Mitgliedstaaten Solidaritätsleistungen und bestehen bilaterale Solidaritätsvereinbarungen mit einem oder mehreren von ihnen, so haben diese bilateralen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten, die sie geschlossen haben, Vorrang. Die in diesem Absatz vorgesehenen Standardvorschriften gelten nur in Bezug auf die anderen Solidarität leistenden Mitgliedstaaten.
Die Kommission kann die Solidaritätsleistung erleichtern, insbesondere durch ein auf einer gesicherten Online-Plattform zugängliches Muster, um die Echtzeit-Übermittlung der Ersuchen und Angebote zu ermöglichen.
(8c) Wenn eine Solidaritätsmaßnahme gemäß den Absätzen 1 und 2 getroffen wurde, unterziehen die nationalen Regulierungsbehörden des Solidarität leistenden und des um Solidarität ersuchenden Mitgliedstaats die endgültige Höhe der von dem ersuchenden Mitgliedstaat gezahlten angemessenen Entschädigung innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Notfalls einer nachträglichen Kontrolle.
Wenn sich die nationalen Regulierungsbehörden nicht über die Berechnung des endgültigen Betrags der angemessenen Entschädigung geeinigt haben, so setzen sie die jeweils zuständigen Behörden, die Kommission und die Agentur unverzüglich darüber in Kenntnis. In diesem Fall oder auf gemeinsamen Antrag der nationalen Regulierungsbehörden berechnet die Agentur die angemessene Höhe der entsprechenden Entschädigung für die indirekten Kosten, die durch die Solidaritätsleistung entstanden sind, und gibt innerhalb von drei Monaten nach ihrer Befassung eine faktenbasierte Stellungnahme ab. Vor dieser faktenbasierten Stellungnahme konsultiert die Agentur die nationalen Regulierungsbehörden und die entsprechenden zuständigen Behörden.
Die in Unterabsatz 2 genannte Frist von drei Monaten kann um weitere zwei Monate verlängert werden, wenn die Agentur um zusätzliche Informationen ersucht. Diese zusätzliche Frist beginnt am Tag nach dem Eingang der vollständigen Informationen. Der ersuchende Mitgliedstaat wird konsultiert und gibt eine Stellungnahme zur Schlussfolgerung aus der nachträglichen Kontrolle ab. Nach Konsultation des ersuchenden Mitgliedstaates kann die Behörde, die diese nachträgliche Kontrolle durchführt, verlangen, dass die Höhe der Entschädigung korrigiert wird, wobei sie die Stellungnahme des ersuchenden Mitgliedstaates berücksichtigt. Die Schlussfolgerungen aus dieser nachträglichen Kontrolle werden der Kommission übermittelt, die sie in ihrem Bericht über den Notfall gemäß Artikel 14 Absatz 3 berücksichtigt.
(9) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Bestimmungen dieses Artikels im Einklang mit den Verträgen, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den geltenden internationalen Verpflichtungen durchgeführt werden. Sie ergreifen die hierzu erforderlichen Maßnahmen.
(10) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Gas an durch Solidarität geschützte Kunden in dem ersuchenden Mitgliedstaat nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 geliefert wird, und sie bemühen sich nach besten Kräften darum, technische, rechtliche und finanzielle Regelungen zu vereinbaren. Die technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen werden von den Mitgliedstaaten vereinbart, die entweder direkt oder gemäß Absatz 2 über ein Drittland miteinander verbunden sind, und in ihren jeweiligen Notfallplänen beschrieben. Diese Regelungen können unter anderem folgende Elemente betreffen:
- a)
- die operative Sicherheit von Netzen,
- b)
- die anzuwendenden Gaspreise und die Methodik für ihre Festlegung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Funktionieren des Marktes,
- c)
- die Nutzung von Verbindungsleitungen, einschließlich bidirektionaler Kapazitäten, und die unterirdische Gasspeicherung,
- d)
- Gasmengen oder die Methodik für ihre Festlegung,
- e)
- die Kategorien von Kosten, für die angemessene und unverzügliche Entschädigung zu leisten ist; dazu kann auch Schadensersatz für von Lieferkürzungen betroffene Wirtschaftszweige gehören,
- f)
- eine Angabe der Methode, nach der die angemessene Entschädigung berechnet werden kann.
Die finanziellen Regelungen, die zwischen Mitgliedstaaten vor dem Ersuchen um Solidarität vereinbart werden, enthalten Bestimmungen, die die Berechnung der angemessenen Entschädigung für mindestens alle einschlägigen und angemessenen Kosten, die bei der Leistung von Solidarität entstanden sind, ermöglichen, sowie eine Verpflichtung, diese Entschädigung zu leisten.
Alle Ausgleichsmechanismen enthalten Anreize für die Teilnahme an marktbasierten Lösungen wie Versteigerungen und Mechanismen der nachfrageseitigen Steuerung. Sie dürfen keine falschen Anreize, auch nicht in finanzieller Hinsicht, dafür bieten, dass Marktteilnehmer ihre Maßnahmen aufschieben, bis nicht-marktbasierte Maßnahmen angewendet werden. Alle Ausgleichsmechanismen oder zumindest ihre Zusammenfassung werden in die Notfallpläne aufgenommen.
Wenn infolge eines Gerichtsverfahrens nach Absatz 8 Unterabsatz 2 Buchstabe c nach Abschluss der nachträglichen Kontrolle neue und erhebliche entsprechende Kosten entstehen, die in die angemessene Entschädigung einzubeziehen sind, so unterrichtet der leistende Mitgliedstaat unverzüglich den ersuchenden Mitgliedstaat. Die nationalen Regulierungsbehörden und gegebenenfalls die Agentur führen eine neue nachträgliche Kontrolle gemäß Absatz 8c durch. Das Ergebnis dieser neuen nachträglichen Kontrolle berührt nicht die Verpflichtung eines leistenden Mitgliedstaats, Kunden nach nationalem Recht Schadensersatz zu leisten, und ihr Recht auf eine angemessene Entschädigung.
(11) Solange ein Mitgliedstaat den Gasverbrauch der durch Solidarität geschützten Kunden aus eigener Erzeugung decken kann, wird es nicht als notwendig erachtet, dass er technische, rechtliche und finanzielle Regelungen mit Mitgliedstaaten, mit denen er entweder direkt oder gemäß Absatz 2 über ein Drittland verbunden ist, zum Zwecke des Erhalts einer Solidaritätsleistung vereinbart. Dies berührt nicht die Verpflichtung des entsprechenden Mitgliedstaats, anderen Mitgliedstaaten gemäß diesem Artikel Solidarität zu leisten.
(12) Die Kommission legt bis zum 1. Dezember 2017 nach Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” rechtlich nicht verbindliche Leitlinien für die wichtigsten Elemente der technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen, insbesondere zu der Frage, wie die in den Absätzen 8 und 10 beschriebenen Elemente in der Praxis anzuwenden sind, vor.
(13) Haben die Mitgliedstaaten bis zum 1. Oktober 2018 keine Einigung über die erforderlichen technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen erzielt, kann die Kommission nach Konsultation der betreffenden zuständigen Behörden einen Rahmen für solche Maßnahmen vorschlagen, in dem die notwendigen Grundsätze aufgeführt sind, damit sie zur Anwendung gelangen können, und der sich auf die in Absatz 12 genannten Leitlinien der Kommission stützt. Die Mitgliedstaaten schließen die Ausarbeitung ihrer Regelungen bis zum 1. Dezember 2018 unter weitestgehender Berücksichtigung des Vorschlags der Kommission ab.
(14) Gelingt es den Mitgliedstaaten nicht, eine Einigung über ihre technischen, rechtlichen und finanziellen Regelungen zu erzielen oder deren Ausarbeitung abzuschließen, so berührt das nicht die Anwendbarkeit dieses Artikels. In einem solchen Fall einigen sich die betreffenden Mitgliedstaaten auf die erforderlichen Ad-hoc-Maßnahmen, und der Mitgliedstaat, der ein Solidaritätsersuchen stellt, geht die Verpflichtung gemäß Absatz 3 Buchstabe d ein.
(15) Die Verpflichtungen aus den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels gelten nicht mehr, sobald das Ende des Notfalls ausgerufen wird oder die Kommission gemäß Artikel 11 Absatz 8 Unterabsatz 1 zu dem Schluss gelangt, dass die Ausrufung des Notfalls nicht oder nicht mehr gerechtfertigt ist.
(16) Wenn der Union im Zusammenhang mit Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten gemäß dem vorliegenden Artikel ergreifen müssen, Kosten aufgrund einer anderen Haftung als der für rechtswidrige Handlungen oder rechtswidriges Verhalten im Sinne von Artikel 340 Absatz 2 AEUV entstehen, werden ihr die Kosten von dem Mitgliedstaat, dem Solidarität gewährt wird, erstattet.
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