Artikel 14 VO (EU) 2017/1938

Informationsaustausch

(1) Hat ein Mitgliedstaat eine der Krisenstufen gemäß Artikel 11 Absatz 1 ausgerufen, so stellen die betreffenden Erdgasunternehmen der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats täglich insbesondere die folgenden Informationen zur Verfügung:

a)
tägliche Prognosen zu Gas-Nachfrage und Gas-Angebot für die folgenden drei Tage, beziffert in Millionen Kubikmetern pro Tag (Mio. m3/Tag);
b)
tägliche Gasflüsse in Millionen Kubikmetern pro Tag (Mio. m3/Tag) an allen Grenze in- und -ausspeisepunkten sowie an allen Punkten, die eine Produktionsanlage, eine Speicheranlage oder ein LNG-Terminal mit dem Netz verbinden;
c)
Zeitraum in Tagen, über den voraussichtlich die Gasversorgung der geschützten Kunden gesichert werden kann.

(2) Im Falle eines regionalen oder unionsweiten Notfalls kann die Kommission die in Absatz 1 genannte zuständige Behörde auffordern, ihr unverzüglich zumindest die folgenden Informationen zu übermitteln:

a)
die Informationen gemäß Absatz 1;
b)
Informationen zu den von der zuständigen Behörde zur Abschwächung des Notfalls geplanten und den bereits umgesetzten Maßnahmen sowie Informationen zu deren Wirksamkeit;
c)
Aufforderungen an andere zuständige Behörden, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen;
d)
Maßnahmen, die auf Aufforderung anderer zuständiger Behörden umgesetzt wurden.

(3) Nach einem Notfall übermittelt die in Absatz 1 genannte zuständige Behörde der Kommission so rasch wie möglich und spätestens sechs Wochen nach Aufhebung des Notfalls eine detaillierte Auswertung des Notfalls und der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen, einschließlich einer Bewertung der wirtschaftlichen Folgen des Notfalls, der Auswirkungen auf den Elektrizitätssektor und der von der Union und ihren Mitgliedstaaten geleisteten Hilfe oder erhaltenen Hilfe. Diese Bewertung wird der Koordinierungsgruppe „Gas” zur Verfügung gestellt und schlägt sich in den Aktualisierungen der Präventionspläne und der Notfallpläne nieder.

Die Kommission analysiert die Auswertungen der zuständigen Behörden und legt die Ergebnisse dieser Analyse den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Koordinierungsgruppe „Gas” in aggregierter Form vor.

(4) Unter gebührend begründeten Umständen und unabhängig von der Ausrufung eines Notfalls kann die zuständige Behörde des am stärksten betroffenen Mitgliedstaats die Erdgasunternehmen auffordern, die in Absatz 1 genannten Informationen oder zusätzliche Informationen, die zur Beurteilung der Gesamtlage der Gasversorgung in dem betreffenden Mitgliedstaat oder in anderen Mitgliedstaaten erforderlich sind, bereitzustellen, einschließlich vertraglicher Informationen mit Ausnahme von Preisangaben. Die Kommission kann die zuständigen Behörden auffordern, die von Erdgasunternehmen gemäß diesem Absatz bereitgestellten Informationen an sie weiterzuleiten, sofern die betreffenden Informationen nicht bereits der Kommission übermittelt worden sind.

(5) Ist die Kommission der Auffassung, dass die Gasversorgung in der gesamten Union oder einem Teilgebiet der Union in einem Maß gefährdet ist oder wahrscheinlich gefährdet ist, das zur Ausrufung einer der Krisenstufen gemäß Artikel 11 Absatz 1 führen könnte, so kann sie die betreffenden zuständigen Behörden auffordern, die zur Beurteilung der Situation der Gasversorgung erforderlichen Informationen zu sammeln und ihr vorzulegen. Die Kommission unterrichtet die Koordinierungsgruppe „Gas” über ihre Beurteilung.

(6) Um den zuständigen Behörden und der Kommission die Beurteilung der Situation der Gasversorgungssicherheit auf nationaler, regionaler und Unionsebene zu ermöglichen, meldet jedes Erdgasunternehmen

a)
der betreffenden zuständigen Behörde folgende Einzelheiten von Gaslieferverträgen mit grenzüberschreitender Dimension und einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, die es zur Beschaffung von Gas geschlossen hat:

i)
Laufzeit des Vertrags;
ii)
vereinbarte Jahresmenge;
iii)
im Falle einer Alarmstufe oder eines Notfalls die kontrahierte Tageshöchstmenge;
iv)
vereinbarte Lieferpunkte;
v)
die täglichen und monatlichen Mindestgasmengen;
vi)
Bedingungen für die Aussetzung der Gaslieferungen.
vii)
die Angabe, ob der Vertrag einzeln oder zusammen mit seinen Verträgen mit demselben Lieferanten oder mit mit ihm verbundenen Unternehmen den Schwellenwert von 28 % gemäß Absatz 6 Buchstabe b in dem am stärksten betroffenen Mitgliedstaat erreicht oder überschreitet;

b)
der zuständigen Behörde des am stärksten betroffenen Mitgliedstaats unmittelbar nach deren Abschluss oder Änderung seine Gaslieferverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, die am oder nach dem 1. November 2017 geschlossen oder geändert wurden und die einzeln oder zusammen mit seinen Verträgen mit demselben Lieferanten oder mit mit ihm verbundenen Unternehmen mindestens 28 % des jährlichen Gasverbrauchs in diesem Mitgliedstaat ausmachen, berechnet auf der Grundlage der neuesten verfügbaren Daten. Darüber hinaus melden die Erdgasunternehmen bis zum 2. November 2018 der zuständigen Behörde alle bestehenden Verträge, die dieselben Bedingungen erfüllen. Die Meldeverpflichtung betrifft nicht Preisangaben und gilt nicht für die Änderungen, die sich nur auf den Gaspreis beziehen. Die Meldeverpflichtung gilt auch für alle kommerziellen Vereinbarungen, die für die Durchführung des Gasliefervertrags relevant sind, mit Ausnahme von Preisangaben.

Die zuständige Behörde meldet der Kommission die in Unterabsatz 1 Buchstabe a genannten Angaben in anonymisierter Form. Werden neue Verträge geschlossen oder bestehende Verträge geändert, so wird der gesamte Datensatz bis Ende September des betreffenden Jahres übermittelt. Hat die zuständige Behörde Zweifel, ob ein bestimmter Vertrag, der ihr gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe b gemeldet wurde, ein Risiko für die Sicherheit der Gasversorgung eines Mitgliedstaats oder einer Region darstellt, so notifiziert sie diesen Vertrag der Kommission.

(7) Wenn das durch die Notwendigkeit, die Transparenz entscheidender, für die Gasversorgungssicherheit relevanter Gaslieferverträge zu gewährleisten, gebührend begründet ist und wenn die zuständige Behörde des am stärksten betroffenen Mitgliedstaats oder die Kommission der Auffassung ist, dass ein Gasliefervertrag die Gasversorgungssicherheit eines Mitgliedstaats, einer Region oder der Union gefährden könnte, kann die zuständige Behörde des Mitgliedstaats oder die Kommission das Erdgasunternehmen auffordern, den Vertrag — ausgenommen Preisangaben — zur Beurteilung seiner Auswirkungen auf die Gasversorgungssicherheit vorzulegen. Die Aufforderung ist zu begründen und kann sich auch auf Einzelheiten sonstiger kommerzieller Vereinbarungen erstrecken, die für die Durchführung des Gasliefervertrags relevant sind, mit Ausnahme von Preisangaben. In der Begründung ist auch auf die Verhältnismäßigkeit des damit verbundenen Verwaltungsaufwands einzugehen.

(8) Die zuständigen Behörden, die Informationen auf der Grundlage von Absatz 6 Buchstabe b oder Absatz 7 des vorliegenden Artikels erhalten, bewerten diese Informationen im Hinblick auf die Gasversorgungssicherheit innerhalb von drei Monaten und teilen die Bewertungsergebnisse der Kommission mit.

(9) Die zuständige Behörde berücksichtigt die aufgrund des vorliegenden Artikels erhaltenen Informationen bei der Erstellung der Risikobewertung, des Präventionsplans und des Notfallplans oder ihrer jeweiligen Aktualisierungen. Die Kommission kann eine Stellungnahme abgeben, in der sie der zuständigen Behörde vorschlägt, die Risikobewertungen oder Pläne entsprechend den Informationen zu ändern, die aufgrund des vorliegenden Artikels eingegangen sind. Die betreffende zuständige Behörde überprüft die Risikobewertung und die Pläne, die Gegenstand der Aufforderung sind, nach dem Verfahren des Artikels 8 Absatz 9.

(10) Die Mitgliedstaaten legen bis zum 2. Mai 2019 Vorschriften über Sanktionen für Verstöße von Erdgasunternehmen gegen die Absätze 6 oder 7 fest und ergreifen alle zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(11) Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck „der am stärksten betroffene Mitgliedstaat” einen Mitgliedstaat, in dem eine Vertragspartei eines bestimmten Vertrags ihr Gas überwiegend absetzt oder die meisten Kunden hat.

(12) Alle Verträge oder vertraglichen Informationen, die gemäß Absatz 6 oder 7 empfangen wurden, und die entsprechenden Bewertungen durch die zuständigen Behörden oder die Kommission bleiben vertraulich. Die zuständigen Behörden und die Kommission gewährleisten die uneingeschränkte Vertraulichkeit.

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