ANHANG X VO (EU) 2017/2400

ZERTIFIZIERUNGSVERFAHREN FÜR LUFTREIFEN

1.
Einleitung

In diesem Anhang werden die Zertifizierungsvorschriften für Reifen im Hinblick auf deren Rollwiderstandskoeffizienten beschrieben. Zur Berechnung des in das Simulationsinstrument einzugebenden Rollwiderstands des Fahrzeugs sind von dem die Luftreifengenehmigung ersuchenden Antragsteller der anwendbare Reifen-Rollwiderstandskoeffizient Cr für jeden an die Erstausrüster (OEM) gelieferten Reifen sowie die zugehörige Reifenprüflast FZTYRE anzugeben.

2.
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Anhangs gelten die folgenden Begriffsbestimmungen zusätzlich zu denen in der UN-Regelung Nr. 54(1) und der UN-Regelung Nr. 117(2):
1)
Rollwiderstandskoeffizient Cr bezeichnet den Quotienten aus Rollwiderstand dividiert durch die Belastung des Reifens;
2)
Belastung des Reifens FZTYRE bezeichnet die während der Rollwiderstandsprüfung auf den Reifen aufgebrachte Last;
3)
„Reifentyp” bezeichnet eine Reifenbaureihe, die bei den nachstehenden Merkmalen keine Unterschiede aufweist:

a)
Herstellername;
b)
Markenname oder Handelsmarke;
c)
Reifenklasse (gemäß UN-Regelung Nr. 117)
d)
Größenbezeichnung des Reifens;
e)
Reifenbauart (Diagonal-, Radialbauart);
f)
Verwendungsart (normaler Reifen, M + S-Reifen, Spezialreifen) gemäß der Begriffsbestimmung in der UN-Regelung Nr. 117;
g)
Geschwindigkeitskategorie(n);
h)
Tragfähigkeitskennzahl(en);
i)
Handelsbezeichnung;
j)
angegebener Reifen-Rollwiderstandskoeffizient.

4)
Der Parameter „FuelEfficiencyClass” entspricht der Kraftstoffeffizienzklasse des Reifens im Sinne von Anhang I Teil A der Verordnung (EU) 2020/740(3). Bei Reifen, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2020/740 fallen, ist die Kraftstoffeffizienzklasse des Reifens nicht anwendbar und für den Parameter „FuelEffizienzklasse” ist in Anlage 3 „N/A” anzugeben.

3.
Allgemeine Anforderungen

3.1. Die Reifenfertigungsstätte muss nach IATF 16949 zertifiziert sein.

3.2.
Messung des Reifen-Rollwiderstandskoeffizienten

Der Reifen-Rollwiderstandskoeffizient wird gemäß Anhang I Teil A der (EU) 2020/740 gemessen und abgeglichen; er wird in N/kN ausgedrückt und ist gemäß ISO 80000-1 Anhang B Abschnitt B3 Regel B (Beispiel 1) auf die erste Dezimalstelle zu runden. Der Standardwert für den Rollwiderstandskoeffizienten für Reifen der Klassen C2 und C3 entspricht dem für M + S-Reifen zur Verwendung bei starkem Schneefall gemäß Absatz 6.3.2 der UN-Regelung Nr. 117. Bei Reifen, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 661/2009(4) oder der Verordnung (EU) 2019/2144(5) fallen, beträgt der Standardwert 13,0 N/kN und für den Parameter „FuelEffizienzklasse” ist „N/A” anzugeben. Der FzISO-Standardwert entspricht dem Wert, der als Prozentsatz der vertikalen Kraft bezogen auf die Reifentragfähigkeitskennzahl bei nominalem Reifendruck (und Einfachbereifung) ermittelt wird. Bei Reifen der Klassen C2 und C3 beträgt dieser Prozentsatz 85 %, bei anderen Reifen 80 %.

3.3.
Messvorschriften

Der Reifenhersteller führt die in Nummer 3.2 genannte Prüfung in einem Labor eines in Artikel 68 der Verordnung (EU) 2018/858 definierten technischen Dienstes durch. Die Prüfung kann auch in den eigenen Einrichtungen durchgeführt werden, sofern:
i)
ein Bevollmächtigter eines von der Genehmigungsbehörde bezeichneten technischen Dienstes die Prüfung überwacht oder
ii)
der Reifenhersteller als technischer Dienst der Kategorie A gemäß Artikel 68 der Verordnung (EU) 2018/858 bezeichnet ist.

3.4.
Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit

3.4.1. Der Reifen muss im Hinblick auf die entsprechende Bescheinigung und den entsprechenden Rollwiderstandskoeffizienten eindeutig identifizierbar sein.

3.4.2. Der Reifenhersteller muss herkömmliche Reifenaufschriften auf der Seitenwand oder ein zusätzliches Kennzeichen am Reifen anbringen. Dieses zusätzliche Kennzeichen muss einen eindeutigen Verweis auf den Reifen und seinen Rollwiderstandskoeffizienten gewährleisten. Es kann folgende Form haben:

Quick Response-(QR-)Code

Strichcode

Funkfrequenzkennzeichnung (RFID)

ein zusätzliches Zeichen oder

eine sonstige Einrichtung, die die Anforderungen in 3.4.1 erfüllt.

3.4.3. Ein solches zusätzliches Kennzeichen muss so lange lesbar bleiben, bis das Fahrzeug verkauft wird.

3.4.4. Für im Einklang mit der vorliegenden Verordnung zertifizierte Reifen ist gemäß Artikel 38 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2018/858 kein Typgenehmigungszeichen erforderlich.

4.
Übereinstimmung der zertifizierten CO2-Emissionen und der für den Kraftstoffverbrauch maßgeblichen Eigenschaften

4.1. Jeder im Einklang mit der vorliegenden Verordnung zertifizierte Reifen muss den gemäß Absatz 3.2 dieses Anhangs angegebenen Rollwiderstandswert einhalten.

4.2. Zur Überprüfung der Übereinstimmung der für die CO2-Emissionen und den Kraftstoffverbrauch maßgeblichen zertifizierten Eigenschaften sind der Serienproduktion zufällige Stichproben von Reifen zu entnehmen, die gemäß den Bestimmungen in Absatz 3.2 zu prüfen sind. Die Prüfungen sind an neuen Prüfreifen gemäß der Definition in Absatz 2 der UN-Regelung Nr. 117 durchzuführen.

4.3.
Häufigkeit der Prüfungen

4.3.1. Der Reifenrollwiderstand ist für mindestens einen Reifen eines für den Verkauf an Erstausrüster (OEM) vorgesehenen bestimmten Reifentyps pro 20000 Stück dieses Typs pro Jahr zu prüfen (z. B. sind für einen Reifentyp mit jährlichen Verkaufszahlen an die Erstausrüster zwischen 20001 und 40000 Stück zwei Konformitätsüberprüfungen pro Jahr durchzuführen).

4.3.2. Werden jährlich zwischen 500 und 20000 Stück eines für den Verkauf an Erstausrüster vorgesehenen bestimmten Reifentyps geliefert, muss für diesen Typ mindestens eine Konformitätsüberprüfung pro Jahr durchgeführt werden.

4.3.3. Liegen die jährlichen Lieferungen eines für den Verkauf an Erstausrüster vorgesehenen bestimmten Reifentyps unter 500 Stück, ist mindestens eine Konformitätsüberprüfung alle zwei Jahre gemäß Absatz 4.4 durchzuführen.

4.3.4. Wenn die in 4.3.1 angegebenen Stückzahlen für die an die Erstausrüster gelieferten Reifen innerhalb von 31 Kalendertagen erreicht sind, ist die in Absatz 4.3 angegebene maximale Anzahl der Konformitätsüberprüfungen auf jeweils eine Überprüfung pro 31 Kalendertage begrenzt.

4.3.5. Der Hersteller muss der Genehmigungsbehörde gegenüber die Anzahl der durchgeführten Prüfungen begründen (z. B. durch Nachweis der Verkaufszahlen).

4.4.
Überprüfungsverfahren

4.4.1. Ein einzelner Reifen ist gemäß Absatz 3.2 zu prüfen. Standardmäßig ist als Maschinenabgleich-Gleichung die zum Zeitpunkt der Überprüfung gültige Gleichung zu verwenden. Ein Reifenhersteller kann die Anwendung der Abgleich-Gleichung ersuchen, die während der Zertifizierungsprüfung verwendet und im Beschreibungsbogen angegeben wurde.

4.4.2. Ist der gemessene und abgeglichene Wert kleiner oder gleich dem angegebenen Wert plus 0,3 N/kN, gilt der Reifen-Rollwiderstandswert als übereinstimmend.

4.4.3. Übersteigt der gemessene und abgeglichene Wert den angegebenen Wert um mehr als 0,3 N/kN, so kann auf Antrag des Reifenherstellers und im Einvernehmen mit der Behörde, die die Prüfung überwacht, die zum Zeitpunkt der Zertifizierungsprüfung gültige Abgleich-Gleichung angewandt werden.

4.4.3.1. Ist der gemessene und neu abgeglichene Wert kleiner oder gleich dem angegebenen Wert plus 0,3 N/kN, gilt der Reifen-Rollwiderstandswert als übereinstimmend.
4.4.3.2. Überschreitet der Messwert, der gemäß den Ziffern 4.4.3 und 4.4.3.1 abgeglichen wurde, den angegebenen Wert um mehr als 0,3 N/kN, müssen drei weitere Reifen geprüft werden. Wenn der Messwert, der gemäß den Ziffern 4.4.3 und 4.4.3.1 abgeglichen wurde, für mindestens einen der drei Reifen den angegebenen Wert um mehr als 0,4 N/kN überschreitet, gilt Artikel 23.

Fußnote(n):

(1)

Regelung Nr. 54 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Luftreifen für Nutzfahrzeuge und ihre Anhänger (ABl. L 183 vom 11.7.2008, S. 41).

(2)

Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes [2016/1350] (ABl. L 218 vom 12.8.2016, S. 1).

(3)

Verordnung (EU) 2020/740 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 2020 über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere Parameter, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1369 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1222/2009 (ABl. L 177 vom 5.6.2020, S. 1).

(4)

Verordnung (EG) Nr. 661/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeuganhängern und von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer allgemeinen Sicherheit (ABl. L 200 vom 31.7.2009, S. 1).

(5)

Verordnung (EU) 2019/2144 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern, zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 1).

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