Artikel 34 VO (EU) 2017/565
Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten (Artikel 16 Absatz 3 und Artikel 23 der Richtlinie 2014/65/EU)
(1) Die Wertpapierfirmen müssen in schriftlicher Form wirksame, der Größe und Organisation der jeweiligen Firma sowie der Art, des Umfangs und der Komplexität ihrer Geschäfte angemessene Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten festlegen und auf Dauer umsetzen.
Ist die Wertpapierfirma Teil einer Gruppe, müssen diese Grundsätze darüber hinaus allen Umständen Rechnung tragen, von denen die Wertpapierfirma weiß oder wissen müsste und die aufgrund der Struktur und der Geschäftstätigkeiten anderer Gruppenmitglieder einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten.
(2) In den gemäß Absatz 1 festgelegten Grundsätzen für den Umgang mit Interessenkonflikten
- a)
- wird im Hinblick auf die Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen, die von oder im Namen der Wertpapierfirma erbracht werden, festgelegt, unter welchen Umständen ein Interessenkonflikt, der den Interessen eines oder mehrerer Kunden erheblich schaden könnte, vorliegt oder entstehen könnte;
- b)
- wird festgelegt, welche Verfahren einzuleiten und welche Maßnahmen zu treffen sind, um diese Konflikte zu verhindern oder zu bewältigen.
(3) Die Verfahren und Maßnahmen, auf die in Absatz 2 Buchstabe b Bezug genommen wird, werden so gestaltet, dass relevante Personen, die mit Tätigkeiten befasst sind, bei denen ein Interessenkonflikt im Sinne von Absatz 2 Buchstabe a besteht, diese Tätigkeiten mit einem Grad an Unabhängigkeit ausführen, der der Größe und dem Betätigungsfeld der Wertpapierfirma und der Gruppe, der diese angehört, sowie der Höhe des Risikos, dass die Interessen von Kunden geschädigt werden, angemessen ist.
Für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe b schließen die dort genannten zu befolgenden Verfahren und Maßnahmen — soweit dies für die Wertpapierfirma zur Gewährleistung des geforderten Grades an Unabhängigkeit notwendig ist — Folgendes ein:
- a)
- wirksame Verfahren, die den Austausch von Informationen zwischen relevanten Personen, deren Tätigkeiten einen Interessenkonflikt nach sich ziehen könnten, verhindern oder kontrollieren, wenn dieser Informationsaustausch den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte;
- b)
- die gesonderte Überwachung relevanter Personen, deren Hauptaufgabe darin besteht, Tätigkeiten im Namen von Kunden auszuführen oder Dienstleistungen für Kunden zu erbringen, deren Interessen möglicherweise kollidieren oder die in anderer Weise unterschiedliche Interessen — einschließlich der der Wertpapierfirma — vertreten, die kollidieren könnten;
- c)
- die Beseitigung jeder direkten Verbindung zwischen der Vergütung relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer Tätigkeit beschäftigen, und der Vergütung oder den Einnahmen anderer relevanter Personen, die sich hauptsächlich mit einer anderen Tätigkeit beschäftigen, wenn bei diesen Tätigkeiten ein Interessenkonflikt entstehen könnte;
- d)
- Maßnahmen, die jeden ungebührlichen Einfluss auf die Art und Weise, in der eine relevante Person Wertpapier- oder Nebendienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausführt, verhindern oder einschränken;
- e)
- Maßnahmen, die die gleichzeitige oder unmittelbar nachfolgende Einbeziehung einer relevanten Person in verschiedene Wertpapier- oder Nebendienstleistungen bzw. Anlagetätigkeiten verhindern oder kontrollieren, wenn diese Einbeziehung ein ordnungsgemäßes Konfliktmanagement beeinträchtigen könnte.
(4) Die Wertpapierfirmen stellen sicher, dass die Unterrichtung der Kunden gemäß Artikel 23 Absatz 2 der Richtlinie 2014/65/EU nur als Ultima Ratio angewandt wird, wenn die wirksamen organisatorischen und administrativen Vorkehrungen, die sie zur Verhinderung oder Bewältigung ihrer Interessenkonflikte gemäß Artikel 23 der Richtlinie 2014/65/EU getroffen haben, nicht ausreichen, um mit hinreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass die Interessen des Kunden nicht geschädigt werden.
Bei dieser Unterrichtung wird deutlich angegeben, dass die wirksamen organisatorischen und administrativen Vorkehrungen, die die Wertpapierfirma zur Verhinderung oder Bewältigung dieses Konflikts getroffen hat, nicht ausreichen, um mit hinreichender Sicherheit zur gewährleisten, dass die Interessen des Kunden nicht geschädigt werden. Die Unterrichtung beinhaltet eine genaue Beschreibung der Interessenkonflikte, die bei der Erbringung von Wertpapier- und/oder Nebendienstleistungen entstehen, unter Berücksichtigung der Art des Kunden, an den sich die Unterrichtung richtet. Die Beschreibung erklärt die allgemeine Art und die Ursachen von Interessenkonflikten sowie die Risiken, die dem Kunden infolge der Interessenkonflikte und der zur Minderung dieser Risiken getroffenen Maßnahmen entstehen, ausreichend detailliert, um es dem Kunden zu ermöglichen, in Bezug auf die Wertpapier- oder Nebendienstleistung, in deren Zusammenhang die Interessenkonflikte entstehen, eine fundierte Entscheidung zu treffen.
(5) Die Wertpapierfirmen beurteilen und prüfen die Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten, die gemäß Artikel 1 bis 4 festgelegt wurden, regelmäßig, mindestens aber einmal jährlich, und ergreifen sämtliche erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung etwaiger Mängel. Übermäßige Abhängigkeit von der Offenlegung von Interessenkonflikten wird in den Grundsätzen der Firma für den Umgang mit Interessenkonflikten als Mangel angesehen.
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