Artikel 27 VO (EU) 2018/1240

Anforderung zusätzlicher Angaben und Unterlagen vom Antragsteller

(1) Hält die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats die Angaben des Antragstellers im Antragsformular für unzureichend, um entscheiden zu können, ob eine Reisegenehmigung erteilt oder verweigert wird, so kann diese nationale ETIAS-Stelle vom Antragsteller zusätzliche Angaben oder Unterlagen anfordern. Auf Ersuchen eines gemäß Artikel 28 konsultierten Mitgliedstaats fordert die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats zusätzliche Angaben oder Unterlagen an.

(2) Das Ersuchen um Übermittlung zusätzlicher Angaben oder Unterlagen wird über den E-Mail-Dienst gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe f an die im Antragsdatensatz gespeicherte Kontakt-E-Mail-Adresse gesandt. Aus dem Ersuchen um Übermittlung zusätzlicher Angaben oder Unterlagen muss eindeutig hervorgehen, welche Angaben oder Unterlagen der Antragsteller übermitteln muss; ferner muss das Ersuchen eine Liste der Sprachen enthalten, in denen die Angaben oder Unterlagen übermittelt werden können. Die Liste der Sprachen muss mindestens Englisch oder Französisch oder Deutsch enthalten, es sei denn, sie enthält eine Amtssprache des Drittstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Antragsteller nach eigenen Angaben besitzt. Werden zusätzliche Unterlagen verlangt, so wird auch eine elektronische Kopie der Originaldokumente verlangt. Der Antragsteller übermittelt die zusätzlichen Angaben oder Unterlagen innerhalb von zehn Tagen ab dem Datum des Eingangs des Ersuchens über den in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe g genannten Dienst für sichere Konten direkt an die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats. Der Antragsteller legt diese Angaben oder Unterlagen in einer der in dem Ersuchen genannten Sprachen vor. Vom Antragsteller darf nicht verlangt werden, dass er eine amtliche Übersetzung vorlegt. Es dürfen nur zusätzliche Angaben oder Unterlagen angefordert werden, die für die Bewertung des ETIAS-Antrags erforderlich sind.

(3) Für die Ersuchen um Übermittlung zusätzlicher Angaben oder Unterlagen gemäß Absatz 1 verwendet die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats eine vorgegebene Liste von Optionen. Die Kommission erlässt gemäß Artikel 89 delegierte Rechtsakte, in denen der Inhalt und das Format dieser vorgegebenen Liste von Optionen genau festgelegt werden.

(4) In Ausnahmefällen und als letztes Mittel kann, wenn nach der Verarbeitung der zusätzlichen Angaben oder Unterlagen ernsthafte Zweifel hinsichtlich der vom Antragsteller bereitgestellten Angaben oder Unterlagen fortbestehen, die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats den Antragsteller auffordern, zu einer Befragung in dem Konsulat, das dem Wohnsitz des Antragstellers am nächsten liegt, zu erscheinen. Wenn dies im Interesse des Antragstellers liegt, kann die Befragung ausnahmsweise in einem Konsulat stattfinden, das in einem anderen Land als dem Wohnsitzland des Antragstellers gelegen ist.

Befindet sich das dem Wohnsitz des Antragstellers am nächsten gelegene Konsulat in einer Entfernung von mehr als 500 km, so wird dem Antragsteller die Möglichkeit geboten, dass die Befragung mit Mitteln der Audio- und Videofernkommunikation durchgeführt wird. Beträgt die Entfernung weniger als 500 km, so können sich der Antragsteller und die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats darauf einigen, solche Audio- und Videokommunikationsmittel zu benutzen. Wenn solche Audio- und Videokommunikationsmittel benutzt werden, werden die Befragungen von der nationalen ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats oder ausnahmsweise von einem der Konsulate dieses Mitgliedstaats durchgeführt. Die Mittel der Audio- und Videofernkommunikation müssen ein angemessenes Niveau der Sicherheit und Vertraulichkeit gewährleisten.

Die Gründe für die Aufforderung zu einer Befragung werden im Auftragsdatensatz gespeichert.

(5) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Anforderungen für die in Absatz 4 genannten Audio- und Videokommunikationsmittel — auch in Bezug auf Datenschutz-, Sicherheits- und Vertraulichkeitsvorschriften — fest und erlässt Vorschriften für die Erprobung und Auswahl der geeigneten Instrumente sowie für deren Einsatz.

Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 90 Absatz 2 erlassen.

(6) Die Vorladung zu einer Befragung wird dem Antragsteller von der nationalen ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats über den E-Mail-Dienst gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe f an die im Antragsdatensatz gespeicherte Kontakt-E-Mail-Adresse mitgeteilt. Die Vorladung zu einer Befragung erfolgt innerhalb von 72 Stunden nach Übermittlung der zusätzlichen Angaben oder Unterlagen durch den Antragsteller gemäß Absatz 2 dieses Artikels. Die Vorladung zu einer Befragung umfasst Informationen über den Mitgliedstaat, von dem die Vorladung ausgeht, über die in Absatz 4 des vorliegenden Artikels aufgeführten Optionen und die einschlägigen Kontaktdaten. Der Antragsteller kontaktiert die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats so bald wie möglich, spätestens aber fünf Tage nach Vorladung zu einer Befragung, um sich auf einen für alle Beteiligten annehmbaren Termin (Datum und Uhrzeit) für die Befragung und darauf zu einigen, ob die Befragung als Fernbefragung stattfinden soll. Die Befragung findet innerhalb von zehn Tagen nach der Vorladung statt.

Die Vorladung zur Befragung wird vom ETIAS-Zentralsystem in den Antragsdatensatz aufgenommen.

(7) Erscheint der Antragsteller nach einer mitgeteilten Vorladung zu einer Befragung gemäß Absatz 6 dieses Artikels nicht zu der Befragung, so wird der Antrag gemäß Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe g abgelehnt. Die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats teilt dies dem Antragsteller unverzüglich mit.

(8) Für die Zwecke der in Absatz 4 genannten Befragung gibt die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats die Elemente an, die von der befragenden Person behandelt werden sollen. Diese Elemente müssen sich aus den Gründen, aus denen um die Befragung ersucht wurde, ergeben.

Die Befragung mit Mitteln der Audio- und Videofernkommunikation finden in der Sprache der nationalen ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats, die um die Befragung ersucht hat, oder in der von ihr für die Vorlage zusätzlicher Angaben oder Unterlagen gewählten Sprache statt.

Die Befragung, die in einem Konsulat stattfindet, erfolgt in der Amtssprache des Drittstaats, in dem sich das Konsulat befindet, oder in einer anderen, zwischen dem Antragsteller und dem Konsulat vereinbarten Sprache.

Im Anschluss an die Befragung gibt die befragende Person eine Stellungnahme ab, in der sie ihre Empfehlung begründet.

Die behandelten Elemente und die Stellungnahme werden in ein Formular aufgenommen, das an dem Tag der Befragung in den Antragsdatensatz aufgenommen wird.

(9) Bei Vorlage der zusätzlichen Angaben oder Unterlagen durch den Antragssteller gemäß Absatz 2 nimmt das ETIAS-Zentralsystem diese Angaben oder Unterlagen in den Antragsdatensatz auf und speichert sie dort. Während einer Befragung gemäß Absatz 6 erhaltene zusätzliche Angaben oder Unterlagen werden von der nationalen ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats den Antragsunterlagen hinzugefügt.

Das für die Befragung verwendete Formular und die im Antragsdatensatz gespeicherten zusätzlichen Angaben und Unterlagen dürfen ausschließlich zum Zweck der Bewertung des Antrags und der Entscheidung über den Antrag, der Verwaltung des Verfahrens der Bescheidung eines Rechtsmittels und der Bearbeitung eines neuen Antrags desselben Antragstellers konsultiert werden.

(10) Die nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats nimmt die Prüfung des Antrags nach Übermittlung der zusätzlichen Angaben oder Unterlagen durch den Antragsteller oder gegebenenfalls nach dessen Befragung wieder auf.

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