Artikel 44 VO (EU) 2018/1240

Erteilung einer Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit aus humanitären Gründen, aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen

(1) Wurde ein Antrag im Sinne des Artikels 19 für zulässig erklärt, so kann der Mitgliedstaat, in den der betreffende Drittstaatsangehörige einreisen möchte, ausnahmsweise eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit erteilen, falls dieser Mitgliedstaat dies aus humanitären Gründen im Einklang mit seinem nationalen Recht, aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen für erforderlich erachtet, und zwar ungeachtet des Umstands, dass

a)
die manuelle Bearbeitung gemäß Artikel 26 noch nicht abgeschlossen ist oder
b)
eine Reisegenehmigung verweigert, annulliert oder aufgehoben wurde.

Solche Genehmigungen sind grundsätzlich nur auf dem Hoheitsgebiet des die Genehmigung erteilenden Mitgliedstaats gültig. In Ausnahmefällen können sie für das Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedstaat gültig sein, vorbehaltlich der Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedstaats über die jeweilige nationale ETIAS-Stelle. Erwägt eine nationale ETIAS-Stelle die Ausstellung einer Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit, die sich auf mehrere Mitgliedstaaten erstreckt, so konsultiert diese nationale ETIAS-Stelle des zuständigen Mitgliedstaats die betreffenden Mitgliedstaaten.

Wurde unter den in Unterabsatz 1 Buchstabe a dieses Absatzes genannten Umständen eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit beantragt oder erteilt, so wird dadurch nicht die manuelle Bearbeitung des Antrags auf eine Reisegenehmigung ohne räumlich begrenzte Gültigkeit unterbrochen.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 und wie auf der öffentlichen Website und in der Anwendung für Mobilgeräte ausgewiesen kann sich der Antragsteller an die ETIAS-Zentralstelle wenden, wobei er seine Antragsnummer und den Mitgliedstaat, in den er einreisen möchte, angibt sowie eine Erklärung abgibt, dass seine Reise aus humanitären Gründen erfolgt oder im Zusammenhang mit internationalen Verpflichtungen steht. Nach einer solchen Kontaktaufnahme unterrichtet die ETIAS-Zentralstelle die nationale ETIAS-Stelle des Mitgliedstaats, in den der Drittstaatsangehörige einreisen möchte, und speichert die Informationen im Antragsdatensatz.

(3) Die nationale ETIAS-Stelle des Mitgliedstaats, in den der Drittstaatsangehörige einreisen möchte, kann vom Antragsteller zusätzliche Angaben oder Unterlagen anfordern und die Frist festsetzen, innerhalb derer diese zusätzlichen Angaben oder Unterlagen übermittelt werden müssen. Dieses Ersuchen um Übermittlung wird über den E-Mail-Dienst gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe f an die im Antragsdatensatz gespeicherte Kontakt-E-Mail-Adresse gesandt; dabei muss eine Liste mit den Sprachen angegeben sein, in denen die Angaben oder Unterlagen übermittelt werden können. Die Liste der Sprachen muss mindestens Englisch oder Französisch oder Deutsch enthalten, es sei denn, sie enthält eine Amtssprache des Drittstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Antragsteller nach eigenen Angaben besitzt. Vom Antragsteller darf nicht verlangt werden, dass er eine amtliche Übersetzung in diese Sprachen vorlegt. Der Antragsteller übermittelt die zusätzlichen Angaben oder Unterlagen über den in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe g genannten Dienst für sichere Konten direkt an die nationale ETIAS-Stelle. Bei Vorlage der zusätzlichen Angaben oder Unterlagen nimmt das ETIAS-Zentralsystem diese Angaben oder Unterlagen in den Antragsdatensatz auf und speichert sie dort. Die im Antragsdatensatz gespeicherten zusätzlichen Angaben oder Unterlagen dürfen ausschließlich zum Zweck der Bewertung des Antrags und zur Entscheidung über diesen, zur Verwaltung des Rechtsmittelverfahrens oder zur Bearbeitung eines neuen Antrags desselben Antragstellers konsultiert werden.

(4) Eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit ist für höchstens 90 Tage ab dem Datum der ersten Einreise auf der Grundlage dieser Genehmigung gültig.

(5) Aufgrund des vorliegenden Artikels ausgestellte Reisegenehmigungen können gemäß Artikel 36 Absätze 2 oder 3 der Kennzeichnung unterliegen.

(6) Wenn eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit erteilt wird, fügt die nationale ETIAS-Stelle, die die Genehmigung erteilt hat, folgende Daten dem Antragsdatensatz hinzu:

a)
die Statusinformation, dass eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit erteilt wurde;
b)
jeden Mitgliedstaat, in den der Inhaber der Reisegenehmigung reisen darf, und die Gültigkeitsdauer der Reisegenehmigung;
c)
die nationale ETIAS-Stelle, die die Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit erteilt hat, und ihre Anschrift;
d)
das Datum der Entscheidung über die Erteilung der Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit;
e)
einen Verweis auf die angeführten humanitären Gründe, Gründe des nationalen Interesses oder internationalen Verpflichtungen;
f)
jegliche Kennzeichnung der Reisegenehmigung gemäß Artikel 36 Absätze 2 und 3, zusammen mit einer Angabe der Gründe für diese Kennzeichnung(en), sowie zusätzliche Angaben von Belang für Kontrollen in der zweiten Kontrolllinie im Fall von Artikel 36 Absatz 2 und zusätzliche Angaben von Belang für die Grenzbehörden im Fall des Artikels 36 Absatz 3.

Erteilt eine nationale ETIAS-Stelle eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit, ohne dass der Antragsteller Angaben oder Unterlagen übermittelt hat, so nimmt diese nationale ETIAS-Stelle zweckmäßige Angaben oder Unterlagen zur Rechtfertigung dieser Entscheidung in den Antragsdatensatz auf und speichert sie dort.

(7) Wenn eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit erteilt wurde, erhält der Antragsteller über den E-Mail-Dienst eine entsprechende Mitteilung, die unter anderem folgende Angaben enthält:

a)
eine eindeutige Angabe, dass eine Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit erteilt wurde, und die Nummer des Antrags auf Erteilung einer Reisegenehmigung;
b)
das Datum des Beginns und das Datum des Ablaufs der Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit;
c)
eindeutige Angabe jedes Mitgliedstaats, in den der Inhaber der Reisegenehmigung reisen darf, und die Angabe, dass Reisen nur innerhalb des Hoheitsgebiets der betreffenden Mitgliedstaaten gestattet sind;
d)
einen Hinweis darauf, dass der Besitz einer gültigen Reisegenehmigung eine Aufenthaltsvoraussetzung darstellt, die während der gesamten Dauer eines Kurzaufenthalts im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, für den die Reisegenehmigung mit räumlich begrenzter Gültigkeit ausgestellt wurde, zu erfüllen ist;
e)
einen Link zu dem Web-Dienst gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2017/2226, mit dem Drittstaatsangehörige jederzeit ihren verbleibenden zulässigen Aufenthalt überprüfen können.

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