Artikel 5 VO (EU) 2019/515
Bewertung von Waren
(1) Hat eine zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats die Absicht, eine Bewertung von unter diese Verordnung fallenden Waren durchzuführen, um festzustellen, ob die Waren oder Waren dieser Art in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden und, falls dies der Fall ist, ob die berechtigten Allgemeininteressen, die von der geltenden nationalen technischen Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaats erfasst werden, unter Berücksichtigung der Merkmale der fraglichen Waren angemessen geschützt sind, so nimmt sie unverzüglich Kontakt mit dem betreffenden Wirtschaftsakteur auf.
(2) Im Rahmen der Kontaktaufnahme mit dem betreffenden Wirtschaftsakteur teilt die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats diesem mit, dass eine Bewertung vorgenommen wird; dabei teilt sie mit, welche Waren der Bewertung unterzogen werden und gibt an, welche geltenden nationalen technischen Vorschriften Anwendung finden oder welches Vorabgenehmigungsverfahren zur Anwendung gelangt. Zudem unterrichtet die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats den Wirtschaftsakteur über die Möglichkeit, gemäß Artikel 4 eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung für die Zwecke dieser Bewertung zur Verfügung zu stellen.
(3) Der Wirtschaftsakteur darf während der Durchführung der Bewertung nach Absatz 1 dieses Artikels durch die zuständige Behörde die Waren im Bestimmungsmitgliedstaat auf dem Markt bereitstellen, und er kann dies fortsetzen, es sei denn, der betreffende Wirtschaftsakteur erhält eine Verwaltungsentscheidung zur Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs für diese Waren. Dieser Absatz gilt nicht, wenn die Bewertung im Rahmen eines Vorabgenehmigungsverfahrens erfolgt, oder wenn die zuständige Behörde die Bereitstellung von Waren, die dieser Bewertung unterliegen, auf dem Markt gemäß Artikel 6 vorübergehend ausgesetzt hat.
(4) Wird einer zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats Artikel 4 eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zur Verfügung gestellt, so gilt für die Zwecke der Bewertung nach Absatz 1 dieses Artikels Folgendes:
- a)
- Die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung sowie die zwecks Überprüfung der in der Erklärung enthaltenen Angaben erforderlichen Nachweise, die auf Anforderung seitens der zuständigen Behörde vorgelegt wurden, werden von der zuständigen Behörde als ausreichender Nachweis dafür akzeptiert, dass die Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind; und
- b)
- die zuständige Behörde darf von keinem Wirtschaftsakteur weitere Angaben oder Unterlagen zum Nachweis dafür anfordern, dass die Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind.
(5) Wird eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung einer zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats nicht gemäß Artikel 4 zur Verfügung gestellt, so kann die zuständige Behörde für die Bewertung nach Absatz 1 dieses Artikels von den betreffenden Wirtschaftsakteuren Unterlagen und Angaben, die für die Bewertung erforderlich sind, anfordern, die Folgendes betreffen:
- a)
- die Merkmale der fraglichen Waren oder Art von Waren; und
- b)
- das rechtmäßige Inverkehrbringen in einem anderen Mitgliedstaat.
(6) Dem betreffenden Wirtschaftsakteur wird eine Frist von mindestens 15 Arbeitstagen nach Aufforderung durch die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats eingeräumt, um die in Absatz 4 Buchstabe a oder in Absatz 5 genannten Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen oder etwaige Argumente oder Bemerkungen, die er möglicherweise vorbringen möchte, zu übermitteln.
(7) Für die Zwecke der Bewertung gemäß Absatz 1 dieses Artikels kann die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats im Einklang mit Artikel 10 Absatz 3 Kontakt mit den zuständigen Behörden oder den Produktinfostellen des Mitgliedstaats aufnehmen, in dem ein Wirtschaftsakteur seine Waren nach eigenen Angaben rechtmäßig in Verkehr gebracht hat, wenn die zuständige Behörde die von dem Wirtschaftsakteur bereitgestellten Angaben überprüfen muss.
(8) Bei der Durchführung der Bewertung nach Absatz 1 berücksichtigen die zuständigen Behörden der Bestimmungsmitgliedstaaten den Inhalt von Prüfberichten oder Bescheinigungen, die von einer Konformitätsbewertungsstelle ausgestellt und von einem beliebigen Wirtschaftsakteur im Rahmen der Bewertung zur Verfügung gestellt wurden, gebührend. Die zuständigen Behörden der Bestimmungsmitgliedstaaten dürfen Prüfberichte oder Bescheinigungen, die von einer für eine entsprechende Konformitätsbewertungstätigkeit gemäß der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle ausgestellt wurden, nicht aus Gründen, die sich auf die Befugnisse dieser Konformitätsbewertungsstelle beziehen, zurückweisen.
(9) Wenn die zuständige Behörde eines Bestimmungsmitgliedstaats nach Abschluss der Bewertung gemäß Absatz 1 dieses Artikels eine Verwaltungsentscheidung über die Waren trifft, die sie bewertet hat, unterrichtet sie unverzüglich den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Wirtschaftsteilnehmer von ihrer Verwaltungsentscheidung. Die zuständige Behörde unterrichtet spätestens 20 Arbeitstage nach der Entscheidung auch die Kommission sowie die anderen Mitgliedstaaten von ihrer Verwaltungsentscheidung. Hierzu verwendet sie das in Artikel 11 genannte System.
(10) In der Verwaltungsentscheidung nach Absatz 9 sind die Gründe für die Entscheidung ausreichend detailliert und fundiert darzustellen, um eine Bewertung ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und den Anforderungen dieser Verordnung zu erleichtern.
(11) Insbesondere ist in der Verwaltungsentscheidung gemäß Absatz 9 Folgendes anzugeben:
- a)
- die nationale technische Vorschrift, auf der die Verwaltungsentscheidung beruht,
- b)
- der berechtigte Grund des Allgemeininteresses, mit dem die Anwendung der nationalen technischen Vorschrift, auf der die Verwaltungsentscheidung beruht, begründet wird,
- c)
- die durch die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats berücksichtigten technischen oder wissenschaftlichen Nachweise, einschließlich gegebenenfalls etwaiger relevanter Änderungen des Stands der Technik, die seit dem Inkrafttreten der nationalen technischen Vorschrift eingetreten sind,
- d)
- eine Zusammenfassung der für die Bewertung gemäß Absatz 1 relevanten Argumente des betreffenden Wirtschaftsakteurs, falls solche vorgebracht wurden,
- e)
- die Nachweise, die belegen, dass die Verwaltungsentscheidung geeignet ist, das mit der Verwaltungsentscheidung verfolgte Ziel zu verwirklichen, ohne über das zur Zielerreichung erforderliche Maß hinauszugehen.
(12) In der Verwaltungsentscheidung nach Absatz 9 dieses Artikels sind die nach dem nationalen Recht des Bestimmungsmitgliedstaats verfügbaren Rechtsbehelfe und die dafür geltenden Fristen aufzuführen. Sie hat auch auf die Möglichkeit für Wirtschaftsakteure hinzuweisen, SOLVIT und das Verfahren nach Artikel 8 zu nutzen.
(13) Die Verwaltungsentscheidung nach Absatz 9 wird erst wirksam, wenn sie dem betreffenden Wirtschaftsakteur gemäß dem genannten Absatz mitgeteilt wurde.
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