Artikel 12 VO (EU) 2020/1503

Zulassung als Schwarmfinanzierungsdienstleister

(1) Eine juristische Person, die Schwarmfinanzierungsdienstleistungen zu erbringen beabsichtigt, beantragt bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen ist, die Zulassung als Schwarmfinanzierungsdienstleister.

(2) Der Antrag nach Absatz 1 muss alle folgenden Angaben umfassen:

a)
den Namen (einschließlich des eingetragenen Namens und etwaiger sonstiger im Handel zu verwendender Namen) des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters, die Internet-Adresse der Internetseite, die von diesem betrieben wird, und dessen physische Adresse;
b)
die Rechtsform des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters;
c)
den Gesellschaftsvertrag des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters;
d)
einen Geschäftsplan, aus dem die Arten der geplanten Schwarmfinanzierungsdienstleistungen des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters hervorgehen, und die Schwarmfinanzierungsplattform, die dieser zu betreiben beabsichtigt, einschließlich der Angabe, wo und wie Angebote vermarktet werden sollen;
e)
eine Beschreibung der Regelungen zur Unternehmensführung und der internen Kontrollmechanismen des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters, mit denen die Einhaltung dieser Verordnung sichergestellt wird, einschließlich der Risikomanagement- und Rechnungslegungsverfahren;
f)
eine Beschreibung der Systeme, Mittel und Verfahren des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters zur Kontrolle und Sicherung der Datenverarbeitungssysteme;
g)
eine Beschreibung der operationellen Risiken des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters;
h)
eine Beschreibung der vom potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleister einzuführenden aufsichtsrechtlichen Sicherheiten gemäß Artikel 11;
i)
einen Nachweis, dass der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister die aufsichtsrechtlichen Sicherheiten gemäß Artikel 11 einhält;
j)
eine Beschreibung des Plans des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters zur Geschäftsfortführung im Krisenfall, in der — unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs und der Komplexität der Schwarmfinanzierungsdienstleistungen, die dieser potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister zu erbringen beabsichtigt — Maßnahmen und Verfahren festgelegt sind, die bei Ausfall des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters die Kontinuität der Erbringung entscheidender Dienstleistungen im Zusammenhang mit vorhandenen Anlagen und der ordnungsgemäßen Durchführung von Vereinbarungen zwischen dem potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleister und seinen Kunden sicherstellen;
k)
die Namen der für die Geschäftsleitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters verantwortlichen natürlichen Personen;
l)
den Nachweis, dass die unter Buchstabe k genannten natürlichen Personen zuverlässig sind und über ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrung für die Leitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters verfügen;
m)
eine Beschreibung der internen Vorschriften des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters, mit denen verhindert wird, dass unter Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 1 genannte Personen sich als Projektträger an Schwarmfinanzierungsdienstleistungen beteiligen, die der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister anbietet;
n)
eine Beschreibung der Auslagerungsvereinbarungen des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters;
o)
eine Beschreibung der Verfahren des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters zur Bearbeitung von Kundenbeschwerden;
p)
eine Bestätigung, ob der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister die Zahlungsdienste selbst oder durch einen Dritten gemäß der Richtlinie (EU) 2015/2366 oder durch eine Vorkehrung gemäß Artikel 10 Absatz 5 der vorliegenden Verordnung zu erbringen beabsichtigt;
q)
eine Beschreibung der Verfahren, die der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister eingerichtet hat, um die Vollständigkeit, Richtigkeit und Klarheit der im Anlagebasisinformationsblatt enthaltenen Angaben zu überprüfen;
r)
eine Beschreibung der Verfahren, die der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister in Bezug auf Obergrenzen für Anlagen bei nicht kundigen Anlegern nach Artikel 21 Absatz 7 eingerichtet hat.

(3) Für die Zwecke des Absatzes 2 Buchstabe l legen potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister Nachweise vor,

a)
dass keine Vorstrafen wegen Verstößen gegen nationale Vorschriften in den Bereichen Handelsrecht, Insolvenzrecht, Finanzdienstleistungsrecht, Geldwäschebekämpfungsrecht, Vermögenstrafrecht, Steuerstrafrecht oder Berufshaftpflichtverpflichtungen vorliegen, und zwar für alle an der Leitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters beteiligten natürlichen Personen und für alle Anteilseigner, die mindestens 20 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte halten;
b)
dass die an der Leitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters beteiligten natürlichen Personen in ihrer Gesamtheit über ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Berufserfahrung verfügen, um den potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleister zu leiten, und verpflichtet sind, ausreichend Zeit für die Erfüllung ihrer Aufgaben aufzuwenden.

(4) Die zuständige Behörde prüft binnen 25 Arbeitstagen nach Eingang des in Absatz 1 genannten Antrags, ob der Antrag vollständig ist, indem sie überprüft, ob die in Absatz 2 aufgeführten Angaben unterbreitet worden sind. Ist der Antrag unvollständig, so setzt die zuständige Behörde eine Frist, innerhalb deren ihr der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister die fehlenden Angaben zu übermitteln hat.

(5) Ist ein Antrag gemäß Absatz 1 nach Ablauf der in Absatz 4 genannten Frist immer noch unvollständig, so kann die zuständige Behörde die Prüfung des Antrags ablehnen und sendet im Falle einer solchen Ablehnung die vorgelegten Dokumente an den potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleister zurück.

(6) Ist ein Antrag gemäß Absatz 1 vollständig, so teilt die zuständige Behörde dies dem potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleister unverzüglich mit.

(7) Vor dem Erlass einer Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung einer Zulassung als Schwarmfinanzierungsdienstleister hat die zuständige Behörde die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats in folgenden Fällen zu konsultieren:

a)
Der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister ist ein Tochterunternehmen eines in diesem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Schwarmfinanzierungsdienstleisters;
b)
der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister ist ein Tochterunternehmen des Mutterunternehmens eines in diesem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Schwarmfinanzierungsdienstleisters; oder
c)
der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister wird von denselben natürlichen oder juristischen Personen kontrolliert, die einen in diesem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Schwarmfinanzierungsdienstleister kontrollieren.

(8) Die zuständige Behörde prüft innerhalb von drei Monaten nach Eingang eines vollständigen Antrags, ob der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt und erlässt eine ausführlich begründete Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung einer Zulassung als Schwarmfinanzierungsdienstleister. Bei dieser Prüfung werden die Art, der Umfang und die Komplexität der Schwarmfinanzierungsdienstleistungen berücksichtigt, die der potenzielle Schwarmfinanzierungsdienstleister zu erbringen beabsichtigt. Die zuständige Behörde kann die Zulassung verweigern, wenn objektive und nachweisbare Gründe für die Vermutung vorliegen, dass die Geschäftsleitung des potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleisters dessen wirksame, solide und umsichtige Leitung und die Geschäftsfortführung im Krisenfall sowie die angemessene Berücksichtigung der Kundeninteressen und die Marktintegrität gefährden könnte.

(9) Die zuständige Behörde unterrichtet die ESMA über alle nach diesem Artikel erteilten Zulassungen. Die ESMA fügt dem Verzeichnis zugelassener Schwarmfinanzierungsdienstleister nach Artikel 14 Angaben zu erfolgreichen Anträgen hinzu. Die ESMA kann Informationen anfordern, um sicherzustellen, dass zuständige Behörden die Zulassungen nach diesem Artikel in kohärenter Weise erteilen.

(10) Die zuständige Behörde teilt dem potenziellen Schwarmfinanzierungsdienstleister ihre Entscheidung binnen drei Arbeitstagen nach dem Datum des Erlasses mit.

(11) Ein nach diesem Artikel zugelassener Schwarmfinanzierungsdienstleister muss jederzeit die Voraussetzungen für seine Zulassung erfüllen.

(12) Die Mitgliedstaaten verpflichten Schwarmfinanzierungsdienstleister, die grenzüberschreitend Schwarmfinanzierungsdienstleistungen erbringen, nicht dazu, im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem, in dem die Schwarmfinanzierungsdienstleister zugelassen sind, eine physische Präsenz zu haben.

(13) Schwarmfinanzierungsdienstleister, die gemäß der vorliegenden Verordnung zugelassen sind, können auch andere als die durch die in diesem Artikel genannte Zulassung erfassten Tätigkeiten im Einklang mit dem einschlägigen anwendbaren Unionsrecht oder nationalen Recht ausüben.

(14) Beantragt ein Unternehmen, das gemäß der Richtlinie 2009/110/EG, 2013/36/EU, 2014/65/EU oder (EU) 2015/2366, oder gemäß dem vor Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung auf Schwarmfinanzierungsdienstleistungen anwendbaren nationalen Recht zugelassen wurde, eine Zulassung als Schwarmfinanzierungsdienstleister gemäß der vorliegenden Verordnung, so verlangt die zuständige Behörde nicht, dass das Unternehmen Angaben oder Dokumente übermittelt, die es bereits bei der Beantragung der Zulassung gemäß den genannten Richtlinien oder dem nationalen Recht vorgelegt hat, vorausgesetzt, diese Angaben oder Dokumente sind nach wie vor aktuell und der zuständigen Behörde zugänglich.

(15) Möchte ein potenzieller Schwarmfinanzierungsdienstleister auch eine Zulassung für die Erbringung von Zahlungsdiensten lediglich in Verbindung mit der Erbringung von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen beantragen, so verlangen die zuständigen Behörden — soweit diese auch für die Zulassung gemäß der Richtlinie (EU) 2015/2366 zuständig sind —, dass die Angaben und Dokumente, die bei jedem Antrag vorzulegen sind, nur einmal vorgelegt werden.

(16) Die ESMA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, um Folgendes näher zu bestimmen:

a)
die Anforderungen und Regelungen für den Antrag nach Absatz 1, einschließlich der Standardformulare, Vorlagen und Verfahren für den Antrag auf Zulassung, und
b)
die Maßnahmen und Verfahren für den Plan zur Geschäftsfortführung im Krisenfall nach Absatz 2 Buchstabe j.

Bei der Ausarbeitung der Entwürfe für technische Regulierungsstandards berücksichtigt die ESMA die Art, den Umfang und die Komplexität der vom Schwarmfinanzierungsdienstleister erbrachten Schwarmfinanzierungsdienstleistungen.

Die ESMA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 10. November 2021.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Verordnung durch die Annahme der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen.

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