Artikel 12 VO (EU) 2021/23
Abwicklungspläne
(1) Die Abwicklungsbehörde der CCP erstellt nach Konsultation der zuständigen Behörde und in Abstimmung mit dem Abwicklungskollegium nach dem in Artikel 14 festgelegten Verfahren einen Abwicklungsplan für die CCP.
(2) Der Abwicklungsplan enthält die Abwicklungsmaßnahmen, die die Abwicklungsbehörde treffen kann, sofern die CCP die in Artikel 22 genannten Abwicklungsvoraussetzungen erfüllt.
(3) Der Abwicklungsplan trägt zumindest Folgendem Rechnung:
- a)
-
dem Ausfall der CCP, auch in Situationen allgemeiner finanzieller Instabilität oder systemweiter Ereignisse, der auf eine der folgenden Ursachen oder eine Kombination daraus zurückzuführen ist:
- i)
- Ausfallereignisse und
- ii)
- Nichtausfallereignisse;
- b)
-
den Auswirkungen, die die Durchführung des Abwicklungsplans auf Folgendes hätte:
- i)
- Clearingmitglieder und — soweit entsprechende Informationen verfügbar sind — deren Kunden und indirekte Kunden, einschließlich derer, die als andere systemrelevante Institute benannt wurden, und derer, die wahrscheinlich Sanierungs- oder Abwicklungsmaßnahmen gemäß der Richtlinie 2014/59/EU unterliegen werden,
- ii)
- etwaige verbundene FMI,
- iii)
- von der CCP bediente Finanzmärkte, einschließlich Handelsplätzen, und
- iv)
- das Finanzsystem eines Mitgliedstaats oder der Union als Ganzes und — soweit möglich — der Drittländer, in denen sie Dienstleistungen erbringt;
- c)
- der Art und Weise und den Bedingungen, unter denen eine CCP die Nutzung von Zentralbankfazilitäten auf der Grundlage standardisierter Bedingungen in Bezug auf Besicherung, Laufzeit und Zinssätze beantragen könnte, und der Ermittlung der Vermögenswerte, die voraussichtlich als Sicherheiten dienen können.
(4) Im Abwicklungsplan darf nicht von Folgendem ausgegangen werden:
- a)
- einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln;
- b)
- einer Notfallliquiditätshilfe der Zentralbank;
- c)
- einer Liquiditätshilfe der Zentralbank auf der Grundlage nicht standardisierter Bedingungen in Bezug auf Besicherung, Laufzeit und Zinssätze.
(5) In dem Abwicklungsplan wird von vorsichtigen Annahmen ausgegangen, was die als Abwicklungsinstrumente verfügbaren finanziellen Mittel, die eventuell für die Verwirklichung der Abwicklungsziele eingesetzt werden müssen, sowie die Mittel betrifft, die voraussichtlich entsprechend den Vorschriften und Regelungen der CCP bei Einleitung des Abwicklungsverfahrens zur Verfügung stehen werden. Bei diesen vorsichtigen Annahmen werden die einschlägigen Ergebnisse der jüngsten gemäß Artikel 32 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 durchgeführten Stresstests, die in Artikel 24a Absatz 7 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 im Einzelnen festgelegt sind, sowie Szenarien extremer Marktbedingungen, die über die im Sanierungsplan der CCP enthaltenen hinausgehen, berücksichtigt.
(6) Nach Konsultation der zuständigen Behörde und in Abstimmung mit dem Abwicklungskollegium nach dem in Artikel 14 genannten Verfahren überprüft die Abwicklungsbehörde einer CCP die Abwicklungspläne und aktualisiert sie, sofern angebracht, mindestens einmal jährlich sowie nach jeder Veränderung der Rechts- oder Organisationsstruktur der CCP, ihrer Geschäftstätigkeit oder Finanzlage oder jeder sonstigen Veränderung, die sich wesentlich auf die Wirkungsweise des Plans auswirkt.
Die CCP und die zuständige Behörde unterrichten die Abwicklungsbehörde umgehend über jede Veränderung dieser Art.
(7) Im Abwicklungsplan werden die Umstände und verschiedenen Szenarien für die Anwendung der Abwicklungsinstrumente und die Ausübung der Abwicklungsbefugnisse dargelegt. Dabei wird — insbesondere durch verschiedene Szenarien — klar zwischen Ausfällen aufgrund von Ausfallereignissen, Nichtausfallereignissen und einer Kombination aus beiden sowie zwischen verschiedenen Arten von Nichtausfallereignissen unterschieden. Der Abwicklungsplan enthält Folgendes, soweit angebracht und möglich mit quantitativen Angaben:
- a)
- eine zusammenfassende Darstellung der Hauptbestandteile des Plans, in der zwischen Ausfallereignissen, Nichtausfallereignissen und einer Kombination aus beiden unterschieden wird;
- b)
- eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Veränderungen, die seit der letzten Aktualisierung des Abwicklungsplans bei der CCP eingetreten sind;
- c)
- eine Beschreibung, wie kritische Funktionen der CCP im erforderlichen Umfang rechtlich und wirtschaftlich von ihren anderen Funktionen getrennt werden könnten, um die Kontinuität ihrer kritischen Funktionen bei der Abwicklung der CCP sicherzustellen;
- d)
- eine Schätzung des Zeitrahmens für die Durchführung jedes wesentlichen Aspekts des Plans, einschließlich für die Wiederauffüllung der Finanzmittel der CCP;
- e)
- eine detaillierte Darstellung der gemäß Artikel 15 vorgenommenen Bewertung der Abwicklungsfähigkeit;
- f)
- eine Beschreibung etwaiger nach Artikel 16 verlangter Maßnahmen zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit, die im Rahmen der nach Artikel 15 vorgenommenen Bewertung festgestellt wurden;
- g)
- eine Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung des Werts und der Marktfähigkeit der kritischen Funktionen und der Vermögenswerte der CCP;
- h)
- eine detaillierte Beschreibung der Vorkehrungen, durch die gewährleistet wird, dass die nach Artikel 13 beizubringenden Informationen auf dem aktuellen Stand sind und den Abwicklungsbehörden jederzeit zur Verfügung stehen;
- i)
- eine Erläuterung, wie die Abwicklungsmaßnahmen ohne Annahme der in Absatz 4 genannten Elemente finanziert werden könnten;
- j)
- eine detaillierte Beschreibung der verschiedenen Abwicklungsstrategien, die in den verschiedenen möglichen Szenarien angewandt werden könnten, und der zugehörigen Zeitrahmen;
- k)
- Erläuterungen zu kritischen gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen der CCP und anderen Marktteilnehmern sowie zwischen der CCP und Anbietern kritischer Dienstleistungen, Interoperabilitätsvereinbarungen und Verbindungen zu anderen FMI sowie Möglichkeiten, wie all diese gegenseitigen Abhängigkeiten angegangen werden können;
- l)
- Erläuterungen zu kritischen gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der Gruppe sowie Möglichkeiten, wie diese angegangen werden können;
- m)
-
eine Beschreibung der verschiedenen Optionen, um Folgendes zu gewährleisten:
- i)
- den Zugang zu Zahlungs- und Clearingdiensten sowie anderen Infrastrukturen;
- ii)
- die fristgerechte Begleichung fälliger Verpflichtungen gegenüber Clearingmitgliedern und gegebenenfalls deren Kunden und etwaigen verbundenen FMI;
- iii)
- den transparenten und diskriminierungsfreien Zugang der Clearingmitglieder und gegebenenfalls ihrer Kunden zu den von der CCP gestellten Wertpapier- oder Kassakonten und zu den diesen Teilnehmern zustehenden Wertpapier- oder Barsicherheiten, die bei der CCP hinterlegt und von dieser gehalten werden;
- iv)
- die Kontinuität des Betriebs von Verbindungen zwischen der CCP und anderen FMI sowie zwischen der CCP und Handelsplätzen;
- v)
- die Erhaltung der Übertragbarkeit der Positionen und damit verbundener Vermögenswerte direkter und indirekter Kunden; und
- vi)
- den Fortbestand der für die Aufrechterhaltung der kritischen Funktionen der CCP erforderlichen Genehmigungen, Zulassungen, Anerkennungen und rechtlichen Bezeichnungen, einschließlich der Anerkennung der CCP für die Zwecke der Anwendung der einschlägigen Vorschriften über die Wirksamkeit von Abrechnungen und die Teilnahme an oder die Verbindung mit anderen FMI oder Handelsplätzen;
- n)
- Erläuterungen dazu, wie die Abwicklungsbehörde die für die Bewertung nach Artikel 24 erforderlichen Informationen einholen wird;
- o)
- eine Analyse der Auswirkungen des Plans für die Mitarbeiter der CCP, einschließlich einer Bewertung damit verbundener Kosten, und eine Beschreibung der vorgesehenen Verfahren für die während des Abwicklungsprozesses erfolgenden Konsultationen mit dem Personal, wobei etwaige nationale Vorschriften und Systeme für den Dialog mit den Sozialpartnern zu berücksichtigen sind;
- p)
- einen Plan für die Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit im Sinne größtmöglicher Transparenz;
- q)
- eine Beschreibung der wesentlichen Prozesse und Systeme zur Fortführung des Geschäftsbetriebs der CCP;
- r)
- eine Beschreibung der Vorkehrungen für die Mitteilung an das Abwicklungskollegium gemäß Artikel 72 Absatz 1;
- s)
- eine Beschreibung der Maßnahmen zur Erleichterung der Übertragbarkeit von Positionen und damit verbundenen Vermögenswerten der Clearingmitglieder und Kunden der ausfallenden CCP von der ausfallenden CCP auf eine andere CCP oder eine Brücken-CCP ohne Beeinträchtigung der vertraglichen Beziehungen zwischen den Clearingmitgliedern und ihren Kunden.
(8) Die in Absatz 7 Buchstabe a genannten Informationen sind der betroffenen CCP offenzulegen. Die CCP kann gegenüber der Abwicklungsbehörde eine schriftliche Stellungnahme zu dem Abwicklungsplan abgeben. Diese Stellungnahme wird in den Plan aufgenommen.
(9) Die ESMA arbeitet nach Konsultation des ESRB und unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen der delegierten Rechtsakte auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 9 der Richtlinie 2014/59/EU und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen der Inhalt des Abwicklungsplans gemäß Absatz 7 des vorliegenden Artikels präzisiert wird.
Bei der Ausarbeitung der Entwürfe technischer Regulierungsstandards räumt die ESMA den Abwicklungsbehörden ausreichend Flexibilität ein, um den Besonderheiten ihres nationalen Rechtsrahmens im Bereich des Insolvenzrechts sowie der Art und Komplexität der von den CCPs ausgeführten Clearinggeschäfte Rechnung zu tragen.
Die ESMA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 12. Februar 2022.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Verordnung durch Erlass der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten technischen Regulierungsstandards nach den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.