Artikel 2 VO (EU) 2021/23

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.
„CCP” eine CCP im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
2.
„Abwicklungskollegium” das gemäß Artikel 4 eingerichtete Kollegium;
3.
„Abwicklungsbehörde” eine gemäß Artikel 3 von einem Mitgliedstaat benannte Behörde;
4.
„Abwicklungsinstrument” ein Abwicklungsinstrument gemäß Artikel 27 Absatz 1;
5.
„Abwicklungsbefugnis” eine Befugnis gemäß den Artikeln 48 bis 58;
6.
„Abwicklungsziele” die in Artikel 21 festgelegten Abwicklungsziele;
7.
„zuständige Behörde” eine gemäß Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 von einem Mitgliedstaat benannte Behörde;
8.
„Ausfallereignis” ein Szenario, in dem die CCP den Ausfall von Folgenden erklärt hat:

a)
einem oder mehreren Clearingmitgliedern gemäß dem in Artikel 48 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Verfahren oder
b)
einem oder mehreren interoperablen CCPs gemäß den einschlägigen vertraglichen Vereinbarungen oder gemäß dem in Artikel 52 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Verfahren;

9.
„Nichtausfallereignis” ein Szenario, in dem einer CCP aus einem anderen Grund als einem Ausfallereignis Verluste entstehen, unter anderem infolge eines Versagens im Zusammenhang mit einer Geschäfts-, Verwahrungs- oder Investitionstätigkeit, eines rechtlichen oder betrieblichen Versagens oder infolge einer betrügerischen Handlung, darunter auch durch Cyberangriffe ausgelöste Störungen;
10.
„Abwicklungsplan” einen gemäß Artikel 12 für eine CCP erstellten Abwicklungsplan;
11.
„Abwicklungsmaßnahme” eine Entscheidung über die Abwicklung einer CCP nach Artikel 22, die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer oder mehrerer Abwicklungsbefugnisse;
12.
„Clearingmitglied” ein Clearingmitglied im Sinne von Artikel 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
13.
„Mutterunternehmen” ein Mutterunternehmen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 15 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013;
14.
„Drittland-CCP” eine CCP mit Hauptsitz in einem Drittland;
15.
„Aufrechnungsvereinbarung” eine Vereinbarung, der zufolge zwei oder mehr Forderungen oder Verpflichtungen zwischen der in Abwicklung befindlichen CCP und einer Gegenpartei gegeneinander aufgerechnet werden können;
16.
„Finanzmarktinfrastruktur” oder „FMI” eine CCP, einen Zentralverwahrer, ein Transaktionsregister, ein Zahlungssystem oder ein anderes System, das von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 98/26/EG definiert und benannt wurde;
17.
„Handelsplatz” einen Handelsplatz im Sinne von Artikel 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
18.
„Kunde” einen Kunden im Sinne von Artikel 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
19.
„andere systemrelevante Institute” andere systemrelevante Institute im Sinne von Artikel 131 Absatz 3 der Richtlinie 2013/36/EU;
20.
„indirekter Kunde” ein Unternehmen, das mit einem Clearingmitglied indirekte Clearingvereinbarungen im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 geschlossen hat;
21.
„interoperable CCP” eine CCP, mit der eine Interoperabilitätsvereinbarung geschlossen wurde;
22.
„Sanierungsplan” einen gemäß Artikel 9 von einer CCP erstellten und fortgeschriebenen Sanierungsplan;
23.
„Leitungsorgan” das nach nationalem Gesellschaftsrecht und gemäß Artikel 27 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 eingesetzte Verwaltungs- und/oder Aufsichtsorgan;
24.
„Aufsichtskollegium” das in Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannte Kollegium;
25.
„Eigenkapital” Eigenkapital im Sinne von Artikel 2 Nummer 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
26.
„Wasserfallprinzip” das Wasserfallprinzip gemäß Artikel 45 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
27.
„kritische Funktionen” Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte, die für nicht der CCP zugehörige Dritte ausgeübt, erbracht bzw. getätigt werden und deren Einstellung aufgrund der Größe, des Marktanteils, der externen und internen Verflechtungen, der Komplexität oder der grenzüberschreitenden Tätigkeiten einer CCP wahrscheinlich in einem oder mehreren Mitgliedstaaten die Unterbrechung von für die Realwirtschaft wesentlichen Dienstleistungen oder eine Störung der Finanzstabilität zur Folge hätte, besonders mit Blick auf die Substituierbarkeit dieser Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte;
28.
„Gruppe” eine Gruppe im Sinne von Artikel 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
29.
„verbundene FMI” eine FMI, mit der die CCP vertragliche Vereinbarungen, einschließlich Interoperabilitätsvereinbarungen, geschlossen hat;
30.
„außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln” eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) — oder eine sonstige öffentliche finanzielle Unterstützung auf supranationaler Ebene, die, wenn sie auf nationaler Ebene geleistet würde, als staatliche Beihilfe gälte —, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Existenzfähigkeit, Liquidität oder Solvenz einer CCP gewährt wird;
31.
„Finanzkontrakte” Verträge und Vereinbarungen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 100 der Richtlinie 2014/59/EU;
32.
„reguläres Insolvenzverfahren” ein Gesamtverfahren, welches die Insolvenz des Schuldners voraussetzt und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Liquidators oder Verwalters zur Folge hat und nach nationalem Recht üblicherweise auf CCPs Anwendung findet, sei es speziell auf die betroffenen Institute oder generell auf natürliche oder juristische Personen;
33.
„Eigentumstitel” Anteile, andere Instrumente zur Übertragung von Eigentumsrechten, Instrumente, die in Anteile oder Eigentumstitel umgewandelt werden können oder ein Recht auf den Erwerb von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln begründen, und Instrumente, die einen Rechtsanspruch auf Anteile oder andere Eigentumstitel darstellen;
34.
„benannte nationale makroprudenzielle Behörde” die Behörde, die mit der Durchführung der makroprudenziellen Politik nach Empfehlung B Nummer 1 der Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) vom 22. Dezember 2011 zu dem makroprudenziellen Mandat der nationalen Behörden (ESRB/2011/3) betraut ist;
35.
„Ausfallfonds” einen von einer CCP gemäß Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 unterhaltenen Ausfallfonds;
36.
„vorfinanzierte Mittel” von der betreffenden juristischen Person gehaltene und für diese frei verfügbare Mittel;
37.
„Geschäftsleitung” die Person oder Personen, die die Geschäfte der CCP tatsächlich führt bzw. führen, und das geschäftsführende Mitglied oder die geschäftsführenden Mitglieder des Leitungsorgans;
38.
„Transaktionsregister” ein Transaktionsregister im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 oder von Artikel 3 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates(1);
39.
„Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen” den Rechtsrahmen, der durch die Artikel 107, 108 und 109 AEUV sowie durch alle aufgrund von Artikel 108 Absatz 4 oder Artikel 109 AEUV erlassenen Unionsrechtsakte, einschließlich Leitlinien, Mitteilungen und Bekanntmachungen, vorgegeben wird;
40.
„Schuldtitel” Anleihen oder andere Formen unbesicherter übertragbarer Schuldtitel, Instrumente, mit denen eine Schuld begründet oder anerkannt wird, und Instrumente, die einen Anspruch auf den Erwerb von Schuldtiteln begründen;
41.
„Ersteinschusszahlung” von der CCP eingenommene Einschusszahlung zur Deckung potenzieller künftiger Risikopositionen gegenüber den Clearingmitgliedern, die die Einschusszahlung leisten, und gegebenenfalls gegenüber interoperablen CCPs im Zeitraum zwischen der letzten Einnahme von Einschusszahlungen und der Liquidation von Positionen infolge eines Ausfalls eines Clearingmitglieds oder eines Ausfalls einer interoperablen CCP;
42.
„Nachschusszahlung” Einschusszahlung, die eingenommen oder ausbezahlt wird, um den aktuellen Risikopositionen infolge tatsächlicher Marktpreisänderungen Rechnung zu tragen;
43.
„Abwicklungsbarmittelabruf” die Einforderung über die vorfinanzierten Mittel hinausreichender Barmittel von den Clearingmitgliedern für die CCP auf Basis der gesetzlichen Befugnisse der Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 31;
44.
„Sanierungsbarmittelabruf” eine keinen Abwicklungsbarmittelabruf darstellende Einforderung über die vorfinanzierten Mittel hinausreichender Barmittel von den Clearingmitgliedern für die CCP auf Basis der in den Betriebsvorschriften der CCP dargelegten vertraglichen Vereinbarungen;
45.
„Übertragungsbefugnisse” die in Artikel 48 Absatz 1 Buchstabe c und d genannten Befugnisse, Anteile, andere Eigentumstitel, Schuldtitel, Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten — auch in beliebiger Kombination — von einer in Abwicklung befindlichen CCP auf einen übernehmenden Rechtsträger zu übertragen;
46.
„Derivat” ein Derivat im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;
47.
„Saldierungsvereinbarung” eine Vereinbarung, der zufolge eine Reihe von Forderungen oder Verpflichtungen in eine einzige Nettoforderung umgewandelt werden kann, einschließlich Close-out-Saldierungsvereinbarungen, bei denen bei Eintreten eines (gleich wie und gleich wo definierten) Durchsetzungsereignisses die Verpflichtungen der Parteien vorzeitig fällig werden oder beendet werden und in eine einzige Nettoforderung umgewandelt oder durch eine solche ersetzt werden; hierunter fallen auch die „Aufrechnung infolge Beendigung” im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n Ziffer i der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2) und die „Aufrechnung” im Sinne von Artikel 2 Buchstabe k der Richtlinie 98/26/EG;
48.
„Krisenpräventionsmaßnahme” die Ausübung von Befugnissen im Rahmen von Artikel 10 Absätze 8 und 9, um von einer CCP Maßnahmen zur Behebung von Unzulänglichkeiten in ihrem Sanierungsplan zu verlangen, die Ausübung von Befugnissen im Rahmen von Artikel 16, um Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit abzubauen oder zu beseitigen, oder die Anwendung einer Frühinterventionsmaßnahme im Rahmen von Artikel 18;
49.
„Kündigungsrecht” das Recht, einen Vertrag zu kündigen, das Recht auf vorzeitige Fälligstellung, Beendigung, Aufrechnung oder Saldierung von Verbindlichkeiten oder eine ähnliche Bestimmung, die gestattet oder bewirkt, dass eine Verpflichtung einer Vertragspartei ausgesetzt wird, geändert wird oder erlischt, oder eine Bestimmung, durch die eine normalerweise entstehende vertragliche Verpflichtung nicht mehr entstehen kann;
50.
„Finanzsicherheiten in Form der Eigentumsübertragung” Finanzsicherheiten in Form der Eigentumsübertragung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2002/47/EG;
51.
„gedeckte Schuldverschreibung” eine gedeckte Schuldverschreibung im Sinne von Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates(3);
52.
„Drittlandsabwicklungsverfahren” eine nach dem Recht eines Drittlands vorgesehene Maßnahme zur Handhabung des Ausfalls einer Drittland-CCP, die in ihren Zielen und zu erwartenden Ergebnissen mit den in dieser Verordnung vorgesehenen Abwicklungsmaßnahmen vergleichbar ist;
53.
„einschlägige nationale Behörden” die nach Maßgabe dieser Verordnung oder gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannten Abwicklungsbehörden, zuständigen Behörden oder zuständigen Ministerien bzw. sonstige Behörden in den Mitgliedstaaten, die in Bezug auf die Vermögenswerte, Rechte, Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten von Drittland-CCPs, die in ihrem Rechtsraum Clearingdienste erbringen, über Befugnisse verfügen;
54.
„einschlägige Drittlandsbehörde” eine Drittlandsbehörde, die Funktionen wahrnimmt, die mit den von Abwicklungsbehörden oder zuständigen Behörden aufgrund dieser Verordnung wahrgenommenen Funktionen vergleichbar sind;

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1).

(2)

Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten (ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43).

(3)

Richtlinie (EU) 2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Emission gedeckter Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über gedeckte Schuldverschreibungen und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2014/59/EU (ABl. L 328 vom 18.12.2019, S. 29).

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