Artikel 45 VO (EU) 2022/126

Erhaltung, nachhaltige Nutzung und Entwicklung genetischer Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft

(1) Mitgliedstaaten, die in ihre GAP-Strategiepläne Interventionen im Zusammenhang mit der Erhaltung, nachhaltigen Nutzung und Entwicklung genetischer Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft gemäß Artikel 70 der Verordnung (EU) 2021/2115 aufnehmen, können nur in folgenden Fällen Unterstützung gewähren:

a)
Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen, um gefährdete Rassen und von genetischer Erosion bedrohte Pflanzensorten in landwirtschaftlichen Betrieben zu erhalten, oder
b)
Unterstützung für die Erhaltung, nachhaltige Nutzung und Entwicklung genetischer Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft.

Tätigkeiten, die unter die in Unterabsatz 1 Buchstabe a genannte Art von Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen fallen, kommen nicht für eine Unterstützung gemäß dem genannten Unterabsatz Buchstabe b in Betracht.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen, mit denen gefährdete Rassen und von genetischer Erosion bedrohte Pflanzensorten gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a in landwirtschaftlichen Betrieben erhalten werden sollen, Folgendes vorschreiben:

a)
Züchtung von Nutztieren lokaler Rassen, die von einem Mitgliedstaat als gefährdet eingestuft wurden und die genetisch an ein oder mehrere traditionelle Erzeugungssysteme oder Standortverhältnisse in diesem Mitgliedstaat angepasst sind und deren Status als gefährdete Rasse durch eine Stelle wissenschaftlich bestätigt wurde, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse hinsichtlich gefährdeter Rassen verfügt, im Sinne des Artikels 2 Nummer 24 der Verordnung (EU) 2016/1012 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) oder
b)
Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen, die von Natur aus an die lokalen und regionalen Bedingungen angepasst und von genetischer Erosion bedroht sind.

(3) Folgende Arten von Nutztieren lokaler Rassen gemäß Absatz 2 Buchstabe a können für eine Förderung in Betracht kommen:

a)
Rinder;
b)
Schafe;
c)
Ziegen;
d)
Equiden (Equus caballus und Equus asinus);
e)
Schweine;
f)
Vögel;
g)
Kaninchen;
h)
Bienen.

(4) Die Mitgliedstaaten betrachten lokale Rassen gemäß Absatz 2 Buchstabe a nur dann als förderfähig, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

a)
die Zahl der weiblichen Zuchttiere ist auf nationaler Ebene erfasst;
b)
ein amtlich anerkannter einschlägiger Zuchtverband führt das Zuchtbuch der betreffenden Rasse.

(5) Die Mitgliedstaaten betrachten pflanzengenetische Ressourcen gemäß Absatz 2 Buchstabe b als von genetischer Erosion bedroht, sofern ausreichende Nachweise der genetischen Erosion auf der Grundlage wissenschaftlicher Ergebnisse oder Indikatoren für den Rückgang der Landsorten oder lokalen alten Sorten, der Vielfalt der Population und gegebenenfalls für Änderungen der vorherrschenden Landbewirtschaftungsmethoden auf lokaler Ebene vorliegen.

(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b genannten Vorhaben zur Erhaltung, nachhaltigen Nutzung und Entwicklung genetischer Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft Folgendes umfassen:

a)
gezielte Maßnahmen zur Förderung der In-situ- und Ex-situ-Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung und Nutzung genetischer Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft, einschließlich der Erstellung von Online-Verzeichnissen der zurzeit in situ erhaltenen genetischen Ressourcen (einschließlich Erhaltung im land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb) und von Ex-situ-Sammlungen und -Datenbanken;
b)
konzertierte Maßnahmen zur Förderung des Austauschs von Informationen über die Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung und Nutzung genetischer Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft der Union zwischen den zuständigen Einrichtungen in den Mitgliedstaaten;
c)
flankierende Maßnahmen: Informationsmaßnahmen, Informationsweitergabe, Beratung, Schulung und Erstellung technischer Berichte unter Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen und anderen Interessenträgern.

(7) Für die Zwecke von Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b bezeichnet der Ausdruck

a)
„In-situ-Erhaltung” in der Landwirtschaft die Erhaltung von genetischem Material in Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen sowie die Bewahrung und Wiederherstellung lebensfähiger Populationen von Pflanzenarten und wildlebenden Tierarten in ihrer natürlichen Umgebung und — im Fall domestizierter Tierarten oder gezüchteter Pflanzenarten — in der landwirtschaftlich genutzten Umgebung, in der sie ihre besonderen Eigenschaften entwickelt haben;
b)
„In-situ-Erhaltung” in der Forstwirtschaft die Erhaltung von genetischem Material in Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen sowie die Bewahrung und Wiederherstellung lebensfähiger Populationen von Arten in ihrer natürlichen Umgebung;
c)
„Erhaltung im land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb” die In-situ-Erhaltung und -Entwicklung in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb;
d)
„Ex-situ-Erhaltung” die Erhaltung von genetischem Material für die Land- oder Forstwirtschaft außerhalb des jeweiligen natürlichen Lebensraums;
e)
„Ex-situ-Sammlung” eine Sammlung von genetischen Ressourcen für die Land- oder Forstwirtschaft, die außerhalb des jeweiligen natürlichen Lebensraums aufbewahrt werden.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2016/1012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über die Tierzucht- und Abstammungsbestimmungen für die Zucht, den Handel und die Verbringung in die Union von reinrassigen Zuchttieren und Hybridzuchtschweinen sowie deren Zuchtmaterial und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 652/2014, der Richtlinien des Rates 89/608/EWG und 90/425/EWG sowie zur Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tierzucht ( „Tierzuchtverordnung” ) (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 66).

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