Artikel 37 VO (EU) 2022/128
Konformitätsverfahren
(1) Um festzulegen, welche Beträge von der Unionsfinanzierung auszuschließen sind, wenn sich herausstellt, dass Ausgaben nicht im Einklang mit den Unionsvorschriften getätigt wurden, stützt sich die Kommission auf ihre eigenen Feststellungen und berücksichtigt dabei die von den Mitgliedstaaten vorgelegten Informationen, sofern diese Informationen innerhalb der von der Kommission im Rahmen des Konformitätsverfahrens gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 festgelegten Frist um im Einklang mit dem vorliegenden Artikel bereitgestellt werden. Bei Interventionen im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems gemäß Artikel 65 der genannten Verordnung berücksichtigt die Kommission auch die Berichte über die Bewertung der Qualität des Systems zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen, des Systems für geodatenbasierten Anträge und des Flächenüberwachungssystems.
(2) Kommt die Kommission aufgrund von Nachforschungen zu dem Schluss, dass bestimmte Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Unionsvorschriften getätigt wurden, so teilt sie dem betreffenden Mitgliedstaat ihre Feststellungen mit und nennt die Abhilfemaßnahmen, die künftig die Beachtung dieser Vorschriften sicherstellen sollen, sowie die vorläufige Höhe der Finanzkorrektur, die nach ihrer Auffassung in der entsprechenden Phase des Verfahrens den Feststellungen entspricht. In dieser Mitteilung wird zudem eine bilaterale Besprechung innerhalb von fünf Monaten nach Ablauf der für den Mitgliedstaat geltenden Antwortfrist anberaumt. In der Mitteilung muss auf den vorliegenden Artikel Bezug genommen werden.
Der Mitgliedstaat antwortet innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Mitteilung. In seiner Antwort kann der Mitgliedstaat insbesondere
- a)
- der Kommission gegenüber nachweisen, dass das tatsächliche Ausmaß des Verstoßes oder des Risikos für den Fonds geringer ist als von der Kommission angegeben;
- b)
- die Kommission über die Abhilfemaßnahmen unterrichten, die er zur Einhaltung der Unionsvorschriften ergriffen hat, und den Zeitpunkt der tatsächlichen Umsetzung dieser Maßnahmen mitteilen.
In begründeten Fällen kann die Kommission auf begründeten Antrag des Mitgliedstaats einer Verlängerung der Zweimonatsfrist um höchstens zwei Monate zustimmen. Als Begründung kann die Bewertung angeführt werden, die die bescheinigende Stelle zur Berechnung des Mitgliedstaats abgegeben hat. Der betreffende Antrag ist vor Fristablauf an die Kommission zu richten.
Hält der Mitgliedstaat eine bilaterale Besprechung für nicht erforderlich, so teilt er dies der Kommission in seiner Antwort auf die Mitteilung mit.
(3) Bei der bilateralen Besprechung versuchen die beiden Parteien, Einvernehmen über die zu ergreifenden Maßnahmen sowie über die Bewertung der Schwere des Verstoßes und des für den Unionshaushalt entstandenen finanziellen Schadens zu erzielen.
Die Kommission erstellt innerhalb von 30 Arbeitstagen nach der bilateralen Besprechung das Protokoll und versendet es an den Mitgliedstaat. Der Mitgliedstaat kann der Kommission innerhalb von 15 Arbeitstagen nach Erhalt des Protokolls seine Bemerkungen mitteilen.
Innerhalb von sechs Monaten nach Versendung des Protokolls der bilateralen Besprechung teilt die Kommission dem Mitgliedstaat ihre Schlussfolgerungen auf der Grundlage der ihr im Rahmen des Konformitätsverfahrens zugegangenen Informationen förmlich mit. In dieser Mitteilung werden die gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 sowie Artikel 14 und 15 der Delegierten Verordnung (EU) 2022/127 von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Ausgaben bewertet. In der Mitteilung muss auf Artikel 43 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung Bezug genommen werden.
Teilt der Mitgliedstaat der Kommission mit, dass keine bilaterale Besprechung erforderlich ist, läuft die Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Mitteilung bei der Kommission.
(4) Hat der Mitgliedstaat das Schlichtungsverfahren gemäß Artikel 43 in Anspruch genommen, so übermittelt die Kommission dem Mitgliedstaat ihre Schlussfolgerungen innerhalb von sechs Monaten nach
- a)
- Eingang des Berichts der Schlichtungsstelle oder
- b)
- Eingang zusätzlicher Informationen des Mitgliedstaats innerhalb der Frist gemäß Artikel 43 Absatz 3 Unterabsatz 2, sofern die Bedingungen gemäß Absatz 6 des vorliegenden Artikels erfüllt sind.
(5) Zur Anwendung der Absätze 3 und 4 innerhalb der jeweiligen Fristen müssen der Kommission alle für die betreffende Stufe des Verfahrens erforderlichen Informationen vorliegen. Ist die Kommission der Ansicht, dass ihr Informationen fehlen, so kann sie innerhalb der Fristen gemäß den genannten Absätzen jederzeit
- a)
- vom Mitgliedstaat zusätzliche Informationen anfordern, worauf der Mitgliedstaat innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Mitteilung antworten muss, und/oder
- b)
- dem Mitgliedstaat ihre Absicht mitteilen, einen zusätzlichen Prüfbesuch durchzuführen, um die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen.
In diesem Fall beginnen die Fristen gemäß den Absätzen 3 und 4 erneut ab dem Eingang der angeforderten zusätzlichen Informationen bei der Kommission bzw. ab dem letzten Tag des zusätzlichen Prüfbesuchs.
Umfassen die Fristen gemäß den Absätzen 2, 3 und 4 sowie in vorliegendem Absatz ganz oder teilweise den Monat August, so wird der Fristlauf während dieses Monats unterbrochen.
(6) Bei der Bewertung der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Ausgaben können die vom Mitgliedstaat nach der förmlichen Mitteilung der Kommission gemäß Absatz 3 Unterabsatz 3 übermittelten Informationen nur berücksichtigt werden, wenn
- a)
- dies erforderlich ist, damit der dem Unionshaushalt entstandene finanzielle Schaden nicht wesentlich zu hoch eingeschätzt wird, und
- b)
- die verspätete Übermittlung der Informationen durch externe Faktoren gerechtfertigt ist und der rechtzeitige Erlass des Beschlusses gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 durch die Kommission dadurch nicht gefährdet wird.
(7) Die Kommission erlässt nach Übermittlung ihrer Schlussfolgerungen an die Mitgliedstaaten gemäß Absatz 3 oder 4 des vorliegenden Artikels gegebenenfalls einen oder mehrere Beschlüsse gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116, um Ausgaben, die nicht in Übereinstimmung mit den Unionsvorschriften getätigt wurden, von der Unionsfinanzierung auszuschließen. Die Kommission kann aufeinanderfolgende Konformitätsverfahren durchführen, bis der Mitgliedstaat die Abhilfemaßnahmen tatsächlich umgesetzt hat.
(8) Für den EGFL nimmt die Kommission die Kürzungen der Unionsfinanzierung vor, indem sie die monatlichen Zahlungen für die im zweiten Monat nach Erlass des Beschlusses gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 getätigten Ausgaben entsprechend verringert.
Für den ELER nimmt die Kommission die Kürzungen der Unionsfinanzierung vor, indem sie die Zahlung, für die der Mitgliedstaat nach Erlass des Beschlusses gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 eine Ausgabenerklärung vorlegt, entsprechend verringert.
Auf Antrag des Mitgliedstaats und nach Anhörung des Ausschusses für die Agrarfonds kann die Kommission jedoch einen Durchführungsbeschluss erlassen, mit dem ein anderer Zeitpunkt für die Vornahme der Kürzungen festgesetzt oder die Erstattung der Beträge in maximal drei Tranchen gestattet wird, wenn dies aufgrund des Umfangs der in dem Durchführungsrechtsakt gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 enthaltenen Kürzungen gerechtfertigt ist. Der Mitgliedstaat legt der Kommission den Antrag auf Erstattung in Tranchen spätestens fünf Tage nach Anhörung des Ausschusses für die Agrarfonds zu dem Beschluss gemäß Artikel 55 der genannten Verordnung vor.
(9) Für Mitgliedstaaten, die einen finanziellen Beistand gemäß der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates(1), der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates(2) und dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus erhalten, kann die Kommission auf Antrag des Mitgliedstaats und nach Anhörung des Ausschusses für die Agrarfonds einen Durchführungsbeschluss erlassen, mit dem die Ausführung von nach dem 1. Mai 2025 erlassenen Beschlüssen gemäß Artikel 55 der Verordnung (EU) 2021/2116 für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten ab dem Zeitpunkt der Annahme des Beschlusses aufgeschoben wird (im Folgenden „Aufschubbeschluss” ).
Mit dem Aufschubbeschluss wird genehmigt, dass die Kürzungen nach Ablauf des Aufschubs in drei Jahrestranchen vorgenommen werden. Entspricht der unter den Aufschubbeschluss fallende Gesamtbetrag mehr als 0,02 % des Bruttoinlandsprodukts des Mitgliedstaats, kann die Kommission die Erstattung in bis zu fünf Jahrestranchen gestatten.
Die Kommission kann auf Antrag des Mitgliedstaats und nach Anhörung des Ausschusses für die Agrarfonds beschließen, die Dauer des Aufschubs gemäß Unterabsatz 1 einmalig um höchstens zwölf Monate zu verlängern.
Der Mitgliedstaat, dem ein Aufschub gewährt wird, muss sicherstellen, dass die Mängel, die zu den Kürzungen führten und die zum Zeitpunkt des Aufschubbeschlusses weiterhin bestanden, auf der Grundlage eines im Einvernehmen mit der Kommission aufgestellten Aktionsplans mit Fristen und klaren Fortschrittsindikatoren abgestellt werden. In folgenden Fällen ändert die Kommission unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihren Beschluss über den Aufschub oder hebt ihn auf:
- a)
- Der Mitgliedstaat trifft nicht die im Aktionsplan vorgesehenen erforderlichen Abhilfemaßnahmen, um die Mängel abzustellen;
- b)
- die Fortschritte bei den Abhilfemaßnahmen sind gemessen an den Fortschrittsindikatoren nicht ausreichend oder
- c)
- die Ergebnisse der Maßnahmen sind nicht zufriedenstellend.
(10) Die Durchführungsbeschlüsse gemäß den Absätzen 8 und 9 werden nach dem Beratungsverfahren gemäß Artikel 102 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/2116 erlassen.
(11) In ausreichend begründeten Fällen, die den betreffenden Mitgliedstaaten mitzuteilen sind, kann die Kommission die Fristen gemäß den Absätzen 2 bis 5 verlängern.
(12) Die in vorliegendem Artikel genannten Mitteilungen können auf elektronischem Weg erfolgen.
(13) Die Absätze 1 bis 11 gelten entsprechend auch für zweckgebundene Einnahmen gemäß Artikel 45 der Verordnung (EU) 2021/2116.
Fußnote(n):
- (1)
Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 zur Einführung einer Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten (ABl. L 53 vom 23.2.2002, S. 1).
- (2)
Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (ABl. L 118 vom 12.5.2010, S. 1).
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