Artikel 4 VO (EU) 2022/869
Kriterien für die Bewertung der Vorhaben seitens der Gruppen
(1) Ein Vorhaben von gemeinsamem Interesse erfüllt die folgenden allgemeinen Kriterien:
- a)
- Das Vorhaben ist für mindestens einen bzw. eines der in Anhang I aufgeführten vorrangigen Energieinfrastrukturkorridore und -gebiete erforderlich;
- b)
- der potenzielle Gesamtnutzen des anhand der in Absatz 3 aufgeführten relevanten spezifischen Kriterien bewerteten Vorhabens übersteigt, auch langfristig, seine Kosten;
- c)
-
das Vorhaben erfüllt eines der nachfolgenden Kriterien:
- i)
- es sind mindestens zwei Mitgliedstaaten dadurch beteiligt, dass es die Grenze zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten direkt oder indirekt, im Verbund mit einem Drittland, quert;
- ii)
- es befindet sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, entweder auf dem Festland oder auf See, einschließlich Inseln, und hat erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen im Sinne von Anhang IV Nummer 1.
(2) Ein Vorhaben von gegenseitigem Interesse erfüllt die folgenden allgemeinen Kriterien:
- a)
- Das Vorhaben trägt erheblich zu den Zielen nach Artikel 1 Absatz 1 und denen des Drittlands, und zwar insbesondere dazu, dass das Drittland nicht daran gehindert wird, mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke für seinen inländischen Energieverbrauch außer Dienst zu stellen, sowie zur Nachhaltigkeit bei, unter anderem durch die Integration erneuerbarer Energie in das Netz und die Übertragung und Verteilung von erneuerbar erzeugtem Strom zu großen Verbrauchszentren und Speicheranlagen;
- b)
- der potenzielle Gesamtnutzen des anhand der in Absatz 3 aufgeführten relevanten spezifischen Kriterien bewerteten Vorhabens auf der Ebene der Union übersteigt, auch langfristig, seine Kosten innerhalb der Union;
- c)
- das Vorhaben befindet sich im Hoheitsgebiet mindestens eines Mitgliedstaats und im Hoheitsgebiet mindestens eines Drittlands und hat erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen im Sinne von Anhang IV Nummer 2;
- d)
- für den im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gelegenen Teil steht das Vorhaben im Einklang mit den Richtlinien 2009/73/EG und (EU) 2019/944, sofern es unter die in Anhang II Nummern 1 und 3 dieser Verordnung festgelegten Infrastrukturkategorien fällt;
- e)
-
der politische Rahmen des beteiligten Drittlands bzw. der beteiligten Drittländer sind in hohem Maße konvergent und die rechtlichen Durchsetzungsmechanismen zur Unterstützung der politischen Ziele der Union sind nachgewiesen, sodass insbesondere Folgendes sichergestellt ist:
- i)
- ein gut funktionierender Energiebinnenmarkt,
- ii)
- die Versorgungssicherheit, unter anderem auf der Grundlage unterschiedlicher Quellen, Zusammenarbeit und Solidarität,
- iii)
- ein Energiesystem, einschließlich Erzeugung, Übertragung/Fernleitung und Verteilung, auf dem Wege zur Verwirklichung des Ziels der Klimaneutralität, im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und den energie- und klimapolitischen Vorgaben der Union für 2030 und ihres Ziels der Klimaneutralität bis 2050, und insbesondere die Vermeidung der Verlagerung von CO2-Emissionen;
- f)
- das beteiligte Drittland bzw. die beteiligten Drittländer unterstützen den Vorrangstatus des Vorhabens gemäß Artikel 7 und verpflichten sich, einen ähnlichen Zeitplan für die beschleunigte Durchführung und andere politische und regulatorische Unterstützungsmaßnahmen einzuhalten, die für Vorhaben von gemeinsamem Interesse in der Union gelten.
Bei Vorhaben zur Speicherung von Kohlendioxid, die unter die in Anhang II Nummer 5 Buchstabe c genannte Energieinfrastrukturkategorie fallen, ist das Vorhaben erforderlich, um den grenzüberschreitenden Transport und die grenzüberschreitende Speicherung von Kohlendioxid zu ermöglichen, und das Drittland, in dem das Vorhaben realisiert wird, verfügt über einen angemessenen Rechtsrahmen auf der Grundlage nachgewiesener wirksamer Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass für das Vorhaben Normen und Schutzvorkehrungen gelten, mit denen jede Verlagerung von CO2-Emissionen verhindert wird, und, was Klima, menschliche Gesundheit und Ökosysteme angeht, für einen Grad an Sicherheit und Wirksamkeit der dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid zu sorgen, der mindestens dem Niveau entsprechen, das im Unionsrecht vorgesehen ist.
(3) Für Vorhaben von gemeinsamem Interesse innerhalb von spezifischen Energieinfrastrukturkategorien gelten die folgenden spezifischen Kriterien:
- a)
-
bei Stromübertragungs-, Stromverteilungs- und Stromspeichervorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 1 Buchstaben a, b, c, d und f genannten Energieinfrastrukturkategorien fallen, trägt das Vorhaben durch die Integration erneuerbarer Energie in das Netz und die Übertragung oder Verteilung von aus erneuerbaren Quellen erzeugtem Strom zu großen Verbrauchszentren und Speicheranlagen erheblich zur Nachhaltigkeit und gegebenenfalls zur Verringerung von Einschränkungen bei Energie bei sowie außerdem zu mindestens einem der folgenden spezifischen Kriterien:
- i)
- Marktintegration, unter anderem durch die Beseitigung der Isolation mindestens eines Mitgliedstaats im Energiebereich und die Verringerung von Energieinfrastrukturengpässen, Wettbewerb, Interoperabilität und Systemflexibilität,
- ii)
- Versorgungssicherheit, unter anderem durch Interoperabilität, Systemflexibilität, Cybersicherheit, angemessene Verbindungen und einen sicheren und zuverlässigen Systembetrieb;
- b)
-
bei Vorhaben für intelligente Stromnetze, die unter die in Anhang II Nummer 1 Buchstabe e genannten Energieinfrastrukturkategorien fallen, trägt das Vorhaben durch die Integration erneuerbarer Energie in das Netz erheblich zur Nachhaltigkeit bei sowie außerdem zu mindestens zwei der folgenden spezifischen Kriterien:
- i)
- Versorgungssicherheit, unter anderem durch Effizienz und Interoperabilität der Stromübertragung und -verteilung im täglichen Netzbetrieb, Vermeidung von Engpässen sowie Einbeziehung und Beteiligung der Netznutzer,
- ii)
- Marktintegration, unter anderem durch effizienten Netzbetrieb und die Nutzung von Verbindungsleitungen,
- iii)
- Netzsicherheit, Flexibilität und Qualität der Versorgung, unter anderem durch einen stärkeren Einsatz von Innovationen in den Bereichen Systemausgleich, Flexibilitätsmärkte, Cybersicherheit, Überwachung, Systemsteuerung und Fehlerbehebung;
- iv)
- intelligente Branchenintegration, entweder im Energiesystem durch Verknüpfung unterschiedlicher Energieträger und verschiedener Teile der Energiewirtschaft, oder, im weiteren Sinne, durch Förderung von Synergieeffekten und Koordinierung zwischen den Wirtschaftszweigen Energie, Verkehr und Telekommunikation;
- c)
-
bei Kohlendioxidtransport- und -speichervorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 5 genannten Energieinfrastrukturkategorien fallen, trägt das Vorhaben durch die Verringerung von CO2-Emissionen in den verbundenen Industrieanlagen erheblich zur Nachhaltigkeit und zu allen der folgenden spezifischen Kriterien bei:
- i)
- Vermeidung von Kohlendioxidemissionen unter Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit,
- ii)
- Stärkung der Belastbarkeit und der Sicherheit des Kohlendioxidtransports und der Kohlendioxidspeicherung,
- iii)
- effiziente Ressourcennutzung dadurch, dass die Verbindung mehrerer Kohlendioxidquellen und -speicheranlagen über eine gemeinsame Infrastruktur ermöglicht wird sowie die Umweltbelastung und Umweltrisiken minimiert werden;
- d)
-
bei Wasserstoffvorhaben, die unter die in Anhang II Nummer 3 genannten Energieinfrastrukturkategorien fallen, trägt das Vorhaben erheblich zur Nachhaltigkeit bei, unter anderem durch die Verringerung der Treibhausgasemissionen, die Steigerung der Nutzung von erneuerbarem oder CO2-armem Wasserstoff, insbesondere Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen vor allem bei Endanwendungen, etwa in Branchen, in denen diese Emissionen schwer zu verringern und energieeffizientere Lösungen nicht machbar sind, und die Unterstützung der Stromerzeugung aus volatilen erneuerbaren Quellen durch Bereitstellung von Flexibilität bzw. Speicherlösungen, und das Vorhaben leistet einen erheblichen Beitrag zu mindestens einem der folgenden spezifischen Kriterien:
- i)
- Marktintegration, unter anderem durch die Verbindung bestehender oder entstehender Wasserstoffnetze der Mitgliedstaaten oder einen anderen Beitrag zum Aufbau eines unionsweiten Netzes für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff sowie die Sicherstellung der Interoperabilität der verbundenen Systeme,
- ii)
- Versorgungssicherheit und Flexibilität, unter anderem durch angemessene Verbindungen und die Förderung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs,
- iii)
- Wettbewerb, unter anderem indem der Zugang zu mehreren Versorgungsquellen und Netznutzern auf transparente und diskriminierungsfreie Weise ermöglicht wird;
- e)
-
bei Elektrolyseuren, die unter die in Anhang II Nummer 4 genannte Energieinfrastrukturkategorie fallen, trägt das Vorhaben erheblich zu allen der folgenden spezifischen Kriterien bei:
- i)
- Nachhaltigkeit, unter anderem durch Verringerung der Treibhausgasemissionen und Steigerung der Nutzung von erneuerbarem oder CO2-armem Wasserstoff, insbesondere aus erneuerbaren Quellen, sowie von synthetischen Kraftstoffen dieses Ursprungs,
- ii)
- Versorgungssicherheit, unter anderem durch einen Beitrag zu einem sicheren, effizienten und zuverlässigen Netzbetrieb oder durch das Angebot von Speicher- und/oder Flexibilitätslösungen wie Laststeuerung und Regelenergieleistungen,
- iii)
- Ermöglichung von Flexibilitätsleistungen wie Laststeuerung und Speicherung mittels Erleichterung der intelligenten Integration der Energiebranche durch die Schaffung von Verknüpfungen mit anderen Energieträgern und Branchen;
- f)
-
bei Vorhaben für intelligente Gasnetze, die unter die in Anhang II Nummer 2 genannte Energieinfrastrukturkategorie fallen, trägt das Vorhaben erheblich zur Nachhaltigkeit bei, indem es mit dem Ziel der Verringerung der Treibhausgasemissionen die Integration einer Vielzahl von CO2-armen und insbesondere erneuerbaren Gasen, auch aus Quellen vor Ort, wie Biomethan oder erneuerbarem Wasserstoff in das System zur Fernleitung, Verteilung oder Speicherung von Gas sicherstellt, und das Vorhaben leistet einen erheblichen Beitrag zu mindestens einem der folgenden spezifischen Kriterien:
- i)
- Netzsicherheit und Qualität der Versorgung durch Verbesserung der Effizienz und Interoperabilität der Gasfernleitungs-, -verteilungs- oder -speichersysteme im täglichen Netzbetrieb, indem unter anderem die Herausforderungen bewältigt werden, die sich aus der Einspeisung von Gasen unterschiedlicher Qualität ergeben,
- ii)
- Funktionieren des Markts und Kundenbetreuung,
- iii)
- Erleichterung der intelligenten Integration des Energiesektors durch die Schaffung von Verknüpfungen mit anderen Energieträgern und Sektoren und die Ermöglichung von Laststeuerung.
(4) Bei Vorhaben, die unter die in Anhang II genannten Energieinfrastrukturkategorien fallen, werden die in Absatz 3 dieses Artikels aufgeführten Kriterien nach den Indikatoren in Anhang IV Nummern 3 bis 8 bewertet.
(5) Um die Prüfung aller Vorhaben zu ermöglichen, die als Vorhaben von gemeinsamem Interesse in Betracht kommen und in eine regionale Liste aufgenommen werden könnten, bewertet jede Gruppe den Beitrag des Vorhabens zur Umsetzung desselben vorrangigen Energieinfrastrukturkorridors oder Gebiets in transparenter und objektiver Weise. Jede Gruppe bestimmt ihre Bewertungsmethode auf der Grundlage des aggregierten Beitrags zu den Kriterien gemäß Absatz 3. Bei dieser Bewertung werden die Vorhaben für den internen Gebrauch der Gruppe in eine Rangfolge gebracht. Weder enthalten die regionale Liste noch die Unionsliste eine Rangfolge, noch darf die Rangfolge anschließend für andere Zwecke verwendet werden, außer in den in Anhang III Abschnitt 2 Nummer 16 beschriebenen Fällen.
Damit die Gruppen bei den Bewertungen eine einheitliche Herangehensweise anwenden, berücksichtigt jede Gruppe bei der Bewertung von Vorhaben gebührend folgende Aspekte:
- a)
- die Dringlichkeit und den Beitrag eines jeden vorgeschlagenen Vorhabens im Hinblick auf die bzw. zur Erfüllung der energie- und klimapolitischen Vorgaben der Union für 2030 und ihres Ziels der Klimaneutralität bis 2050, Marktintegration, Wettbewerb, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit;
- b)
- die Frage, inwieweit jedes einzelne vorgeschlagene Vorhaben andere vorgeschlagene Vorhaben ergänzt, einschließlich konkurrierender oder potenziell konkurrierender Vorhaben;
- c)
- etwaige Synergieeffekte mit vorrangigen Korridoren und thematischen Gebieten, die unter den transeuropäischen Netzen für Verkehr und Telekommunikation ermittelt wurden;
- d)
- bei vorgeschlagenen Vorhaben, bei denen es sich zum Zeitpunkt ihrer Bewertung um Vorhaben auf der Unionsliste handelt, die Fortschritte bei ihrer Durchführung und die Einhaltung der Berichterstattungs- und Transparenzpflichten.
Bei Vorhaben im Bereich der intelligenten Strom- und Gasnetze, die unter die in Anhang II Nummer 1 Buchstabe e und Nummer 2 genannten Energieinfrastrukturkategorien fallen, wird jeweils eine Rangfolge für die Vorhaben vorgenommen, die dieselben beiden Mitgliedstaaten betreffen; außerdem sind die Zahl der vom Vorhaben betroffenen Nutzer, der jährliche Energieverbrauch und der Anteil der Erzeugung aus nichtregelbaren Energiequellen in dem von diesen Nutzern erfassten Gebiet angemessen zu berücksichtigen.
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