Artikel 29 VO (EU) 2023/1115

Bewertung von Ländern

(1) Mit dieser Verordnung wird ein dreistufiges System zur Bewertung von Ländern oder Landesteilen eingeführt. Zu diesem Zweck werden Mitgliedstaaten und Drittländer bzw. deren Landesteile in eine der folgenden Risikokategorien eingestuft:

a)
Als Länder oder Landesteile mit „hohem Risiko” gelten Länder oder Landesteile, für die im Rahmen der Bewertung nach Absatz 3 ein außergewöhnlich hohes Risiko dahingehend festgestellt wird, dass dort relevante Rohstoffe erzeugt werden, für die die relevanten Erzeugnisse gegen Artikel 3 Buchstabe a verstoßen.
b)
Als Länder oder Landesteile mit „geringem Risiko” gelten Länder oder Landesteile, für die im Rahmen der Bewertung nach Absatz 3 festgestellt wird, dass eine ausreichende Gewähr dafür besteht, dass Fälle der Erzeugung von relevanten Rohstoffen, für die die relevanten Erzeugnisse gegen Artikel 3 Buchstabe a verstoßen, in diesen Ländern oder Landesteilen die Ausnahme sind.
c)
Als Länder oder Landesteile mit „normalem Risiko” gelten Länder oder Landesteile, die weder in die Kategorie „hohes Risiko” noch in die Kategorie „geringes Risiko” fallen.

(2) Am 29. Juni 2023 wird allen Ländern ein normales Risiko zugeordnet. Die Kommission stuft die Länder oder Landesteile ein, die gemäß Absatz 1 ein geringes oder ein hohes Risiko aufweisen. Die Liste der Länder oder Landesteile, die ein geringes oder hohes Risiko aufweisen, wird im Wege von Durchführungsrechtsakten veröffentlicht, die spätestens am 30. Dezember 2024 gemäß dem in Artikel 36 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen werden. Diese Liste wird überprüft und gegebenenfalls, sooft es nötig ist, im Lichte neuer Erkenntnisse aktualisiert.

(3) Die Einstufung von Ländern oder Landesteilen mit geringem Risiko und hohem Risiko gemäß Absatz 1 erfolgt auf der Grundlage einer objektiven und transparenten Bewertung durch die Kommission, bei der die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und international anerkannte Quellen berücksichtigt werden. Der Einstufung werden in erster Linie die folgenden Bewertungskriterien zugrunde gelegt:

a)
Ausmaß der Entwaldung und Waldschädigung;
b)
Ausmaß der Erweiterung landwirtschaftlicher Flächen für relevante Rohstoffe;
c)
Erzeugungstrends bei relevanten Rohstoffen und relevanten Erzeugnissen.

(4) Bei der Bewertung nach Absatz 3 kann auch Folgendes berücksichtigt werden:

a)
von dem Land und den betreffenden regionalen Behörden, Marktteilnehmern, Nichtregierungsorganisationen und Dritten, einschließlich indigener Völker, lokaler Gemeinschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft, vorgelegte Informationen dazu, ob der beabsichtigte nationale Beitrag zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen UNFCCC wirksam Emissionen und den Abbau von Treibhausgasen durch Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Landnutzung abdeckt;
b)
Abkommen und andere zwischen dem betreffenden Land und der Union und/oder ihren Mitgliedstaaten geschlossene Übereinkünfte zur Bekämpfung der Entwaldung und der Waldschädigung und zur Erleichterung der Einhaltung von Artikel 3 durch relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse sowie ihre wirksame Umsetzung;
c)
ob in dem betreffenden Land nationale oder subnationale Rechtsvorschriften, auch im Einklang mit Artikel 5 des Übereinkommens von Paris, in Kraft sind und das Land wirksame Durchsetzungsmaßnahmen ergreift, um gegen Entwaldung und Waldschädigung vorzugehen und Tätigkeiten, die zu Entwaldung und Waldschädigung führen, zu verhindern und mit Sanktionen zu belegen, und insbesondere, ob es Sanktionen von hinreichender Strenge verhängt, um mögliche Vorteile aus Entwaldung oder Waldschädigung abzuschöpfen;
d)
ob das betreffende Land einschlägige Daten auf transparente Weise zur Verfügung stellt, und gegebenenfalls das Vorhandensein, die Einhaltung und die wirksame Durchsetzung von Rechtsvorschriften zum Schutz der Menschenrechte, der Rechte indigener Völker, lokaler Gemeinschaften und anderer Inhaber gewohnheitsmäßiger Landrechte;
e)
vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder vom Rat der Europäischen Union verhängte Sanktionen für die Einfuhr oder Ausfuhr der relevanten Rohstoffe und relevanten Erzeugnisse.

(5) Die Kommission nimmt einen spezifischen Dialog mit allen Ländern auf, die als Land mit hohem Risiko eingestuft werden oder denen eine solche Einstufung droht, mit dem Ziel, sie bei der Senkung ihres Risikoniveaus zu unterstützen.

(6) Unbeschadet des Absatzes 5 teilt die Kommission dem betreffenden Land formal ihre Absicht mit, dieses Land oder einen Teil davon in eine andere Risikokategorie einzustufen, und fordert es auf, alle in dieser Hinsicht für nützlich erachteten Informationen vorzulegen. Die Kommission setzt auch die zuständigen Behörden über diese Absicht in Kenntnis.

Die Kommission nimmt folgende Angaben in die Benachrichtigung auf:

a)
den Grund oder die Gründe für die beabsichtigte Änderung der Risikokategorie des Landes oder Landesteils;
b)
die Aufforderung, der Kommission schriftlich bezüglich der beabsichtigten Änderung der Risikoeinstufung des Landes oder Landesteils zu antworten;
c)
die Folgen der Einstufung als Land mit hohem oder geringem Risiko.

(7) Die Kommission räumt dem betreffenden Land ausreichend Zeit ein, um auf die Benachrichtigung zu antworten. Betrifft die Benachrichtigung die Absicht der Kommission, das Land oder einen Teil davon in eine höhere Risikokategorie einzustufen, so kann das betreffende Land der Kommission Informationen über Maßnahmen zur Verfügung stellen, die es ergriffen hat, um Abhilfe zu schaffen.

(8) Die Kommission unterrichtet das betreffende Land und die zuständigen Behörden ohne ungebührliche Verzögerung über die Aufnahme eines Landes oder Landesteils in die in Absatz 2 genannte Liste oder über die Streichung aus dieser Liste.

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