Präambel VO (EU) 2023/1616
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1095/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2015/2365 sowie der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132(1) und insbesondere auf Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 3, Artikel 26 Absatz 4 Unterabsatz 3 und Artikel 61 Absatz 5 Unterabsatz 3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Im Sinne des Artikels 25 Absatz 1 und Artikel 61 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/23 muss die Person, die die Bewertung nach den Artikeln 24 und 61 vornimmt (im Folgenden „Bewerter” ), von jeder öffentlichen Behörde und der zu bewertenden zentralen Gegenpartei (im Folgenden „CCP” ) unabhängig sein. Daher sollten für die Festlegung der Umstände, unter denen eine Person für die Zwecke von Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/23 als von den zuständigen Behörden, einschließlich der Abwicklungsbehörde, und von der CCP unabhängig zu betrachten ist, einheitliche Vorschriften gelten. Diese Vorschriften sollten Anforderungen enthalten, die sicherstellen, dass diese Person keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen mit der Abwicklungsbehörde oder der CCP hat, sowie Anforderungen an die Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen dieser Person und ihre Fähigkeit, die Bewertung ohne übermäßige Abhängigkeit von einer zuständigen Behörde oder der CCP wirksam durchzuführen, und Anforderungen an die strukturelle Trennung zwischen der Person und den zuständigen Behörden und der CCP.
- (2)
- Um Gefährdungen der Unabhängigkeit wie Selbstprüfung, Eigeninteresse, Interessenvertretung, Vertrautheit, Vertrauen oder Einschüchterung entgegenzuwirken, muss sichergestellt werden, dass der Bewerter keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen mit einer zuständigen Behörde, einschließlich der Abwicklungsbehörde, oder mit der CCP, einschließlich ihrer Geschäftsleitung, Mehrheitsaktionäre oder Unternehmen der Gruppe, hat. Des Weiteren sollte ein Bewerter nicht als unabhängig betrachtet werden, wenn er wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit einem bedeutenden Clearingmitglied, Kunden oder Gläubiger hat, das bzw. der von einer Abwicklungsmaßnahme erheblich betroffen wäre oder erheblich zu der Situation beigetragen hat, die die Abwicklung der CCP zur Folge hatte. Auch persönliche Beziehungen könnten ein wesentliches Interesse darstellen. Dementsprechend sollte die Abwicklungsbehörde bewerten, ob wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen vorliegen.
- (3)
- Damit die Abwicklungsbehörde bewerten kann, ob wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen vorliegen, sollte der Bewerter sie über alle tatsächlichen oder potenziellen Interessen unterrichten, die nach Auffassung des Bewerters für die Abwicklungsbehörde im Zuge ihrer Bewertung ein wesentliches Interesse darstellen könnten, und alle Informationen vorlegen, die die Abwicklungsbehörde nach vernünftigem Ermessen anfordern könnte. Zur Ermittlung aller tatsächlichen oder potenziellen Interessen, die nach Auffassung des Bewerters ein wesentliches gemeinsames oder widersprüchliches Interesse darstellen könnten, sollte der Bewerter nach seiner Bestellung kontinuierlich über Strategien und Verfahren verfügen, die den geltenden berufsethischen und beruflichen Standards entsprechen. Die Abwicklungsbehörde sollte unverzüglich über alle festgestellten tatsächlichen oder potenziellen Interessen unterrichtet werden und prüfen, ob diese ein wesentliches Interesse darstellen; in diesem Fall sollte der Bewerter abberufen und ein neuer Bewerter bestellt werden.
- (4)
- Vereinbarungen über eine strukturelle Trennung stellen Sicherheitsvorkehrungen dar, um das Risiko von Interessenkonflikten zu mindern. Bei der Überprüfung eines potenziellen Bewerters sollte berücksichtigt werden, ob solche Vereinbarungen bestehen. Daher sollte bei juristischen Personen die Unabhängigkeit eines Bewerters mit Blick auf das Unternehmen oder die Personengesellschaft als Ganzes beurteilt werden, wobei jedoch strukturelle Trennungen und andere Vereinbarungen zu berücksichtigen sind, die möglicherweise getroffen wurden, um zwischen den Mitarbeitern, die an der Bewertung beteiligt sein könnten, und anderen Mitarbeitern zu unterscheiden. Wenn diese Gefährdungen im Vergleich zu den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen von einem Ausmaß sind, dass die Unabhängigkeit des Unternehmens oder der Personengesellschaft, die sich als Bewerter bewirbt, beeinträchtigt wird, sollte dieses Unternehmen oder diese Personengesellschaft nicht weiter als Bewerter fungieren.
- (5)
- Um eine Gefährdung der Unabhängigkeit aufgrund einer Selbstprüfung zu vermeiden, sollte ein Abschlussprüfer, der die CCP in dem Jahr vor seiner Überprüfung auf Eignung als Bewerter geprüft hat, unter keinen Umständen als unabhängig betrachtet werden. Auch andere Prüfungs- oder Bewertungsleistungen, die in den Jahren unmittelbar vor der Bewertung der Unabhängigkeit für die betreffende CCP erbracht wurden, sind als wesentliches gemeinsames oder widersprüchliches Interesse zu betrachten.
- (6)
- Die Unabhängigkeit des Bewerters lässt sich durch Bedingungen verstärken, die sicherstellen, dass das Fachwissen und die Ressourcen des Bewerters ausreichend und angemessen sind. Daher muss sichergestellt werden, dass der Bewerter über die notwendigen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Kenntnisse in allen relevanten Bereichen verfügt, unter anderem in Bezug auf die Bewertungen der von der CCP geclearten Finanzinstrumente, die geltenden Anforderungen an die CCP gemäß der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(2), bestehende Sanierungspläne und Regelwerke der CCP sowie die anwendbaren Abwicklungsinstrumente gemäß der Verordnung (EU) 2021/23.
- (7)
- Damit der Bewerter die Bewertung wirksam durchführen kann, sollte auch sichergestellt werden, dass der Bewerter über ausreichende personelle und technische Ressourcen für die Durchführung der Bewertung verfügt oder auf diese zugreifen kann.
- (8)
- Um seine Unabhängigkeit sicherzustellen und eine ungebührliche Einmischung in seine Aufgaben zu vermeiden, sollte der Bewerter ohne übermäßige Abhängigkeit von einer zuständigen Behörde, auch der Abwicklungsbehörde, oder der CCP die Bewertung wirksam durchführen können. Werden allerdings Anweisungen oder Leitlinien ausgegeben, die zur Durchführung der Bewertung unerlässlich sind und beispielsweise die Methodik betreffen, die das Unionsrecht im Bereich der Bewertung zu Abwicklungszwecken vorsieht, so sollte dies nicht als unzulässige Inanspruchnahme betrachtet werden, wenn solche Anweisungen oder Leitlinien als erforderlich angesehen werden, um die Durchführung der Bewertung zu erleichtern. Auch eine Unterstützung, in deren Rahmen die betreffende CCP dem Bewerter beispielsweise Systeme, Abschlüsse, aufsichtlich vorgeschriebene Berichte, Marktdaten, andere Belege oder eine sonstige Unterstützung zur Verfügung stellt, sollte nicht unterbunden werden, wenn diese nach Einschätzung der Abwicklungsbehörde als erforderlich angesehen wird, um die Durchführung der Bewertung zu erleichtern. Anweisungen, Leitlinien und andere Formen der Unterstützung sollten unter Einhaltung aller möglicherweise eingerichteten Verfahren auf Einzel- oder Sammelbasis vereinbart werden.
- (9)
- Wird die Bewertung von einer Person vorgenommen, die bei einer zuständigen Behörde, einschließlich der Abwicklungsbehörde, und der CCP beschäftigt oder mit dieser verbunden ist, kann dies selbst in Fällen, in denen eine vollständige strukturelle Trennung innerhalb einer juristischen Person vollzogen wurde, die Unabhängigkeit gefährden. Aus diesem Grund muss dafür gesorgt werden, dass der Bewerter weder Mitarbeiter noch Auftragnehmer einer zuständigen Behörde, auch nicht der Abwicklungsbehörde, oder der CCP ist und auch nicht derselben Unternehmensgruppe angehört wie die CCP.
- (10)
- Um sicherzustellen, dass ausreichend Personen zur Verfügung stehen, die ohne Weiteres bei Beginn eines Abwicklungsverfahrens als Bewerter fungieren könnten, sollte die Abwicklungsbehörde eine vorläufige Liste potenzieller Bewerter führen und diese Liste regelmäßig überarbeiten.
- (11)
- In Artikel 24 der Verordnung (EU) 2021/23 wird zwischen zwei Bewertungen im Verlauf eines CCP-Abwicklungsverfahrens unterschieden: eine anfängliche Bewertung, bei der bestimmt wird, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, und eine zweite Bewertung, die die Grundlage für den Beschluss der Abwicklungsbehörde bildet, ein oder mehrere Abwicklungsinstrumente anzuwenden. Für die Zwecke der anfänglichen Bewertung sollte sichergestellt werden, dass bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der CCP erfolgt. Bei der zweiten Bewertung, auf deren Grundlage eine fundierte Entscheidung über die Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden soll, muss sichergestellt werden, dass die Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der CCP auf fairen, vorsichtigen und realistischen Annahmen beruht.
- (12)
- Um ein genaues Bild der Lage der CCP und der vorherrschenden Marktbedingungen zu vermitteln, sollten die Bewertungen gemäß der Verordnung (EU) 2021/23 möglichst unmittelbar vor dem Zeitpunkt des Abwicklungsbeschlusses durchgeführt werden.
- (13)
- Damit die Bewertungen gemäß der Verordnung (EU) 2021/23 wirksam und effizient durchgeführt werden können, sollte der Bewerter auf alle relevanten Informationsquellen und Kenntnisse zugreifen können, einschließlich interner Aufzeichnungen, Systeme und Modelle der CCP. Der Bewerter sollte sich auch auf Informationen stützen, die direkt von den Mitarbeitern, der Geschäftsleitung und den Prüfern der CCP bereitgestellt werden, sowie gegebenenfalls auf öffentlich zugängliche Informationen über die Marktstruktur.
- (14)
- Gehört die CCP zu einer Gruppe, so sollte der Bewerter in Anbetracht der Tatsache, dass vertragliche gruppeninterne Unterstützungsregelungen der in Abwicklung befindlichen CCP zusätzliche finanzielle Unterstützung bieten und die Abwicklungsstrategie beeinflussen können, die Auswirkungen dieser Kontrakte berücksichtigen, wenn es wahrscheinlich ist, dass solche Vereinbarungen in Anspruch genommen werden. Der Bewerter sollte andere formelle oder informelle Unterstützungsregelungen innerhalb der Gruppe berücksichtigen, wenn es wahrscheinlich ist, dass sie bei einer angespannten Finanzlage oder im Falle einer Abwicklung ihre Gültigkeit behalten. Auch sollte der Bewerter genau überprüfen, ob das Risiko besteht, dass die Finanzmittel der CCP zur Deckung der Verluste anderer Unternehmen der Gruppe verwendet werden könnten, da dies den Wert der Vermögenswerte der CCP weiter verringern könnte.
- (15)
- Da Interoperabilitätsvereinbarungen zu finanziellen Abhängigkeiten führen, die sich auf die Bewertung auswirken können, sollte der Bewerter, wenn die CCP Interoperabilitätsvereinbarungen mit anderen CCP in der Union geschlossen hat, alle mit der Interoperabilitätsvereinbarung verbundenen vertraglichen Regelungen berücksichtigen, darunter auch Fälle, in denen durch die Einstellung der Dienstleistungen aus dieser Verbindung der CCP Liquidität entzogen werden kann.
- (16)
- Da das Bewertungsverfahren dazu dient, die Entscheidungsfindung der Abwicklungsbehörde vor Beginn der Abwicklung und bei der Umsetzung der Abwicklungsstrategie zu unterstützen, sollte die Abwicklungsbehörde vom Bewerter unterrichtet werden. Der Bewerter sollte daher die Annahmen, Methoden und Ergebnisse der Bewertung in einem Bericht an die Abwicklungsbehörde zusammenfassen. Der Bericht sollte alle relevanten Informationen enthalten, die der Abwicklungsbehörde von Nutzen sein könnten.
- (17)
- Um für eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung zu sorgen, sollte der Bewerter die Auswirkungen jeder Abwicklungsmaßnahme, die von der Abwicklungsbehörde vermutlich ergriffen wird, auf die Bewertung beurteilen und gegebenenfalls die Abwicklungsbehörde konsultieren, damit derartigen Auswirkungen Rechnung getragen wird. Der Bewerter sollte ferner mit der Abwicklungsbehörde Rücksprache halten können, um die verschiedenen in Betracht gezogenen Abwicklungsmaßnahmen zu ermitteln. Falls nötig, sollte der Bewerter separate Bewertungen vorlegen können, aus denen die Auswirkungen einer Reihe möglichst unterschiedlicher Abwicklungsmaßnahmen hervorgehen.
- (18)
- Aus ebendiesen Gründen sollten Bewertungen, anhand deren die zuständige Behörde oder die Abwicklungsbehörde eine fundierte Feststellung treffen soll, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, mit dem anwendbaren Rechnungslegungs- und Aufsichtsrahmen im Einklang stehen. Der Bewerter sollte jedoch von den Annahmen der Leitung der CCP abweichen können, auf deren Grundlage die Jahresabschlüsse erstellt werden, soweit dies mit dem anwendbaren Rechnungslegungs- und Aufsichtsrahmen zu vereinbaren ist.
- (19)
- Es sollte Regeln geben, die sicherstellen, dass die Bewertung, anhand derer eine fundierte Entscheidung über Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden soll, fair, vorsichtig und realistisch ist, damit gewährleistet ist, dass alle Verluste zum Zeitpunkt der Anwendung der Abwicklungsinstrumente in vollem Umfang erfasst werden. Für die von der Abwicklungsbehörde in Betracht gezogenen Abwicklungsmaßnahmen sollte die am besten geeignete Bemessungsgrundlage gewählt werden.
- (20)
- Bewertungen, die eine fundierte Entscheidung über die Auswahl und Gestaltung von Abwicklungsmaßnahmen ermöglichen sollen, sollten nicht auf den Buchwert, sondern auf den wirtschaftlichen Wert der CCP abstellen. Diese Bewertungen sollten den Barwert der vernünftigerweise zu erwartenden Zahlungsströme der CCP berücksichtigen, selbst wenn dazu vom Rechnungslegungsrahmen oder dem aufsichtsrechtlichen Bewertungsrahmen abgewichen werden muss. Solche Bewertungen sollten zudem der Tatsache Rechnung tragen, dass sich Zahlungsströme auch dann ergeben können, wenn die Vermögenswerte weiter gehalten werden; sie sollten aber auch die möglichen Auswirkungen der Abwicklung auf künftige Zahlungsströme berücksichtigen. Ist die CCP nicht in der Lage, die Vermögenswerte zu halten, oder ist ihre Veräußerung für die Erreichung der Abwicklungsziele erforderlich oder hilfreich, sollte die Bewertung die Tatsache widerspiegeln, dass sich Zahlungsströme während eines bestimmten Veräußerungszeitraums auch durch die Veräußerung von Vermögenswerten, Verbindlichkeiten oder Geschäftsbereichen ergeben könnten.
- (21)
- Der Veräußerungswert sollte generell dem beobachtbaren Marktpreis entsprechen, der am Markt für einen bestimmten Vermögenswert oder eine bestimmte Gruppe von Vermögenswerten erzielt werden könnte, wobei gegebenenfalls auch ein angemessener Abschlag angewandt werden könnte, der sich nach der zu übertragenden Menge von Vermögenswerten richtet. Der Bewerter sollte jedoch die Möglichkeit haben, bei der Ermittlung des Veräußerungswerts einen Abschlag auf diesen beobachtbaren Marktpreis anzuwenden, um einem möglichen beschleunigten Verkauf Rechnung zu tragen, soweit dies hinsichtlich der im Rahmen des Abwicklungssystems vorgesehenen Maßnahmen angemessen ist. Gibt es für die Vermögenswerte keinen liquiden Markt, sollte der Veräußerungswert anhand beobachtbarer Preise an Märkten, an denen ähnliche Vermögenswerte gehandelt werden, oder anhand von Modellrechnungen mithilfe beobachtbarer Marktparameter berechnet werden, wobei aufgrund der Illiquidität gegebenenfalls Abschläge anzuwenden sind. Wird das Instrument der Unternehmensveräußerung oder das Instrument der Brücken-CCP in Betracht gezogen, sollte es möglich sein, bei der Ermittlung des Veräußerungswerts angemessene Erwartungen für den Franchise-Wert heranzuziehen.
- (22)
- Damit die Berechnung des Schätzwerts für die Behandlung, die jede Klasse von Anteilseignern und Gläubigern bei Abwicklung des Instituts oder des Unternehmens im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens zu erwarten gehabt hätte, gemäß Artikel 25 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/23 und die Bewertung nach der Abwicklung gemäß Artikel 61 der genannten Verordnung nach einer einheitlichen Methode erfolgen, ist es wichtig, dass der Bewerter möglichst die für letztere Bewertung festgelegten Kriterien anwendet.
- (23)
- Eine vorläufige Bewertung gemäß Artikel 26 der Verordnung (EU) 2021/23, die die Grundlage für die Entscheidung über angemessene Abwicklungsmaßnahmen bildet, muss einen Puffer umfassen, der dem Betrag zusätzlicher Verluste möglichst nahekommt. Dieser Puffer sollte auf einer fairen, vorsichtigen und realistischen Schätzung der zusätzlichen Verluste beruhen. Die bei der Berechnung des Puffers zugrunde gelegten Entscheidungen und Annahmen sollten im Bewertungsbericht umfassend erläutert und belegt werden.
- (24)
- Die Abwicklungsbehörde sollte sich bei ihrer vorzunehmenden Bewertung, einschließlich der Frage, ob die in Artikel 22 der Verordnung (EU) 2021/23 festgelegten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, von dem Puffer nicht beeinflussen lassen, ebenso wenig bei ihrer fundierten Entscheidung über die zu ergreifenden angemessenen Abwicklungsmaßnahmen.
- (25)
- Die Bewertung nach Artikel 61 der Verordnung (EU) 2021/23 ist von einem Bewerter vorzunehmen, der die in Artikel 25 der genannten Verordnung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, und erfolgt möglichst zeitnah nach der Abwicklungsmaßnahme beziehungsweise den Abwicklungsmaßnahmen, wobei ihre vollständige Durchführung durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen könnte. Die Bewertung sollte auf den verfügbaren Informationen beruhen, die für den Zeitpunkt von Relevanz sind, an dem die Entscheidung zur Abwicklung einer CCP getroffen wird, um besonderen Umständen, wie zum Zeitpunkt des Abwicklungsbeschlusses herrschenden angespannten Marktbedingungen, in geeigneter Weise Rechnung zu tragen. Nach dem Zeitpunkt des Abwicklungsbeschlusses beschaffte Informationen sollten nur dann herangezogen werden, wenn nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt bekannt waren.
- (26)
- Der Bewerter sollte im Interesse einer umfassenden und glaubwürdigen Bewertung Zugang zu jeglichen sachdienlichen rechtlichen Unterlagen erhalten, unter anderem zu einer Liste aller identifizierbarer Vermögenswerte, gegen das Unternehmen bestehender Forderungen, Eventualforderungen und bedingter Forderungen, die nach ihrer Priorität in regulären Insolvenzverfahren gereiht werden. Dem Bewerter sollte gestattet sein, Vorkehrungen zu treffen, um sich nach Maßgabe der Umstände von Spezialisten beraten zu lassen oder auf deren Fachwissen zurückzugreifen.
- (27)
- Der Bewerter sollte zwecks Feststellung der Behandlung, die Anteilseigner, Clearingmitglieder und andere Gläubiger erhalten hätten, wenn die CCP im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens abgewickelt worden wäre, den abgezinsten Betrag der erwarteten Zahlungsströme bewerten, den jeder Anteilseigner, jedes Clearingmitglied und jeder andere Gläubiger im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens nach vollständiger Anwendung der geltenden vertraglichen Verpflichtungen und anderer in den Betriebsvorschriften der CCP enthaltener Regelungen erhalten hätte. Der Bewerter sollte jede außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln für die CCP oder Liquiditätshilfe der Zentralbank, die auf der Grundlage nicht standardisierter Bedingungen in Bezug auf Besicherung, Laufzeit und Zinskonditionen gewährt wird, außer Acht lassen.
- (28)
- Der Bewerter sollte zudem eine wirtschaftlich plausible Schätzung der unmittelbaren Wiederbeschaffungskosten berücksichtigen, die Clearingmitgliedern im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens entstanden wären. Das sollte die Kosten beinhalten, die bei der Wiederbeschaffung von Transaktionen anfallen, die vor der Insolvenz bei der CCP offen waren, einschließlich Kredit-, Liquiditäts- und Transaktionskosten, sowie Betriebskosten im Zusammenhang mit neuen Verbindungen zu einer anderen Gegenpartei und alle wesentlichen Kosten der Finanzierung der mit diesen Transaktionen verbundenen neuen Anforderungen an die Sicherheiten.
- (29)
- Die Bestimmungen dieser Verordnung sind eng miteinander verknüpft, da sie sich mit den Umständen und der Methodik für die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Abwicklung einer CCP befassen. Um zwischen diesen Bestimmungen, die gleichzeitig in Kraft treten sollten, Kohärenz sicherzustellen und den Abwicklungsprozess zu erleichtern, müssen CCP, Clearingmitglieder und deren Kunden, Behörden und Marktteilnehmer einschließlich gebietsfremder Anleger ihre Rechte und Pflichten kennen und zentral auf Informationen darüber zugreifen können. Aus diesem Grund sollten die nach Artikel 25 Absatz 6, Artikel 26 Absatz 4 und Artikel 61 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/23 erforderlichen einschlägigen technischen Regulierungsstandards in einer einzigen Verordnung zusammengefasst werden.
- (30)
- Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vorgelegt wurde.
- (31)
- Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(3) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1.
- (2)
Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).
- (3)
Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.