Artikel 1 VO (EU) 2023/1668

Risiko einer ungeordneten Abwicklung

(1) Wenn die zuständigen Behörden eine Wertpapierfirma gemäß Artikel 36 der Richtlinie (EU) 2019/2034 ihrem aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsverfahren unterziehen, messen sie unter Berücksichtigung der Rechtsform, des Geschäftsmodells, der Geschäfts- und Risikostrategie sowie des Umfangs und der Komplexität der Tätigkeiten dieser Firma das Risiko einer ungeordneten Abwicklung und bestimmen den Kapitalbetrag, der für diese Firma als angemessen zu betrachten wäre, um sie unter Zugrundelegung plausibler Szenarien geordnet abwickeln zu können.

(2) Die in Absatz 1 genannte Messung muss der Komplexität, dem Risikoprofil und dem Umfang der Tätigkeiten der Wertpapierfirma sowie den potenziellen Auswirkungen ihrer Abwicklung auf Kunden und Märkte angemessen sein und Folgendes umfassen:

a)
die Schätzung eines realistischen Zeitrahmens für die Abwicklung der Wertpapierfirma,
b)
eine Einschätzung der operativen und rechtlichen Aufgaben der Wertpapierfirma während des Abwicklungsprozesses, wobei ein realistischer Zeitrahmen zugrundezulegen ist,
c)
die Ermittlung und Bemessung der wesentlichen fixen und variablen Kosten,
d)
die Ermittlung und Einschätzung der wesentlichen Risiken oder Risikokomponenten, die während des Abwicklungsprozesses eintreten könnten,
e)
jeden anderen für den Abwicklungsprozess relevanten Aspekt.

(3) In Fällen, in denen die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1) Anwendung findet, berücksichtigen die zuständigen Behörden für die Zwecke des Absatzes 2 Buchstaben b und c die Informationen, die zu Sanierungsmaßnahmen und Regelungen für die Unternehmensführung im Sanierungs- oder Gruppensanierungsplan der Wertpapierfirma verfügbar sind, wenn sie diese für hinreichend glaubwürdig und zuverlässig halten.

(4) Bei Wertpapierfirmen, die der in Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2019/2034 festgelegten Anfangskapitalanforderung unterliegen, beziehen die zuständigen Behörden in ihre Bewertung Folgendes ein:

a)
für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe c die mit einer Schließung verbundenen Kosten, einschließlich Prozesskosten,
b)
für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe d die im Zusammenhang mit dem Abwicklungsprozess erwarteten Erlösausfälle und Verluste beim Nettoveräußerungswert der Vermögenswerte.

(5) Die zuständigen Behörden ermitteln und quantifizieren die wesentlichen Kosten, Risiken oder Risikokomponenten und bestimmen gemäß den Absätzen 1 und 2 das Kapital, das für deren Absorbierung als angemessen betrachtet wird.

Die zuständigen Behörden verwenden die in Artikel 6 Absatz 1 genannten maßgeblichen qualitativen Richtwerte und kombinieren diese mit einer statischen und historischen Trendanalyse, wobei sie sich gegebenenfalls auf ihr fachliches Urteil stützen.

(6) Das zur Abdeckung des Risikos einer ungeordneten Abwicklung einer Wertpapierfirma als angemessen betrachtete Kapital, das nach diesem Artikel bemessen wird, entspricht zumindest der gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2019/2033 berechneten Anforderung für fixe Gemeinkosten, die diese Wertpapierfirma erfüllen muss.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

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