Artikel 5 VO (EU) 2023/2405
Betankungspflicht für Luftfahrzeugbetreiber
(1) Die jährliche Menge an Flugkraftstoff, die von einem bestimmten Luftfahrzeugbetreiber an einem bestimmten Flughafen der Union getankt wird, muss mindestens 90 % des Jahresbedarfs an Flugkraftstoff des Luftfahrzeugbetreibers decken.
(2) Ein Luftfahrzeugbetreiber kann den in Absatz 1 genannten Schwellenwert unterschreiten, wenn dies aus Gründen der Einhaltung der geltenden Kraftstoffsicherheitsvorschriften erforderlich ist. In solchen Fällen muss der betreffende Luftfahrzeugbetreiber gegenüber der/den in Artikel 11 Absatz 6 genannten zuständigen Behörde(n) und der Agentur hinreichend begründen, warum dieser Schwellenwert unterschritten wurde, und auch die davon betroffenen Strecken angeben. Diese Informationen müssen in den Bericht gemäß Artikel 8 aufgenommen werden. Die entsprechenden Kraftstoffmengen sind gemäß Artikel 8 getrennt zu melden.
(3) In Ausnahmefällen kann ein Luftfahrzeugbetreiber in hinreichend begründeten Fällen bei der/den in Artikel 11 Absatz 6 genannten zuständigen Behörde(n) beantragen, dass er für Flüge auf einer bestimmten bestehenden oder neuen von einem Flughafen der Union abgehenden Strecke von weniger als 850 km oder 1200 km bei Strecken zur Anbindung von Flughäfen auf Inseln ohne Schienen- oder Straßenverbindungen von der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels festgelegten Verpflichtung vorübergehend befreit wird. Diese Entfernung wird nach der Methode der Großkreisentfernung ermittelt.
Ein solcher Antrag muss mindestens drei Monate vor dem geplanten Anwendungszeitpunkt der Befreiung gestellt werden und mit einer detaillierten und angemessenen Begründung versehen sein. Diese Befreiung sollte auf folgende Situationen beschränkt sein:
- a)
- schwerwiegende und wiederholt auftretende betriebliche Schwierigkeiten beim Betanken von Luftfahrzeugen an dem betreffenden Flughafen der Union, die die Luftfahrzeugbetreiber an der Durchführung von Turnaround-Flügen innerhalb einer angemessenen Frist hindern, oder
- b)
- strukturelle Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Flugkraftstoff aufgrund der geografischen Merkmale eines bestimmten Flughafens der Union, die insbesondere aufgrund spezifischer Beschränkungen des Kraftstofftransports oder der begrenzten Verfügbarkeit von Kraftstoffen an diesem Flughafen der Union zu wesentlich höheren Flugkraftstoffpreisen im Vergleich zu den durchschnittlich an anderen Flughäfen der Union bei ähnlichen Arten von Flugkraftstoffen angewandten Preisen führen und für den betreffenden Luftfahrzeugbetreiber im Vergleich zu den Marktbedingungen an anderen Flughäfen der Union mit ähnlichen Wettbewerbsmerkmalen einen erheblichen Wettbewerbsnachteil bedeuten.
(4) Die zuständige(n) Behörde(n) prüft/prüfen den Antrag. Sie kann/können auf der Grundlage der vorgelegten Begründung zusätzliche Informationen anfordern.
(5) Die zuständige(n) Behörde(n) entscheidet/entscheiden unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat vor dem Anwendungszeitpunkt der geplanten Befreiung über den Antrag. Wenn die zuständige(n) Behörde(n) zusätzliche Informationen gemäß Absatz 4 anfordert/anfordern, wird die Frist für die Entscheidung der Behörde(n) ausgesetzt, bis der Luftfahrzeugbetreiber vollständige Informationen übermittelt hat.
Die gewährte Befreiung hat eine befristete Geltungsdauer von höchstens einem Jahr; danach wird sie auf Antrag des Luftfahrzeugbetreibers überprüft.
(6) Die zuständige(n) Behörde(n) entscheidet/entscheiden darüber, ob der gemäß Absatz 3 gestellte erste Antrag auf Befreiung anzunehmen oder abzulehnen ist. Ist eine solche Entscheidung nicht innerhalb der in Absatz 5 genannten Frist ergangen, so wird keine Entscheidung fingiert, mit der die beantragte Befreiung genehmigt wird. Ist nicht spätestens einen Monat vor dem Zeitpunkt der geplanten Erneuerung eine Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung einer bestehenden Befreiung ergangen, sofern dieser Antrag mit einer detaillierten und angemessenen Begründung versehen ist, gilt die Genehmigung der weiteren Anwendung der beantragten Befreiung als erteilt.
(7) Der Luftfahrzeugbetreiber hat das Recht, gegen eine Entscheidung der zuständigen Behörde(n), mit der ein Antrag auf Befreiung abgelehnt wird, einen Rechtsbehelf einzulegen.
(8) Die zuständige(n) Behörde(n) übermittelt/übermitteln der Kommission die Liste der genehmigten und abgelehnten Befreiungen unter Angabe der Gründe für ihre Entscheidung und Vorlage der Bewertung, auf die sie sich stützen. Die Kommission veröffentlicht die Liste der genehmigten Befreiungen und aktualisiert sie mindestens einmal jährlich.
(9) Die Kommission kann — auf eine schriftlich eingereichte Beschwerde eines Mitgliedstaats, eines Luftfahrzeugbetreibers, des Leitungsorgans des betreffenden Flughafens der Union oder eines Flugkraftstoffanbieters hin oder von sich aus — nach der Bewertung der Begründung, die für die anhand der in Absatz 3 dieses Artikels festgelegten Kriterien gemäß Artikel 5 dieses Artikels gewährte Befreiung vorgelegt wurde, Durchführungsrechtsakte erlassen, mit denen die zuständige Behörde(n) auffordert wird/werden, eine Entscheidung zur Aufhebung der betreffenden Befreiung mit Beginn ab der nächsten Flugplanperiode im Sinne von Artikel 2 Buchstabe d der Verordnung (EWG) Nr. 95/93(1) zu treffen. Beginnt diese Flugplanperiode weniger als zwei Monate nach der Veröffentlichung der Entscheidung, so gilt die Entscheidung zur Aufhebung der Befreiung ab dem Beginn der darauffolgenden Flugplanperiode. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 16 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.
(10) Um die in Absatz 9 genannten Durchführungsrechtsakte erlassen zu können, kann die Kommission alle erforderlichen Informationen von den Mitgliedstaaten und Luftfahrzeugbetreibern anfordern. Die Mitgliedstaaten und Luftfahrzeugbetreiber stellen diese Informationen unverzüglich bereit. Die Mitgliedstaaten erleichtern die Bereitstellung von Informationen durch Luftfahrzeugbetreiber.
(11) Die Kommission erlässt bis zum 1. September 2024 Leitlinien für die Anwendung der in diesem Artikel genannten Befreiungen. Diese Leitlinien müssen Elemente enthalten, die ein Luftfahrzeugbetreiber zur Begründung dieser Befreiungen anführen muss.
Fußnote(n):
- (1)
Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft (ABl. L 14 vom 22.1.1993, S. 1).
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