Artikel 11 VO (EU) 2023/2675
Kriterien für die Auswahl und Gestaltung von Reaktionsmaßnahmen der Union
(1) Reaktionsmaßnahmen der Union müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht über das Maß des von der Union erlittenen Schadens hinausgehen, wobei die Schwere des wirtschaftlichen Zwangs, seine wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Union oder einen Mitgliedstaat und die Rechte der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind.
(2) Die Kommission wählt und gestaltet geeignete Reaktionsmaßnahmen der Union auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der nach Artikel 13 eingeholten Informationen, und unter Berücksichtigung der nach Artikel 5 getroffenen Feststellung, der in Artikel 2 Absatz 2 festgelegten Kriterien, der Feststellung des Interesses der Union gemäß Artikel 9, jedweder einschlägiger Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union sowie der folgenden Kriterien:
- a)
- die Wirksamkeit der Reaktionsmaßnahmen der Union im Hinblick auf die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und — sofern verlangt — die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens,
- b)
-
die Vermeidung oder Minimierung negativer Auswirkungen auf
- i)
- die angesichts unter anderem der Verfügbarkeit von Alternativen für die betroffenen Akteure, wie alternative Bezugsquellen für Waren oder Dienstleistungen, von den Reaktionsmaßnahmen der Union betroffenen Akteure der Union,
- ii)
- das Investitionsumfeld in der Union oder in einem Mitgliedstaat, einschließlich der Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und die Regionalentwicklungspolitik,
- c)
- die Vermeidung oder Minimierung negativer Auswirkungen auf die Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung durch den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums als Mittel zur Förderung von Innovation und einer wissensbasierten Wirtschaft in der Union oder in einem Mitgliedstaat,
- d)
- das Potenzial, Abhilfe für Wirtschaftsbeteiligte der Union zu schaffen, die vom wirtschaftlichen Zwang betroffen sind,
- e)
- die Vermeidung oder Minimierung negativer Auswirkungen der Reaktionsmaßnahmen der Union auf die Politik oder die Ziele der Union,
- f)
- die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands und unverhältnismäßiger Kosten durch Anwendung der Reaktionsmaßnahmen der Union,
- g)
- das Vorhandensein und die Art von Reaktionsmaßnahmen von Drittländern, die von demselben oder einem ähnlichen wirtschaftlichen Zwang betroffen sind, gegebenenfalls einschließlich Koordinierung nach Artikel 7,
- h)
- andere im Völkerrecht verankerte relevante Kriterien.
Bei der Auswahl der Reaktionsmaßnahmen der Union gibt die Kommission jenen Maßnahmen den Vorzug, mit denen die Einhaltung der in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b festgelegten Kriterien am wirksamsten sichergestellt wird.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 erwägt die Kommission bei der Auswahl und Gestaltung einer geeigneten Reaktionsmaßnahme, die sich auf ein Verfahren auswirkt, bei dem eine Behörde in der Union einer natürlichen oder juristischen Person für die Zwecke ihrer Geschäftstätigkeit Genehmigungen, Registrierungen, Lizenzen oder andere Rechte erteilt, die Annahme von Reaktionsmaßnahmen der Union in der folgenden Rangfolge:
- a)
- Maßnahmen betreffend Verfahren, die nach Inkrafttreten des in Artikel 8 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts eingeleitet wurden,
- b)
- wenn keine Maßnahmen gemäß Buchstabe a dieses Absatzes zur Verfügung stehen, Maßnahmen betreffend Verfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des in Artikel 8 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakts noch nicht abgeschlossen sind.
Sind keine der in Unterabsatz 1 genannten Maßnahmen möglich, so kann die Kommission unter außergewöhnlichen Umständen andere Reaktionsmaßnahmen in Betracht ziehen, wenn durch das Einholen von Informationen und Ansichten gemäß Artikel 13 nachgewiesen wurde, dass diese anderen Maßnahmen Wirksamkeit sicherstellen würden, ohne sich in unverhältnismäßiger Weise auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige oder die Endverbraucher in der Union auszuwirken oder im Hinblick auf die Verwaltung der betreffenden nationalen Vorschriften zu einem unverhältnismäßigen Aufwand zu führen.
Bei der Auswahl und Gestaltung einer in Unterabsatz 1 genannten Reaktionsmaßnahme der Union berücksichtigt die Kommission den Grad der Harmonisierung und gibt Maßnahmen den Vorzug, die Verfahren betreffen, die unionsweit oder in einem Bereich angewandt werden, in dem umfassende Rechtsvorschriften der Union vorliegen.
Die in Unterabsatz 1 genannten Reaktionsmaßnahmen der Union, auf die in Unterabsatz 1 Bezug genommen wird, dürfen nicht in Verwaltungsentscheidungen der Behörden der Union und der Mitgliedstaaten, die auf der Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse beruhen, eingreifen.
(4) Soweit dies erforderlich ist, um das Ziel der vorliegenden Verordnung zu erreichen, kann die Kommission Reaktionsmaßnahmen der Union ergreifen, die sich auf den Zugang von ausländischen Direktinvestitionen in die Union oder den Handel mit Dienstleistungen auswirken, und die auf Dienstleistungen oder Direktinvestitionen Anwendung finden, die innerhalb der Union von einer oder mehreren in der Union niedergelassenen und im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen aus dem Drittland stehenden juristischen Personen erbracht bzw. getätigt wurden.
Die Kommission ergreift solche Reaktionsmaßnahmen der Union, wenn das Ziel der vorliegenden Verordnung ohne ihre Anwendung auf solche Dienstleistungen oder Direktinvestitionen nicht erreicht werden könnte, insbesondere wenn die Wirkung von Reaktionsmaßnahmen der Union von dem betroffenen Drittland oder der betroffenen Person vermieden oder umgangen werden könnte.
Bei der Beurteilung, ob Reaktionsmaßnahmen der Union ergriffen werden sollen, berücksichtigt die Kommission neben den in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Kriterien unter anderem Folgendes:
- a)
- die Handelsströme bei den Dienstleistungen und die Investitionsmuster in dem Sektor, auf den die vorgesehenen Reaktionsmaßnahmen der Union abzielen, und das Risiko der Umgehung oder Unterlaufung von Reaktionsmaßnahmen der Union, die für in der Union erbrachte Dienstleistungen oder getätigte Direktinvestitionen nicht gelten, seitens des betroffenen Drittlandes oder der betroffenen Person,
- b)
- den möglichen tatsächlichen Beitrag solcher in Unterabsatz 1 genannten Reaktionsmaßnahmen der Union zu der Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und der Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens,
- c)
- das Vorliegen alternativer Maßnahmen, mit denen die Beendigung des wirtschaftlichen Zwangs und die Wiedergutmachung des von der Union erlittenen Schadens bewirkt werden können und die üblicherweise zur Verfügung stehen und den Dienstleistungshandel oder die Investitionen in der Union weniger beschränken.
Die Ergreifung von Reaktionsmaßnahmen der Union muss in dem in Artikel 8 Absatz 1 genannten Durchführungsrechtsakt unter Berücksichtigung der in diesem Absatz festgelegten Kriterien hinreichend begründet werden.
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