ANHANG IV VO (EU) 2023/956

Methoden für die Berechnung grauer Emissionen für die Zwecke von Artikel 7

1.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Für die Zwecke dieses Anhangs und der Anhänge V und VI bezeichnet der Ausdruck
a)
„einfache Waren” Waren, die im Rahmen eines Herstellungsverfahrens erzeugt werden, für das ausschließlich Vormaterialien (Vorläuferstoffe) und Brennstoffe benötigt werden, die keine grauen Emissionen beinhalten;
b)
„komplexe Waren” andere Waren als einfache Waren;
c)
„spezifische graue Emissionen” die grauen Emissionen einer Tonne Waren, ausgedrückt als Tonnen an CO2e-Emissionen (CO2-Äquivalent) pro Tonne Waren;
d)
CO2-Emissionsfaktor den gewichteten Durchschnitt der CO2-Intensität von aus fossilen Brennstoffen innerhalb eines geografischen Gebiets erzeugtem Strom; der CO2-Emissionsfaktor ist der Quotient aus den CO2-Emissionsdaten des Stromsektors durch die Bruttostromerzeugung aus fossilen Brennstoffen in dem jeweiligen geografischen Gebiet. Er wird ausgedrückt in Tonnen CO2 pro Megawattstunde;
e)
„Emissionsfaktor für Strom” den in CO2e ausgedrückten Standardwert für die Emissionsintensität des bei der Herstellung von Waren verbrauchten Stroms;
f)
„Strombezugsvertrag” einen Vertrag in dessen Rahmen sich eine Person bereit erklärt, Strom unmittelbar von einem Stromerzeuger zu beziehen;
g)
„Übertragungsnetzbetreiber” einen Betreiber im Sinne von Artikel 2 Nummer 35 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates(1).

2.
BESTIMMUNG DER TATSÄCHLICHEN GRAUEN EMISSIONEN EINFACHER WAREN

Für die Bestimmung der spezifischen tatsächlichen grauen Emissionen einfacher Waren, die in einer bestimmten Anlage hergestellt werden, werden direkte und gegebenenfalls indirekte Emissionen berücksichtigt. Hierfür ist die folgende Gleichung anzuwenden: SEEgAttrEmgALg Hierbei sind:
SEEg
die spezifischen grauen Emissionen (specific embedded emissions) von Waren (goods) g ausgedrückt in CO2e pro Tonne;
AttrEmg
die zugeordneten Emissionen (attributed emissions) von Waren g und
ALg
die Aktivitätsrate (activity level) der Waren, wobei letztere die Menge der im Berichtszeitraum in der Anlage hergestellten Waren ist.
„zugeordnete Emissionen” sind der Teil der Emissionen der Anlage im Berichtszeitraum, die durch das Verfahren zur Herstellung der Waren g verursacht werden, wenn die Systemgrenzen des Herstellungsverfahrens gemäß den nach Artikel 7 Absatz 7 erlassenen Durchführungsrechtsakten angewandt werden. Für die Berechnung der zugeordneten Emissionen ist folgende Gleichung anzuwenden: AttrEmgDirEmIndir Em Hierbei sind:
DirEm
die aus dem Herstellungsverfahren bedingten direkten Emissionen ausgedrückt in Tonnen CO2e innerhalb der Systemgrenzen gemäß dem nach Artikel 7 Absatz 7 erlassenen Durchführungsrechtsakt, und
IndirEm
die aus der Erzeugung von Strom, der bei der Herstellung von Waren verbraucht wird, bedingten indirekten Emissionen ausgedrückt in Tonnen CO2e innerhalb der Systemgrenzen gemäß dem nach Artikel 7 Absatz 7 erlassenen Durchführungsrechtsakt.

3.
BESTIMMUNG DER TATSÄCHLICHEN GRAUEN EMISSIONEN KOMPLEXER WAREN

Für die Bestimmung der spezifischen tatsächlichen grauen Emissionen komplexer Waren, die in einer bestimmten Anlage hergestellt werden, ist die folgende Gleichung anzuwenden: SEEgAttrEmgEEInpMatALg Hierbei sind:
AttrEmg
die zugeordneten Emissionen (attributed emissions) von Waren (goods) g;
ALg
die Aktivitätsrate von Waren (activity level of the goods), was die Menge der im Berichtszeitraum in dieser Anlage hergestellten Waren ist, und
EEInpMat
die grauen Emissionen von Vormaterialien (Vorläuferstoffen) (embedded emissions of the input materials), die während des Herstellungsverfahrens verwendet wurden. Es sind nur Vormaterialien (Vorläuferstoffe) zu berücksichtigen, die als relevant für die Systemgrenzen des Herstellungsverfahrens gemäß dem Durchführungsrechtsakt nach Artikel 7 Absatz 7 aufgeführt sind. Die relevanten grauen Emissionen von Vormaterialien (EEInpMat) sind wie folgt zu berechnen:
EEImpMatni1Mi·SEEi Hierbei sind:
Mi
die Masse des Vormaterials (Vorläuferstoff) (input material) i, das im Rahmen des Herstellungsverfahrens verwendet wird, und
SEEi
(specific embedded emissions) die spezifischen grauen Emissionen des Vormaterials (Vorläuferstoffs) i. Für SEEi verwendet der Anlagenbetreiber den Wert der Emissionen aus der Anlage, in der das Vormaterial (Vorläuferstoffs) hergestellt wurde, sofern die Daten dieser Anlage hinreichend gemessen werden können.

4.
BESTIMMUNG DER STANDARDWERTE GEMÄẞ ARTIKEL 7 ABSÄTZE 2 UND 3

Zur Bestimmung der Standardwerte dürfen für die Bestimmung der grauen Emissionen nur tatsächliche Werte verwendet werden. Liegen keine tatsächlichen Daten vor, so sind Literaturwerte zu verwenden. Die Kommission veröffentlicht vor der Erhebung der Daten eine Orientierungshilfe bezüglich des Ansatzes zur Berichtigung der als Verfahrens-Input genutzten Abgase oder Treibhausgase, die zur Bestimmung der jeweiligen Standardwerte für die Waren in Anhang I erforderlich sind. Standardwerte sind auf der Grundlage der besten verfügbaren Daten festzulegen. Die besten verfügbaren Daten stützen sich auf zuverlässige und öffentlich zugängliche Informationen. Standardwerte sind regelmäßig im Wege der nach Artikel 7 Absatz 7 erlassenen Durchführungsrechtsakte auf der Grundlage der aktuellsten und zuverlässigsten Informationen zu überprüfen, einschließlich Informationen, die von einem Drittland oder einer Gruppe von Drittländern zur Verfügung gestellt werden.

4.1.
Standardwerte gemäß Artikel 7 Absatz 2

Wenn die tatsächlichen Emissionen vom zugelassenen CBAM-Anmelder nicht hinreichend bestimmt werden können, sind Standardwerte zu verwenden. Diese Werte entsprechen der durchschnittlichen Emissionsintensität eines jeden Ausfuhrlandes und für jede der in Anhang I aufgeführten Waren außer Strom zuzüglich eines proportional gestalteten Aufschlags. Dieser Aufschlag wird gemäß den nach Artikel 7 Absatz 7 erlassenen Durchführungsrechtsakten bestimmt und in einer angemessenen Höhe festgelegt, um für die Umweltintegrität des CBAM zu sorgen, wobei auf die aktuellsten und verlässlichsten Informationen, auch auf Grundlage der während des Übergangszeitraums gesammelten Informationen, zurückgegriffen wird. Können für das Ausfuhrland keine zuverlässigen Daten für eine bestimmte Warenart herangezogen werden, so basieren die Standardwerte auf der durchschnittlichen Emissionsintensität der X % der EU-EHS-Anlagen mit der schlechtesten Leistung für diese Art von Waren. Der Wert für X wird in den nach Artikel 7 Absatz 7 erlassenen Durchführungsrechtsakten bestimmt und in einer angemessenen Höhe festgelegt, um für die Umweltintegrität des CBAM zu sorgen, wobei auf die aktuellsten und verlässlichsten Informationen, auch auf Grundlage der während des Übergangszeitraums gesammelten Informationen, zurückgegriffen wird.

4.2.
Standardwerte für eingeführten Strom gemäß Artikel 7 Absatz 3

Die Standardwerte für eingeführten Strom sind für ein Drittland, eine Gruppe von Drittländern oder eine Region innerhalb eines Drittlands entweder auf der Grundlage spezifischer Standardwerte gemäß Abschnitt 4.2.1 oder, wenn solche Werte nicht verfügbar sind, auf der Grundlage alternativer Standardwerte gemäß Abschnitt 4.2.2 zu bestimmen. Wird der Strom in einem Drittland, einer Gruppe von Drittländern oder einer Region innerhalb eines Drittlands erzeugt und durch Drittländer, Gruppen von Drittländern oder Regionen innerhalb eines Drittlands oder Mitgliedstaaten hindurch geleitet, um in die Union eingeführt zu werden, sind als Standardwerte diejenigen des Drittlands, der Gruppe von Drittländern oder der Region innerhalb eines Drittlands, wo der Strom erzeugt wurde, zu verwenden.

4.2.1.
Spezifische Standardwerte für ein Drittland, eine Gruppe von Drittländern oder eine Region innerhalb eines Drittlands

Die spezifischen Standardwerte werden in Höhe des CO2-Emissionsfaktors in dem Drittland, der Gruppe von Drittländern oder der Region innerhalb eines Drittlands auf Grundlage der besten der Kommission vorliegenden Daten festgelegt.

4.2.2.
Alternative Standardwerte

Liegt für ein Drittland, eine Gruppe von Drittländern oder eine Region innerhalb eines Drittlands kein spezifischer Standardwert vor, wird der alternative Standardwert für Strom in Höhe des CO2-Emissionsfaktors in der Union festgelegt. Kann auf der Grundlage verlässlicher Daten nachgewiesen werden, dass der CO2-Emissionsfaktor in einem Drittland, einer Gruppe von Drittländern oder einer Region innerhalb eines Drittlands niedriger als der von der Kommission bestimmte spezifische Standardwert oder niedriger als der CO2-Emissionsfaktor in der Union ist, kann für dieses Drittland, diese Gruppe von Drittländern oder diese Region innerhalb eines Drittlands ein alternativer Standardwert auf der Grundlage dieses CO2-Emissionsfaktors verwendet werden.

4.3
Standardwerte für indirekte graue Emissionen

Die Standardwerte für die indirekten grauen Emissionen einer in einem Drittland hergestellten Ware werden anhand eines Standardwerts des zur Herstellung dieser Ware verwendeten Stroms bestimmt, der entweder auf der Grundlage des durchschnittlichen Emissionsfaktors des Stromnetzes der Union, des durchschnittlichen Emissionsfaktors des Stromnetzes des Ursprungslandes oder des durchschnittlichen CO2-Emissionsfaktors von Preissetzungsquellen im Ursprungsland berechnet wird. Weist ein Drittland oder eine Gruppe von Drittländern gegenüber der Kommission auf der Grundlage verlässlicher Daten nach, dass der durchschnittliche Emissionsfaktor des Strommixes oder der durchschnittliche CO2-Emissionsfaktor der Preissetzungsquellen in diesem Drittland oder dieser Gruppe von Drittländern niedriger als der Standardwert für indirekte Emissionen ist, wird für dieses Drittland oder diese Gruppe von Drittländern ein alternativer Standardwert auf der Grundlage dieses durchschnittlichen CO2-Emissionsfaktors festgelegt. Die Kommission erlässt spätestens am 30. Juni 2025 einen Durchführungsrechtsakt gemäß Artikel 7 Absatz 7, in dem genauer festgelegt wird, welche der in Unterabsatz 1 festgelegten Berechnungsmethoden für die Berechnung der Standardwerte gelten. Zu diesem Zweck stützt sich die Kommission auf die aktuellsten und verlässlichsten Daten, einschließlich der während des Übergangszeitraums erhobenen Daten, in Bezug auf die Strommenge, die zur Herstellung der in Anhang I aufgeführten Waren eingesetzt wird, sowie das Ursprungsland, die Erzeugungsquelle und den CO2-Emissionsfaktor des verwendeten Stroms. Die spezifische Berechnungsmethode wird auf der Grundlage der Art und Weise festgelegt, die am besten geeignet ist, um die beiden folgenden Kriterien zu erfüllen:

Verhinderung einer Verlagerung von CO2-Emissionen,

Sicherstellung der Umweltintegrität des CBAM.

5.
BEDINGUNGEN FÜR DIE ANWENDUNG DER TATSÄCHLICHEN GRAUEN EMISSIONEN VON EINGEFÜHRTEM STROM

Ein zugelassener CBAM-Anmelder kann für die Berechnung nach Artikel 7 Absatz 3 die tatsächlichen grauen Emissionen anstelle von Standardwerten verwenden, wenn die folgenden kumulativen Kriterien erfüllt sind:
a)
Die Strommenge, für die die Verwendung tatsächlicher grauer Emissionen beantragt wird, wird von einem Strombezugsvertrag zwischen dem zugelassenen CBAM-Anmelder und einem in einem Drittland niedergelassenen Stromerzeuger abgedeckt;
b)
die Stromerzeugungsanlage ist entweder direkt an das Übertragungsnetz der Union angeschlossen oder es kann nachgewiesen werden, dass zum Zeitpunkt der Ausfuhr an keinem Punkt im Netzwerk zwischen der Anlage und dem Übertragungsnetz der Union ein physischer Netzwerkengpass bestand;
c)
die Stromerzeugungsanlage stößt Emissionen von nicht mehr als 550 g CO2 aus fossilen Brennstoffen je Kilowattstunde Strom aus;
d)
die Strommenge, für die die Verwendung der tatsächlichen grauen Emissionen beantragt wurde, wurde von allen zuständigen Übertragungsnetzbetreibern im Ursprungsland, im Bestimmungsland und, falls relevant, in jedem Transitland der jeweils zugeteilten Verbindungskapazität fest zugewiesen, und die ausgewiesene Kapazität und die Produktion des Stroms durch die Anlage betreffen denselben Zeitraum, der nicht länger als eine Stunde sein darf;
e)
die Erfüllung der genannten Kriterien wird durch einen zugelassenen Prüfer zertifiziert, der mindestens monatliche Zwischenberichte erhält, die die Erfüllung dieser Kriterien belegen.
Die im Rahmen des Strombezugsvertrags kumulierte Strommenge und die entsprechenden tatsächlichen grauen Emissionen werden bei der Berechnung des Länderemissionsfaktors bzw. des CO2-Emissionsfaktors, der für die Zwecke der Berechnung der indirekten grauen Stromemissionen von Waren gemäß Abschnitt 4.3 verwendet wird, nicht berücksichtigt.

6.
BEDINGUNGEN FÜR DIE ANWENDUNG DER TATSÄCHLICHEN GRAUEN EMISSIONEN FÜR INDIREKTE EMISSIONEN

Ein zugelassener CBAM-Anmelder kann für die Berechnung nach Artikel 7 Absatz 4 anstelle von Standardwerten tatsächliche graue Emissionen anwenden, wenn er eine direkte technische Verbindung zwischen der Anlage, in der die eingeführte Ware hergestellt wird, und der Stromerzeugungsquelle nachweisen kann oder wenn der Betreiber dieser Anlage mit einem in einem Drittland niedergelassenen Stromerzeuger einen Strombezugsvertrag über eine Strommenge abgeschlossen hat, die der Menge entspricht, für die die Verwendung eines bestimmten Werts beantragt wird.

7.
ANPASSUNG VON STANDARDWERTEN GEMÄSS ARTIKEL 7 ABSATZ 2 AUF DER GRUNDLAGE REGIONENSPEZIFISCHER MERKMALE

Standardwerte können an bestimmte Gebiete oder Regionen in Drittländern angepasst werden, die in Bezug auf objektive Emissionsfaktoren spezifische Merkmale aufweisen. Sind Daten, die an diese spezifischen lokalen Merkmale angepasst sind, verfügbar und können gezieltere Standardwerte festgelegt werden, so können letztere verwendet werden. Können Anmelder für Waren mit Ursprung in einem Drittland, einer Gruppe von Drittländern oder einer Region innerhalb eines Drittlands auf der Grundlage verlässlicher Daten nachweisen, dass alternative regionenspezifische angepasste Werte niedriger sind als die von der Kommission festgelegten Standardwerte, so können erstere verwendet werden.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125).

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