Artikel 11 VO (EU, Euratom) 2013/883
Untersuchungsberichte und Folgemaßnahmen
(1) Nach Abschluss einer vom Amt durchgeführten Untersuchung wird unter der verantwortlichen Leitung des Generaldirektors ein Bericht erstellt. Dieser Bericht gibt Aufschluss über die Rechtsgrundlage der Untersuchung, die durchgeführten Verfahrensschritte, den festgestellten Sachverhalt und seine vorläufige rechtliche Bewertung, die geschätzten finanziellen Auswirkungen des Sachverhalts, die Einhaltung der Verfahrensgarantien nach Artikel 9 sowie die Schlussfolgerungen der Untersuchung.
Dem Bericht werden gegebenenfalls Empfehlungen des Generaldirektors für Folgemaßnahmen beigefügt. In diesen Empfehlungen werden gegebenenfalls disziplinarische, verwaltungsrechtliche, finanzielle oder justizielle Maßnahmen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen sowie der zuständigen Behörden des betroffenen Mitgliedstaats genannt, wobei insbesondere Angaben zur geschätzten Höhe der wieder einzuziehenden Beträge sowie zur vorläufigen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts gemacht werden.
(2) Bei der Erstellung dieser in Absatz 1 genannten Berichte und Empfehlungen werden die einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts und, sofern anwendbar, des nationalen Rechts des betroffenen Mitgliedstaats berücksichtigt.
Auf der Grundlage von Absatz 1 erstellte Berichte, einschließlich sämtlicher diesen Berichten zugrunde liegenden und beigefügten Beweismittel, stellen in folgenden Fällen zulässige Beweismittel dar:
- a)
- in Gerichtsverfahren nicht strafrechtlicher Art vor nationalen Gerichten sowie in Verwaltungsverfahren in den Mitgliedstaaten;
- b)
- in der gleichen Weise und unter denselben Bedingungen wie die Verwaltungsberichte der Kontrolleure der nationalen Verwaltungen in den Strafverfahren des Mitgliedstaats, in dem sich ihre Verwendung als erforderlich erweist, und diese Berichte werden nach denselben Maßstäben beurteilt wie die Verwaltungsberichte der Kontrolleure der nationalen Verwaltungen und haben dieselbe Beweiskraft;
- c)
- in Gerichtsverfahren vor dem EuGH und in Verwaltungsverfahren der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen.
Die Mitgliedstaaten teilen dem Amt alle für die in Unterabsatz 2 Buchstabe b genannten Zwecke relevanten Bestimmungen ihres nationalen Rechts mit.
Im Hinblick auf Unterabsatz 2 Buchstabe b, übermitteln die Mitgliedstaaten dem Amt auf dessen Ersuchen die endgültige Entscheidung der nationalen Gerichte, sobald die betreffenden Gerichtsverfahren abgeschlossen und die endgültige Gerichtsentscheidung öffentlich geworden ist.
Die Befugnis des EuGH und der nationalen Gerichte sowie der für Verwaltungs- und Strafverfahren zuständigen Stellen zur Beurteilung der Beweiskraft der vom Amt erstellten Berichte bleibt von dieser Verordnung unberührt.
(2a) Das Amt trifft geeignete Maßnahmen, um für die gleichbleibende Qualität der in Absatz 1 genannten Berichte und der Empfehlungen Sorge zu tragen.
(3) Die nach Abschluss einer externen Untersuchung erstellten Berichte und Empfehlungen werden zusammen mit allen sachdienlichen Schriftstücken gemäß den für externe Untersuchungen geltenden Regelungen den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten sowie erforderlichenfalls dem betroffenen Organ, der betroffenen Einrichtung oder der betroffenen sonstigen Stelle übermittelt. Die zuständigen Behörden des betroffenen Mitgliedstaats und, gegebenenfalls, das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle treffen die gemäß den Ergebnissen der externen Untersuchung erforderlichen Folgemaßnahmen und unterrichten das Amt innerhalb der Frist, die in den dem Bericht beigefügten Empfehlungen gesetzt wurde, und zusätzlich auf Ersuchen des Amtes über die Folgemaßnahmen der Untersuchungen. Die Mitgliedstaaten können dem Amt die nationalen Behörden mitteilen, die für die Bearbeitung dieser Berichte, Empfehlungen und Schriftstücke zuständig sind.
(4) Die nach Abschluss einer internen Untersuchung erstellten Berichte und Empfehlungen werden zusammen mit allen sachdienlichen Schriftstücken dem betroffenen Organ, der betroffenen Einrichtung oder der betroffenen sonstigen Stelle übermittelt. Das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle ergreift die gemäß den Ergebnissen der internen Untersuchung erforderlichen Folgemaßnahmen insbesondere disziplinarrechtlicher und justizieller Art und unterrichtet das Amt innerhalb der Frist, die in den dem Bericht beigefügten Empfehlungen gesetzt wurde, und zusätzlich auf Ersuchen des Amtes über die Folgemaßnahmen der Untersuchungen.
(5) Werden in dem nach Abschluss einer internen Untersuchung erstellten Bericht Sachverhalte festgestellt, die eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen können, so wird dies – zusammen mit den Empfehlungen – den Justizbehörden des betroffenen Mitgliedstaats unverzüglich mitgeteilt; die Artikel 12c und 12d werden davon nicht berührt.
Nachdem das Amt Informationen gemäß Unterabsatz 1 dieses Absatzes übermittelt hat, unterrichten die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten das Amt auf dessen Ersuchen innerhalb der in den Empfehlungen festgesetzten Frist über etwaige getroffene Maßnahmen und gegebenenfalls über die Gründe für die nicht erfolgte Umsetzung der Empfehlungen.
(6) Auf Ersuchen des Amtes unterrichten die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten das Amt innerhalb einer angemessenen Frist über etwaige Maßnahmen, die sie nach Übermittlung der Empfehlungen des Generaldirektors gemäß Absatz 3 und nach Übermittlung etwaiger Informationen durch das Amt gemäß Absatz 5 ergriffen haben.
(7) Werden bis zum Ende einer Untersuchung keine Beweise gegen den Betroffenen gefunden, so schließt der Generaldirektor die Untersuchung hinsichtlich dieses Betroffenen unbeschadet des Absatzes 4 ab und setzt den Betroffenen binnen zehn Arbeitstagen hiervon in Kenntnis.
(8) Hat ein Hinweisgeber dem Amt Informationen übermittelt, die zu der Untersuchung geführt haben, so wird er vom Amt über den Abschluss der Untersuchung unterrichtet, es sei denn, dieses ist der Auffassung, dass die Informationen das berechtigte Interesse des Betroffenen verletzen und die Wirksamkeit der Untersuchung und ihrer Folgemaßnahmen beeinträchtigen oder gegen etwaige Vertraulichkeitsanforderungen verstoßen können.
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