Artikel 6 VO (EU, Euratom) 2014/1141
Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen
(1) Eine Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen (die „Behörde” ) wird hiermit zum Zweck der Eintragung, Kontrolle und Sanktionierung von europäischen politischen Parteien und europäischen politischen Stiftungen im Einklang mit dieser Verordnung eingerichtet.
(2) Die Behörde besitzt Rechtspersönlichkeit. Sie ist unabhängig und führt ihre Aufgaben im Einklang mit dieser Verordnung aus.
Die Behörde entscheidet über die Eintragung und Löschung von europäischen politischen Parteien und europäischen politischen Stiftungen in das bzw. aus dem Register gemäß den in dieser Verordnung festgelegten Verfahren und Bedingungen. Außerdem überprüft die Behörde regelmäßig, ob die eingetragenen europäischen politischen Parteien und europäischen politischen Stiftungen weiterhin die Eintragungsvoraussetzungen gemäß Artikel 3 und die Bestimmungen über die innere Ordnung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a, b und d bis f und Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a bis e und g einhalten.
Bei ihren Entscheidungen berücksichtigt die Behörde in vollem Maße das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit und die Notwendigkeit, einen Parteienpluralismus in Europa zu gewährleisten.
Die Behörde wird durch ihren Direktor vertreten, der alle Entscheidungen im Namen der Behörde trifft.
(3) Der Direktor der Behörde wird nach einer offenen Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen auf der Grundlage von Vorschlägen eines Auswahlausschusses, der sich aus den Generalsekretären des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (im Folgenden gemeinsam „Anstellungsbehörde” ) zusammensetzt, von den drei Organen einvernehmlich für eine fünfjährige, nicht verlängerbare Amtszeit ernannt.
Der Direktor wird auf der Grundlage seiner persönlichen und beruflichen Eignung ausgewählt. Der Direktor darf kein Mitglied des Europäischen Parlaments, gewählter Mandatsträger oder gegenwärtiger oder ehemaliger Angestellter einer europäischen politischen Partei oder europäischen politischen Stiftung sein. Der ausgewählte Direktor darf keinem Interessenkonflikt zwischen seinem Amt als Direktor der Behörde und seinen sonstigen dienstlichen Aufgaben, insbesondere in Verbindung mit der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung, unterliegen.
Eine freie Stelle infolge von Rücktritt, Ruhestand, Entlassung oder Tod wird gemäß demselben Verfahren besetzt.
Im Falle einer normalen Neubesetzung oder eines freiwilligen Rücktritts nimmt der Direktor seine Aufgaben wahr, bis ein Nachfolger das Amt angetreten hat.
Erfüllt der Direktor der Behörde nicht mehr die Voraussetzungen für die Erfüllung seiner Aufgaben, kann er durch einvernehmliche Entscheidung von mindestens zwei der drei in Unterabsatz 1 genannten Organe und auf der Grundlage eines vom in Unterabsatz 1 genannten Auswahlausschuss auf eigene Initiative oder auf Aufforderung eines der drei Organe erstellten Berichts entlassen werden.
Der Direktor der Behörde ist bei der Wahrnehmung seiner Pflichten unabhängig. Wenn der Direktor im Namen der Behörde handelt, so darf er Weisungen von einem Organ, einer Regierung oder einer anderen Einrichtung oder sonstigen Stelle weder anfordern noch entgegennehmen. Der Direktor der Behörde enthält sich jeder Handlung, die mit dem Wesen seiner Pflichten unvereinbar ist.
Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission führen in Bezug auf den Direktor die der Anstellungsbehörde gemäß dem durch die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates(1) festgelegten Statut der Beamten (und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union) übertragenen Befugnisse gemeinsam aus. Unbeschadet der Entscheidungen über die Ernennung und Entlassung können die drei Organe eines von ihnen mit der Ausführung von einigen oder allen der sonstigen, der Anstellungsbehörde übertragenen Befugnisse betrauen.
Die Anstellungsbehörde kann den Direktor mit anderen Aufgaben betrauen, sofern diese Aufgaben mit der Arbeitsbelastung, die sich aus seinen Aufgaben als Direktor der Behörde ergeben, vereinbar sind, und sie zu keinem Interessenkonflikt führen oder die volle Unabhängigkeit des Direktors gefährden können.
(4) Die Behörde befindet sich in den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments, das die Behörde mit den erforderlichen Büroräumen und unterstützenden Verwaltungseinrichtungen ausstattet.
(5) Der Direktor der Behörde wird von Mitarbeitern unterstützt, in Bezug auf die er die Befugnisse ausübt, die der Anstellungsbehörde durch das Statut der Beamten der Europäischen Union übertragen wurden, und in Bezug auf die er die Befugnisse ausübt, die der Behörde, die zum Abschluss von Dienstverträgen mit sonstigen Bediensteten ermächtigt ist, durch die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union gemäß der Verordnung des Rates (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 ( „Befugnisse der Anstellungsbehörde” ) übertragen wurden. Die Behörde kann in allen Bereichen ihrer Arbeit zusätzlich abgeordnete nationale Sachverständige oder sonstiges nicht bei der Behörde beschäftigtes Personal einsetzen.
Für das Personal der Behörde gelten das Statut und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten sowie die von den Organen der Union im gegenseitigen Einvernehmen erlassenen Vorschriften zur Durchführung des genannten Statuts und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten.
Die Auswahl der Mitarbeiter darf nicht zu einem potenziellen Interessenkonflikt zwischen ihren Pflichten für die Behörde und anderen Amtspflichten führen, und die Mitarbeiter enthalten sich jeglicher Handlungen, die mit dem Wesen ihrer Pflichten unvereinbar sind.
(6) Die Behörde trifft Vereinbarungen mit dem Europäischen Parlament und gegebenenfalls mit anderen Organen über administrative Vorkehrungen, die erforderlich sind, um ihr die Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, insbesondere Vereinbarungen über die Mitarbeiter, die Dienstleistungen und die Unterstützung, die gemäß den Absätzen 4, 5 und 8 zur Verfügung gestellt wurde bzw. wurden.
(7) Die Mittel für die Ausgaben der Behörde werden unter einem separaten Titel im Einzelplan für das Europäische Parlament des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Die Mittel müssen ausreichend sein, um den vollständigen und unabhängigen Betrieb der Behörde zu gewährleisten. Der Direktor legt dem Europäischen Parlament einen Haushaltsplanentwurf der Behörde vor; dieser wird veröffentlicht. Das Europäische Parlament delegiert die Pflichten des Anweisungsbefugten in Bezug auf diese Mittel an den Direktor der Behörde.
(8) Für die Behörde gilt die Verordnung Nr. 1 des Rates(2).
Die für die Arbeit der Behörde und des Registers erforderlichen Übersetzungen werden vom Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union angefertigt.
(9) Die Behörde und der Anweisungsbefugte des Europäischen Parlaments tauschen alle für die Ausführung ihrer jeweiligen Aufgaben gemäß dieser Verordnung notwendigen Informationen untereinander aus.
(10) Der Direktor legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission jährlich einen Bericht über die Tätigkeiten der Behörde vor.
(11) Der Gerichtshof der Europäischen Union überprüft die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Behörde im Einklang mit Artikel 263 AEUV und ist für Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf von der Behörde zu leistenden Schadensersatz gemäß Artikel 268 und 340 AEUV zuständig. Trifft die Behörde keine Entscheidung, wenn eine Entscheidung gemäß dieser Verordnung vorgeschrieben ist, kann vor dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Untätigkeitsklage gemäß Artikel 265 AEUV erhoben werden.
Fußnote(n):
- (1)
Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (Statut der Beamten) (ABl. L 56 vom 4.3.1968, S. 1).
Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385/58).
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