ANHANG XII VO (EWG) 91/2568

VERFAHREN DES INTERNATIONALEN OLIVENÖLRATES FÜR DIE ORGANOLEPTISCHE PRÜFUNG VON NATIVEN OLIVENÖLEN

1.
ZWECK UND ANWENDUNGSBEREICH

Die in diesem Anhang beschriebene internationale Verfahrensvorschrift dient der Festlegung des Verfahrens für die Bewertung der organoleptischen Merkmale von nativen Olivenölen im Sinne von Anhang VII Teil VIII Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) und beschreibt die Methode für die Einstufung der Öle anhand dieser Merkmale. Das Verfahren umfasst zudem Hinweise für eine fakultative Kennzeichnung. Die Verfahrensvorschrift gilt nur für native Olivenöle und deren Einstufung bzw. Kennzeichnung entsprechend dem Umfang der wahrgenommenen Mängel und der Fruchtigkeit, wie sie von einer Gruppe ausgewählter, geschulter und geprüfter Prüfer bestimmt werden. Die in diesem Anhang angeführten IOR-Standards entsprechen der aktuellsten verfügbaren Fassung.

2.
ALLGEMEINE GRUNDBEGRIFFE FÜR DIE SENSORISCHE PRÜFUNG

Vgl. dazu Standard IOC/T.20/Dok. Nr. 4 „Sensory Analysis: General Basic Vocabulary”

3.
SPEZIFISCHE BEGRIFFE

3.1.
Negative Attribute

    Stichig/schlammig Typisches Flavour bei Ölen aus Oliven, die unter solchen Bedingungen geschichtet oder gelagert sind, dass sie eine fortgeschrittene anaerobe Gärung durchlaufen haben, oder bei Öl, das in Becken und Fässern mit Dekantier- „Schlämmen” in Kontakt war, die ebenfalls eine anaerobe Gärung durchlaufen haben.

    Modrig-feucht-erdig Typisches Flavour bei Ölen aus Früchten mit Schimmel- und Hefepilzbefall wegen mehrtägiger Lagerung unter feuchten Bedingungen, bzw. typisches Flavour bei Ölen, das von anhaftender Erde oder Schlamm ungewaschener Oliven herrührt.

    Wein- oder essigartig/sauer-säuerlich Typisches Flavour bei bestimmten Ölen, an Wein oder Essig erinnernd und in erster Linie bedingt durch einen aeroben Gärungsprozess der Oliven oder Reste von Olivenpaste in nicht sachgemäß gewaschenen Pressmatten, bei dem Essigsäure, Ethylacetat und Ethanol entstehen.

    Ranzig Flavour bei stark oxidierten Ölen.

    Frostgeschädigte Oliven (feuchtes Holz) Typisches Flavour bei Ölen, die aus Oliven gewonnen wurden, die am Baum Frostschäden erlitten haben.

3.1.1.
Sonstige negative Attribute

Brandig oder erhitztTypisches Flavour bei Ölen aufgrund einer übermäßigen und/oder zu langen Erwärmung bei der Verarbeitung und insbesondere durch unsachgemäße Wärmebehandlung beim Rühren der Olivenpaste
Heuartig-holzigTypisches Flavour bei bestimmten Ölen, die aus vertrockneten Oliven gewonnen wurden
RohBezeichnung für bestimmte alte Öle, die im Mund einen dickflüssigen, pastösen Sinneseindruck hinterlassen
SchmierölartigFlavour bei Ölen, das an Dieseltreibstoff, Fett oder Mineralöl erinnert
FruchtwasserartigFlavour bei Ölen, das von längerem Kontakt mit Fruchtwasser herrührt, das einen Gärungsprozess durchlaufen hat
LakigFlavour bei Ölen aus Oliven, die in Salzlake aufbewahrt wurden
MetallischAn Metall erinnerndes Flavour, typisch für Öl, das beim Vermahlen, Schlagen, Pressen oder Lagern lange mit Metallflächen in Kontakt stand
EspartograsartigTypisches Flavour bei Ölen aus Oliven, die mit Hilfe neuer Espartograsmatten gepresst wurden. Dieses Aroma kann in verschiedenen Nuancen auftreten, je nachdem, ob Matten aus grünem oder trockenem Espartogras verwendet wurden
WurmstichigFlavour bei Ölen aus stark von Larven der Olivenfliege (Bactrocera oleae) befallenen Oliven
GurkenartigFlavour bei Ölen, das von zu langem Lagern in luftdichten Behältnissen, insbesondere Weißblechdosen, und dem dadurch entstehenden 2,6-Nonadienal herrührt.

3.2.
Positive Attribute

FruchtigGesamtheit der von der Olivensorte abhängigen, unmittelbar und/oder retronasal wahrgenommenen charakteristischen Geruchsmerkmale eines Öls aus gesunden, frischen, reifen oder unreifen Früchten.
BitterElementarer Geschmack, der typisch für Öle aus grünen oder in Reifung befindlichen Oliven ist und mit den auf der Zunge V-förmig angeordneten Wallpapillen wahrgenommen wird.
ScharfTaktil empfundenes Prickeln, das typisch für Öle ist, die zu Beginn des Wirtschaftsjahres hauptsächlich aus noch unreifen Oliven gewonnen werden, und in der gesamten Mundhöhle und insbesondere in der Kehle wahrgenommen werden kann.

3.3.
Fakultative Terminologie bei der Etikettierung

Auf Antrag kann der Prüfungsleiter bescheinigen, dass die bewerteten Öle nach Intensität und Wahrnehmung der Attribute den Definitionen und Intervallen ausschließlich für die nachstehenden Bezeichnungen entsprechen. Positive Attribute (fruchtig, bitter und scharf): Je nach Intensität der Wahrnehmung:

intensiv, wenn der Median des betreffenden Attributs größer als 6,0 ist;

mittel, wenn der Median des betreffenden Attributs zwischen 3,0 und 6,0 liegt;

leicht, wenn der Median des betreffenden Attributs kleiner als 3,0 ist.

FruchtigkeitGesamtheit der von der Olivensorte abhängigen charakteristischen Geruchsmerkmale eines Öls aus gesunden, frischen Oliven, bei der weder grüne noch reife Fruchtigkeit vorherrscht. Sie wird unmittelbar und/oder retronasal wahrgenommen.
Grüne FruchtigkeitGesamtheit der von der Olivensorte abhängigen, charakteristischen Geruchsmerkmale eines Öls aus grünen, gesunden, frischen Oliven, die an grüne Früchte erinnert. Sie wird unmittelbar und/oder retronasal wahrgenommen.
Reife FruchtigkeitGesamtheit der von der Olivensorte abhängigen charakteristischen Geruchsmerkmale eines Öls aus gesunden, frischen Oliven, die an reife Früchte erinnert. Sie wird unmittelbar und/oder retronasal wahrgenommen.
AusgewogenEin Öl, das nicht unausgewogen ist. Ausgewogenheit bezeichnet den olfaktorisch-gustatorischen und taktilen Sinneseindruck bei einem Öl, in dem der Median des Attributs 'bitter' und der Median des Attributs 'scharf' nicht mehr als 2,0 Punkte größer sind als der Median des Attributs 'fruchtig'.
Mildes ÖlEin Öl, in dem der Median des Attributs 'bitter' und der des Attributs 'scharf' kleiner oder gleich 2,0 sind.
Bezeichnungen je nach Intensität der Wahrnehmung:
Bezeichnungen, für die eine Bescheinigung über eine organoleptische Prüfung vorzulegen istMedian des Attributs
Fruchtigkeit
Reife Fruchtigkeit
Grüne Fruchtigkeit
Leichte Fruchtigkeit≤ 3,0
Mittlere Fruchtigkeit3,0 < Me ≤ 6,0
Intensive Fruchtigkeit> 6,0
Leichte reife Fruchtigkeit≤ 3,0
Mittlere reife Fruchtigkeit3,0 < Me ≤ 6,0
Intensive reife Fruchtigkeit> 6,0
Leichte grüne Fruchtigkeit≤ 3,0
Mittlere grüne Fruchtigkeit3,0 < Me ≤ 6,0
Intensive grüne Fruchtigkeit> 6,0
Leichte Bitterkeit≤ 3,0
Mittlere Bitterkeit3,0 < Me ≤ 6,0
Intensive Bitterkeit> 6,0
Leichte Schärfe≤ 3,0
Mittlere Schärfe3,0 < Me ≤ 6,0
Intensive Schärfe> 6,0
Ausgewogenes ÖlDer Median des Attributs 'bitter' und der Median des Attributs 'scharf' sind nicht mehr als 2,0 Punkte größer als der Median des Attributs 'fruchtig'.
Mildes ÖlDer Median des Attributs 'bitter' und der Median des Attributs 'scharf' sind nicht größer als 2,0.

4.
PRÜFGLAS FÜR ÖLE

Vgl. hierzu den Standard IOC/T.20/Dok. Nr. 5, „Glass for Oil Tasting” .

5.
PRÜFRAUM

Vgl. hierzu den Standard IOC/T.20/Dok. Nr. 6, „Guide for the Installation of a Test Room” .

6.
ZUBEHÖR

Jedem Prüfer ist in seiner Kabine das folgende zur Erfüllung seiner Aufgabe notwendige Zubehör zur Verfügung zu stellen:

Gläser (genormt) mit den Proben, mit Code-Nummer versehen, mit einem Uhrglas abgedeckt und bei 28 °C ± 2 °C gehalten;

Profilbeschreibung ( „Profile Sheet” , siehe Abbildung 1) auf Papier oder in elektronischer Form, sofern die Vorgaben für die Profilbeschreibung erfüllt sind, sowie gegebenenfalls Ausfüllanweisungen;

Kugelschreiber oder dokumentenechte Tinte;

Schälchen mit Apfelstücken und/oder Wasser, kohlensäurehaltiges Wasser und/oder Zwieback;

Glas Wasser von Raumtemperatur;

Hinweisbogen zu den allgemeinen Regeln in Abschnitt 8.4 und 9.1.1;

Spucknäpfe.

7.
PRÜFUNGSLEITER UND PRÜFER

7.1.
Prüfungsleiter

Der Prüfungsleiter muss ausreichend vorgebildet sein und über das nötige Fachwissen für die zu Beurteilung anstehenden Olivenöle verfügen. Er ist die Schlüsselfigur der Prüfergruppe und trägt die Verantwortung für Organisation und Ablauf der Prüfungsarbeit. Die Arbeit des Prüfungsleiters erfordert eine Grundausbildung im Umgang mit den Hilfsmitteln der sensorischen Analyse, sensorisches Feingefühl, Sorgfalt bei der Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Prüfungen sowie das nötige Können und die Geduld für deren wissenschaftliche Planung und Abwicklung. Der Prüfungsleiter ist alleinverantwortlich für die Auswahl, die Schulung und die Überwachung der Prüfer auf ihre Eignung. Somit obliegt ihm die Beurteilung der Prüfer, die stets objektiv sein muss und für die der Prüfleiter konkrete Verfahren entwickeln muss, die auf Tests und auf soliden Zulassungs- und Ausschlusskriterien beruhen. Siehe dazu den Standard IOC/T.20/Dok. Nr. 14, „Guide for the selection, training and monitoring of skilled virgin olive oil tasters” . Der Prüfungsleiter ist verantwortlich für die Leistung der Gruppe und somit auch für ihre Bewertung, für die er zuverlässige objektive Nachweise erbringen muss. In jedem Falle muss er jederzeit nachweisen können, dass die Methodik und die Prüfer unter Aufsicht stehen. Es wird empfohlen, in regelmäßigen Abständen eine Neukalibrierung der Gruppe vorzunehmen (IOC/T.20/Dok. Nr. 14, § 5). Er ist in letzter Instanz für das Führen der Aufzeichnungen der Gruppe verantwortlich. Diese Aufzeichnungen müssen stets nachverfolgbar sein. Sie müssen den Leistungs- und Qualitätsanforderungen internationaler Standards für die sensorische Prüfung entsprechen und jederzeit die Anonymität der Proben gewährleisten. Der Prüfungsleiter ist verantwortlich für das Vorhandensein sowie die ordnungsgemäße Reinigung und Instandhaltung der Hilfsmittel und Ausrüstungsgegenstände, die für die vorschriftsmäßige Anwendung dieser Methode erforderlich sind, und führt darüber sowie über die Einhaltung der Prüfbedingungen Buch. Ihm obliegen die Entgegennahme und Lagerung der im Labor eintreffenden Proben sowie deren Lagerung nach erfolgter Prüfung. Dabei hat er jederzeit sicherzustellen, dass die Proben anonym bleiben und ordnungsgemäß gelagert werden; zu diesem Zweck muss er ein schriftliches Verfahren entwickeln, das die Rückverfolgbarkeit des gesamten Prozesses gewährleistet und Sicherheiten bietet. Darüber hinaus ist er verantwortlich für die Vorbereitung, die Kodierung und die Übergabe der Proben an die Prüfer unter Einhaltung eines geeigneten Versuchsplans und vorgegebener Protokolle sowie für das Einsammeln und die statistische Auswertung der von den Prüfern ausgehändigten Prüfdaten. Er ist zuständig für die Entwicklung und Darlegung etwaiger sonstiger Verfahren, die in Ergänzung zu diesem Standard erforderlich sind, um eine ordnungsgemäße Arbeitsweise der Gruppe sicherzustellen. Er bemüht sich um Vergleiche der Ergebnisse der Gruppe mit den Ergebnissen anderer Gruppen, die natives Olivenöl prüfen, um festzustellen, ob die Gruppe ordnungsgemäß arbeitet. Aufgabe des Prüfungsleiters ist es, die Mitglieder zu motivieren und bei ihnen Interesse, Neugier und Wettbewerbsgeist zu wecken. Daher wird ihm nachdrücklich empfohlen, einen reibungslosen beiderseitigen Informationsfluss mit den Mitgliedern der Gruppe sicherzustellen, indem er sie ständig über seine Arbeitsaufgaben und über die gewonnenen Ergebnisse auf dem Laufenden hält. Zudem hat er sich einer Meinungsäußerung zu enthalten und muss sicherstellen, dass möglicherweise tonangebende Prüfer die anderen nicht beeinflussen. Er lädt die Prüfer rechtzeitig ein und beantwortet etwaige Fragen hinsichtlich der Durchführung der Prüfungen, enthält sich aber jedweder Meinungsäußerung über die Proben.

7.1.1.
Stellvertretender Prüfungsleiter

Der Prüfungsleiter kann aus berechtigten Gründen durch einen Stellvertreter ersetzt werden, der an seiner Stelle Aufgaben hinsichtlich der Durchführung der Prüfungen wahrnimmt. Dieser Stellvertreter muss über alle Fertigkeiten verfügen, die von einem Prüfungsleiter verlangt werden.

7.2.
Prüfer

Die Personen, die an der organoleptischen Prüfung von Olivenöl als Prüfer teilnehmen, müssen dies freiwillig tun. Daher sind schriftliche Bewerbungen anzuraten. Die Bewerber werden von Prüfungsleiter entsprechend ihrer Eignung zur Unterscheidung ähnlicher Proben ausgewählt, geschult und begleitet, wobei zu berücksichtigen ist, dass ihre Urteilsfähigkeit im Zuge der Schulung zunimmt. Die Prüfer müssen in sensorischer Hinsicht eine rein beobachtende Funktion ausüben, ihre persönlichen geschmacklichen Vorlieben außer Acht lassen und lediglich ihre Sinneseindrücke wiedergeben. Dabei kommt es darauf an, dass sie ihre Arbeit stets schweigend sowie entspannt und ohne Eile verrichten, um der zu prüfenden Probe maximale sensorische Aufmerksamkeit widmen zu können. Für jede Prüfung werden 8 bis 12 Prüfer benötigt, nebst einigen Reserveprüfern zur Deckung von etwaigen Ausfällen.

8.
PRÜFBEDINGUNGEN

8.1.
Präsentation der Probe

Die zu prüfenden Olivenölproben werden in standardisierten Prüfgläsern dargereicht, die dem Standard IOC/T.20/Dok. Nr. 5 „Glass for oil tasting” entsprechen. Ein Glas enthält 14–16 ml Öl - bzw. 12,8 bis 14,6 g Öl, falls die Proben gewogen werden sollen – und ist mit einem Uhrglas bedeckt. Jedes Glas wird mit einem willkürlich ausgewählten Code aus Ziffern oder aus einer Kombination von Buchstaben und Ziffern versehen. Der Code wird mit Hilfe eines geruchsfreien Systems angebracht.

8.2.
Prüf- und Probentemperatur

Die zur Prüfung anstehenden Proben sind während der gesamten Prüfung im Glas auf einer Temperatur von 28 °C ± 2 °C zu halten. Diese Temperatur wurde gewählt, weil sich die organoleptischen Unterschiede auf diese Weise leichter erfassen lassen als bei Umgebungstemperatur und weil die Aromastoffe dieser Öle bei niedrigeren Temperaturen kaum zur Entfaltung kommen, während sich bei höheren Temperaturen die für erhitzte Öle typischen Aromastoffe bilden. Siehe dazu den Standard IOC/T.20/Dok. Nr. 5 „Glass for Oil Tasting” , in dem die Methode zur Erwärmung der Proben im Glas beschrieben wird. Im Prüfraum muss eine Temperatur zwischen 20 °C und 25 °C herrschen (siehe IOC/T.20/Dok. Nr. 6).

8.3.
Prüfungszeiten

Die für das Verkosten von Olivenöl geeignetste Tageszeit ist der Vormittag. Geruchs- und Geschmackssinn sind zu bestimmten Tageszeiten nachweislich besonders empfindlich. So ist die Empfindlichkeit von Geruchs- und Geschmackssinn vor den Mahlzeiten besonders groß und geht danach zurück. Übertreibung ist aber auch hier zu vermeiden, da Hungergefühle die Prüfer ablenken und so ihr Unterscheidungsvermögen beeinträchtigen; es wird daher empfohlen, die Prüfgänge zwischen 10.00 und 12.00 Uhr durchzuführen.

8.4.
Prüfer: allgemeine Verhaltensmaßregeln

Die folgenden Empfehlungen gelten für das Verhalten der Prüfer bei ihrer Arbeit. Wer vom Prüfungsleiter zur Teilnahme an einer organoleptischen Prüfung aufgefordert wurde, muss zu der ihm genannten Uhrzeit zur Teilnahme in der Lage sein und hat dazu folgende Vorschriften zu beachten:

Er stellt mindestens 30 Minuten vor der festgesetzten Uhrzeit das Rauchen und Kaffeetrinken ein.

Parfüm, Kosmetika oder Seife, deren Geruch bei der Prüfung noch wahrnehmbar ist, darf nicht verwendet werden. Zum Händewaschen ist unparfümierte Seife zu verwenden; dabei sind die Hände so lange mit Wasser nachzuspülen und abzutrocknen, bis jedweder Geruch beseitigt ist.

Der Prüfer muss bei Prüfungsantritt seit mindestens einer Stunde nüchtern sein.

Wer an einer Unpässlichkeit und insbesondere einer Beeinträchtigung des Geruchs- oder Geschmacksempfindens oder an einer die Konzentrationsfähigkeit beeinflussenden psychischen Belastung leidet, sieht von der Verkostung ab und informiert den Prüfungsleiter entsprechend.

Der die vorstehenden Vorschriften erfüllende Prüfer sucht die ihm zugewiesene Kabine auf; dies hat so leise und diskret wie möglich zu geschehen.

Er liest die Hinweise auf dem Prüfbogen sorgfältig durch und beginnt erst dann mit der Prüfung der Proben, wenn er sich über seine Aufgabe vollends im Klaren ist (entspannt und ohne Eile). Unklarheiten sind mit dem Prüfungsleiter unter vier Augen zu klären.

Er verrichtet seine Arbeit schweigend.

Er hat sein Mobiltelefon für die gesamte Dauer der Prüfung abgeschaltet, damit die Kollegen nicht in ihrer Konzentration beeinträchtigt und bei ihrer Arbeit gestört werden.

9.
VERFAHREN FÜR DIE ORGANOLEPTISCHE BEWERTUNG UND EINSTUFUNG VON NATIVEM OLIVENÖL

9.1.
Verkostungsverfahren

9.1.1.
Der Prüfer nimmt das Glas zur Hand, hält es dabei mit dem Uhrglas bedeckt schräg und schwenkt es dabei einmal ganz um, damit die Innenseite möglichst ganz benetzt wird. Danach lüftet er das Uhrglas und inhaliert das Bukett der Probe in ruhigen und langen Zügen durch die Nase, um das Öl zu bewerten. Das eigentliche Riechen sollte nicht länger als 30 Sekunden dauern. Gelangt der Prüfer innerhalb dieser Zeit nicht zu einem Urteil, legt er eine kleine Pause ein und macht einen weiteren Versuch.

Nach dem Riechen prüft er das Flavour (Gesamtsinneseindruck aus Geruchs-, Geschmacks- und Tastempfindung). Dazu nippt er einen kleinen Schluck Öl von etwa 3 ml. Sehr wichtig ist, dass alle geschmacksempfindlichen Teile des Mundes mit dem Öl benetzt werden, vom vorderen Teil des Mundes und der Zungenspitze über die Ränder des Zungenrückens bis zur Zungenwurzel und zur Kehle, da die Geschmackswahrnehmung und die taktilen Wahrnehmungen an verschiedenen Stellen der Zunge, des Gaumens und der Kehle unterschiedlich stark sind.

Es ist unbedingt darauf zu achten, dass genügend Olivenöl von der Zungenspitze bis zum Gaumen und zur Zungenwurzel langsam verteilt wird, wobei auf die Reihenfolge des Auftretens der Bitterkeit und der Schärfe zu achten ist. Anderenfalls kann es bei manchen Olivenölen vorkommen, dass beide Sinneseindrücke nicht wahrgenommen werden oder die Bitterkeit von der Schärfe verdeckt wird.

Durch kurzes, wiederholtes Einsaugen von Luft durch den Mund wird die Probe in der gesamten Mundhöhle verteilt, sodass die flüchtigen Aromastoffe zwangsläufig über den Gaumen in die Nase gelangen.

Anmerkung: Nimmt der Prüfer bei einer Probe keine Fruchtigkeit wahr und liegt die Intensität des die Einstufung bestimmenden negativen Attributs bei 3,5 oder weniger, kann der Prüfungsleiter beschließen, dass die Tester die Probe bei Raumtemperatur erneut analysieren (COI/T.20/Doc. Nr. 6/Rev. 1, September 2007, Abschnitt 3 — Allgemeine Vorschriften für die Einrichtung eines Testraums); dabei muss er die Umgebungsbedingungen und den Begriff der Raumtemperatur genau festlegen. Hat die Probe Raumtemperatur erreicht, sollte der Prüfer diese erneut bewerten, um ausschließlich zu prüfen, ob Fruchtigkeit wahrgenommen wird. Falls dies der Fall ist, sollte die entsprechende Intensität angegeben werden.

Auch die taktile Wahrnehmung von Schärfe sollte berücksichtigt werden. Dafür ist es ratsam, das Öl hinunterzuschlucken.

9.1.2.
Es wird empfohlen, bei der organoleptischen Prüfung von nativem Olivenöl maximal VIER PROBEN in jedem Prüfgang zu bewerten und maximal drei Prüfgänge pro Tag durchzuführen, damit keine Kontrastwirkungen durch das sofortige Verkosten anderer Proben auftreten.

Da es bei aufeinanderfolgenden Prüfgängen zu Ermüdungserscheinungen oder zur Dämpfung der Sinneswahrnehmung durch die vorherigen Proben kommt, sind die Ölreste des vorherigen Prüfgangs mit einem geeigneten Mittel aus dem Mund zu entfernen.

Dazu empfiehlt sich ein kleines Stück Apfel, das nach dem Kauen ausgespuckt werden kann; anschließend ist der Mund mit Wasser von Zimmertemperatur zu spülen. Zwischen dem Ende eines Prüfgangs und dem Beginn des nächsten müssen mindestens 15 Minuten vergehen.

9.2.
Verwendung der Profilbeschreibung durch den Prüfer

Die zu verwendende Profilbeschreibung ist in Abbildung 1 dieses Anhangs dargestellt. Jeder zur Prüfergruppe gehörende Prüfer muss das zu untersuchende Öl zunächst riechen und dann verkosten(2). Anschließend trägt er auf der 10-cm-Skala in der vorliegenden Profilbeschreibung die Intensität der Wahrnehmung jedes negativen und positiven Attributs ein. Werden negative Attribute wahrgenommen, die nicht in Abschnitt 4 aufgeführt sind, so sind diese unter Verwendung derjenigen Begriffe, mit denen sie am zutreffendsten beschrieben werden, im Feld „Sonstige” anzugeben.

9.3.
Verwendung der Angaben durch den Prüfungsleiter

Der Prüfungsleiter sammelt die ausgefüllten Profilbeschreibungen der einzelnen Prüfer ein, um die den einzelnen Attributen zugeteilten Intensitäten zu überprüfen; bei Feststellung einer Anomalie fordert er den Prüfer auf, seine Profilbeschreibung zu überarbeiten und den Prüfversuch erforderlichenfalls zu wiederholen. Der Prüfungsleiter gibt die Bewertungsdaten der einzelnen Mitglieder der Prüfergruppe in ein Computerprogramm entsprechend dem Standard IOC/T.20/Doc. Nr. 15 ein, um eine statistische Berechnung der Analyseergebnisse auf Grundlage der Berechnung des Medians vorzunehmen; siehe dazu Abschnitt 9.4 und die Anlage zu diesem Anhang. Die Daten für eine Probe werden eingegeben anhand einer Matrix aus 9 Spalten, die jeweils den 9 sensorischen Attributen entsprechen, und n Zeilen, die den n Prüfern der Prüfergruppe entsprechen. Wird ein von mindestens 50 % der Mitglieder der Prüfergruppe wahrgenommener Mangel unter „Sonstige” eingetragen, so berechnet der Prüfungsleiter den Median dieses Mangels und nimmt die entsprechende Einstufung vor. Der Wert des robusten Variationskoeffizienten, der die Einstufung bestimmt (Mangel mit der größten Intensität und Attribut „fruchtig” ), muss kleiner oder gleich 20 % sein. Ist dies nicht der Fall, muss der Prüfungsleiter für eine erneute Bewertung der spezifischen Probe in einem weiteren Prüfgang sorgen. Sollte dies häufig vorkommen, wird dem Prüfungsleiter empfohlen, eine spezifische Fortbildung für die Prüfer durchzuführen (IOC/T.20/Doc. Nr. 14, § 5) und die Prüfungsleistung anhand des Wiederholbarkeitsindex und des Abweichungsindex zu beurteilen (IOC/T.20/Doc. Nr. 14, § 6).

9.4.
Einstufung der Öle

Das Öl wird entsprechend dem Median der festgestellten Mängel und dem Median des Attributs „fruchtig” in die nachstehenden Kategorien eingestuft. Der Median der Mängel ist definiert als der Median des mit der stärksten Intensität wahrgenommenen Mangels. Der Median der Mängel und der Median der Fruchtigkeit werden mit einer Dezimalstelle ausgedrückt. Für die Einstufung des Öls wird der Wert des Medians der Mängel und des Medians der Fruchtigkeit mit den nachstehend aufgeführten Referenzintervallen verglichen. Die Grenzen dieser Intervalle wurden unter Berücksichtigung des Fehlers der Methode festgesetzt und gelten daher als absolut. Eine entsprechende Computer-Software gestattet eine visuelle Darstellung der Einstufung in tabellarischer oder grafischer Form.
a)
Natives Olivenöl extra: Der Median der Mängel ist 0,0 und der Median des Attributs „fruchtig” ist größer als 0,0.
b)
Natives Olivenöl: Der Median der Mängel ist größer als 0,0, aber nicht größer als 3,5 und der Median des Attributs „fruchtig” ist größer als 0,0.
c)
Lampantöl: Der Median der Mängel ist größer als 3,5 oder der Median der Mängel ist nicht größer als 3,5 und der Median des Attributs „fruchtig” ist gleich 0,0.
Anmerkung 1:
Ist der Median des Attributs „bitter” und/oder der des Attributs „scharf” größer als 5,0, so vermerkt der Prüfungsleiter dies auf der Prüfbescheinigung.
Im Falle von Bewertungen im Rahmen von Konformitätskontrollen wird ein Test vorgenommen. Im Fall von Gegenbewertungen muss die Analyse zweimal in verschiedenen Prüfgängen stattfinden. Die Ergebnisse dieser Doppelanalyse müssen statistisch homogen sein (siehe Abschnitt 9.5). Ist dies nicht der Fall, muss die Probe erneut zweimal analysiert werden. Der endgültige Wert des Medians der Einstufungsattribute wird anhand des Durchschnitts der beiden Mediane berechnet.

9.5.
Kriterien für die Annahme bzw. das Verwerfen von Doppelanalysen

Der nachstehend definierte standardisierte Fehler wird herangezogen, um zu ermitteln, ob die beiden Ergebnisse einer Doppelanalyse homogen bzw. statistisch verwertbar sind:EnMe1Me22U21U22 Dabei sind Me1 und Me2 die Mediane der Doppelanalyse (d. h. der ersten und der zweiten Prüfung) und U1 und U2 die erweiterten Unsicherheiten für die beiden Werte, die wie folgt gemäß der Anlage berechnet werden: U1 = c × s* und s*CVrMe1100 Für die erweiterte Unsicherheit ist c gleich 1,96; folglich: U1 = 0,0196 × CVr × Me1. Dabei ist CVr der robuste Variationskoeffizient. Damit die beiden ermittelten Werte als nicht statistisch unterschiedlich gelten, muss En gleich oder weniger als 1,0 sein.

Abbildung 1

PROFILBESCHREIBUNG VON NATIVEM OLIVENÖL

Intensität der Wahrnehmung der MängelIntensität der Wahrnehmung der positiven Attribute
Stichig/schlammig
Modrig/feucht/erdig

Wein-/essigartig

Sauer/säuerlich

Frostgeschädigte Oliven

(feuchtes Holz)

Ranzig
Sonstige negative Attribute:
Deskriptor:

Metallisch □ Heuartig □ Wurmstichig □ Roh□

Lakig □ Brandig oder erhitzt □ Fruchtwasserartig□

Espartograsartig □ Gurkenartig □ Schmierölartig□

Fruchtig
Grün□Reif□
Bitter
Scharf
Name des Prüfers:Code-Nr. des Prüfers:
Code-Nr. der Probe:Unterschrift:
Datum:
Anmerkungen:

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671).

(2)

Der Prüfer kann vom Verkosten eines Öls absehen, wenn er direkt über den Geruch ein extrem stark ausgeprägtes negatives Attribut feststellt. Er vermerkt diesen außergewöhnlichen Umstand in der Profilbeschreibung.

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