Artikel 19 RL 2001/89/EG

Notimpfung in Schweinehaltungsbetrieben

(1) Abweichend von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a) kann in Schweinehaltungsbetrieben die Notimpfung gemäß den Verfahren und Bestimmungen der Absätze 2 bis 9 durchgeführt werden, wenn die klassische Schweinepest in Schweinehaltungsbetrieben bestätigt worden ist und nach den vorliegenden epidemiologischen Daten eine Ausbreitung zu befürchten ist.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 5 Absatz 2 sind die wichtigsten Kriterien und Risikofaktoren, die bei der Anwendung der Notimpfung zu berücksichtigen sind, in Anhang VI aufgeführt. Diese Kriterien und Risikofaktoren können nach dem in Artikel 26 Absatz 2 genannten Verfahren geändert oder ergänzt werden, um neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen Rechnung zu tragen.

(3) Wenn sich ein Mitgliedstaat für die Impfung entscheidet, legt er der Kommission einen Notimpfplan vor, der mindestens folgende Angaben enthält:

a)
Beschreibung der Seuchenlage, die zur Beantragung der Notimpfung geführt hat;
b)
Ausdehnung des geografischen Gebiets, in dem die Notimpfung durchgeführt werden soll, und Zahl der Schweinehaltungsbetriebe in diesem Gebiet;
c)
Schweinekategorien und annähernde Zahl der zu impfenden Schweine;
d)
zu verwendender Impfstoff;
e)
Dauer der Impfkampagne;
f)
Kennzeichnung und Registrierung der geimpften Tiere;
g)
Verfügungen über die Verbringung von Schweinen und Schweinefleischerzeugnissen;
h)
die Kriterien, denen bei der Entscheidung, ob in Kontaktbetrieben geimpft wird oder die Maßnahmen gemäß Artikel 7 Absatz 2 angewandt werden, Rechnung getragen wird;
i)
sonstige Angaben in Zusammenhang mit dem Notfall, einschließlich klinischer und Laboruntersuchungen, die an Proben von geimpften Beständen und von Beständen der übrigen Betriebe im Impfgebiet vorzunehmen sind, insbesondere die Angabe, ob ein Marker-Impfstoff verwendet werden soll.

Die Kommission prüft den Notimpfplan unverzüglich in Zusammenarbeit mit dem betreffenden Mitgliedstaat. Nach dem in Artikel 27 Absatz 2 genannten Verfahren kann der Plan genehmigt werden oder kann seine Genehmigung von bestimmten Änderungen und Zusätzen abhängig gemacht werden.

Der Plan kann nach dem in Artikel 27 Absatz 2 genannten Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt geändert oder ergänzt werden, um der Entwicklung der Seuchenlage Rechnung zu tragen.

(4) Unbeschadet der Artikel 10 und 11 trägt im Fall der Notimpfung der betreffende Mitgliedstaat dafür Sorge, dass während des Impfzeitraums

a)
keine lebenden Schweine aus dem Impfgebiet verbracht werden, es sei denn, sie werden zur sofortigen Schlachtung zu einem von der zuständigen Behörde benannten und innerhalb oder in der Nähe des Impfgebiets gelegenen Schlachthof oder zu einem Tierkörperverwertungsbetrieb oder an einen geeigneten Ort transportiert, wo sie unverzüglich getötet und die Schweinekörper unter amtlicher Aufsicht verarbeitet werden;
b)
das gesamte frische Schweinefleisch von notgeimpften Schweinen gemäß Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe f) vierter Gedankenstrich entweder verarbeitet oder gekennzeichnet und behandelt wird;
c)
Sperma, Eizellen und Embryos, die während eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Impfung von zu impfenden Schweinen entnommen wurden, ermittelt und unter amtlicher Aufsicht vernichtet werden.

(5) Die Bestimmungen des Absatzes 4 gelten für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nach Abschluss der Impfung in dem betreffenden Gebiet.

(6) Nach dem in Artikels 27 Absatz 2 genannten Verfahren wird vor Ablauf des in Absatz 5 genannten Sechsmonatszeitraums durch entsprechende Maßnahmen dafür gesorgt, dass

a)
keine seropositiven Schweine den Haltungsbetrieb verlassen, es sei denn zur sofortigen Schlachtung;
b)
von seropositiven Schweinen weder Sperma noch Embryos oder Eizellen entnommen werden;
c)
keine Ferkel von seropositiven Sauen den Ursprungsbetrieb verlassen, es sei denn zum Transport

in einen Schlachthof zur sofortigen Schlachtung;

in einen von der zuständigen Behörde benannten Betrieb, von dem aus sie unmittelbar zum Schlachthof verbracht werden;

in einen Betrieb nach Negativbefund eines serologischen Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen das KSP-Virus.

(7) Abweichend von Absatz 3 kann ein Mitgliedstaat die Notimpfung beschließen, wenn die Interessen der Gemeinschaft nicht gefährdet werden und folgende Bedingungen erfüllt sind:

a)
Es muss gemäß Artikel 22 ein Rahmenplan für die Notimpfungen aufgestellt werden. Der spezifische Notimpfplan und die Entscheidung zur Notimpfung sind der Kommission vor Beginn der Impfung mitzuteilen.
b)
Zusätzlich zu den Angaben gemäß Absatz 3 ist in dem Plan festzulegen, dass alle Schweine in Betrieben, in denen geimpft werden soll, nach Abschluss der Impfungen baldmöglichst gemäß Absatz 4 Buchstabe a) geschlachtet oder getötet werden und dass von diesen Schweinen gewonnenes frisches Fleisch gemäß Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe f) vierter Gedankenstrich entweder verarbeitet oder gekennzeichnet und behandelt wird.

Wenn dieser Beschluss gefasst ist, wird der Impfplan unverzüglich vom Ständigen Veterinärausschuss geprüft. Nach dem in Artikel 27 Absatz 2 genannten Verfahren kann der Plan genehmigt oder seine Genehmigung von bestimmten Änderungen und Zusätzen abhängig gemacht werden.

(8) Abweichend von den Absätzen 5 und 6 können die in Absatz 4 vorgesehenen Maßnahmen aufgehoben werden, nachdem

a)
alle Schweine in Betrieben, in denen geimpft wurde, gemäß Absatz 4 Buchstabe a) geschlachtet oder getötet worden sind und das von diesen Schweinen gewonnene frische Fleisch gemäß Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe f) vierter Gedankenstrich entweder verarbeitet oder gekennzeichnet und behandelt worden ist;
b)
alle Betriebe, in denen geimpfte Schweine gehalten wurden, gemäß Artikel 12 gereinigt und desinfiziert worden sind.

Werden die Maßnahmen des Absatzes 4 aufgehoben, stellen die Mitgliedstaaten ferner Folgendes sicher:

a)
Die Wiedereinstellung von Schweinen in die oben genannten Betriebe erfolgt frühestens zehn Tage nach Abschluss der Reinigung und Desinfektion und nachdem alle Schweine in Betrieben, in denen geimpft wurde, geschlachtet oder getötet worden sind.
b)
Nach der Wiedereinstellung werden die Schweine in allen Betrieben im Impfgebiet klinischen und Laboruntersuchungen gemäß dem Diagnosehandbuch auf das KSP-Virus unterzogen. Bei der Wiedereinstellung von Schweinen in Betriebe, in denen geimpft wurde, erfolgen diese Untersuchungen frühestens 40 Tage nach der Wiedereinstellung; während dieses Zeitraums dürfen die Schweine den Betrieb nicht verlassen.

(9) Wenn bei der Impfkampagne ein Marker-Impfstoff verwendet wurde, können nach dem in Artikel 27 Absatz 2 genannten Verfahren Abweichungen von den Bestimmungen der Absätze 4, 5 und 6, insbesondere in Bezug auf die Kennzeichnung des Fleisches der geimpften Schweine und seine anschließende Verwendung sowie auf den Verwendungszweck der behandelten Erzeugnisse, genehmigt werden. Hierfür müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

a)
der Impfplan wurde vor Beginn der Impfung gemäß Absatz 3 genehmigt;
b)
der betreffende Mitgliedstaat hat bei der Kommission einen besonderen Antrag gestellt, dem ein umfassender Bericht über die Durchführung der Impfkampagne, ihre Ergebnisse und die Seuchenlage insgesamt beigefügt ist, und
c)
es hat vor Ort eine Kontrolle der Durchführung der Impfkampagne gemäß Artikel 21 stattgefunden.

Bei der Entscheidung für die Abweichungen gemäß den Absätzen 4, 5 und 6 ist zu berücksichtigen, wie hoch das Risiko ist, dass sich das KSP-Virus durch Verbringungen von oder Handel mit geimpften Schweinen, ihren Nachkommen oder Erzeugnissen ausbreitet.

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