Artikel 35 RL 2009/138/EG
Für Aufsichtszwecke beizubringende Informationen
(1) Die Mitgliedstaaten schreiben den Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen unter Berücksichtigung der Ziele der Beaufsichtigung gemäß Artikel 27 und 28 vor, den Aufsichtsbehörden die Angaben zu übermitteln, die für die Zwecke der Beaufsichtigung erforderlich sind. Diese Angaben umfassen zumindest die Informationen, die bei der Durchführung des in Artikel 36 genannten Verfahrens für Folgendes notwendig sind:
- a)
- um das von den Unternehmen angewandte Governance-System, die von ihnen ausgeführte Geschäftstätigkeit, die für Solvabilitätszwecke zugrunde gelegten Bewertungsprinzipien, die tatsächlichen Risiken und die Risikomanagementsysteme sowie ihre Kapitalstruktur, ihren Kapitalbedarf und ihr Kapitalmanagement zu bewerten;
- b)
- um alle angemessenen Entscheidungen in Ausübung ihrer Aufsichtsrechte und -pflichten zu treffen.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsbehörden mit den folgenden Befugnissen ausgestattet sind:
- a)
-
Bestimmung der Wesensart, des Anwendungsbereichs und des Formats der in Absatz 1 genannten Informationen, die sie von den Versicherungs- und den Rückversicherungsunternehmen zu folgenden Zeitpunkten anfordern:
- i)
- in zuvor festgelegten Intervallen;
- ii)
- bei Eintreten vorher festgelegter Geschäftsvorfälle;
- iii)
- bei Nachforschungen hinsichtlich der Lage eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens;
- b)
- zur Anforderung von Informationen über von Versicherungsvermittlern gehaltenen Verträgen oder Verträgen mit Dritten; und
- c)
- zur Anforderung von Informationen seitens externer Experten wie z. B. Abschlussprüfer und Versicherungsmathematiker.
(3) Die in Absätzen 1 und 2 genannten Informationen umfassen Folgendes:
- a)
- qualitative oder quantitative Elemente oder eine entsprechende Kombination daraus;
- b)
- historische, aktuelle oder prospektive Elemente oder eine entsprechende Kombination daraus; und
- c)
- Daten aus internen oder externen Quellen oder eine geeignete Kombination daraus.
(4) Die in Absätzen 1 und 2 genannten Informationen entsprechen den folgenden Grundsätzen:
- a)
- sie müssen der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des betreffenden Unternehmens und insbesondere den mit dieser Geschäftstätigkeit einhergehenden Risiken Rechnung tragen;
- b)
- sie müssen zugänglich, in allen wesentlichen Aspekten vollständig, vergleichbar und in zeitlicher Hinsicht konsistent sein; und
- c)
- sie müssen relevant, verlässlich und verständlich sein.
(5) Die Mitgliedstaaten schreiben den Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen vor, über zweckmäßige Systeme und Strukturen zu verfügen, um die Anforderungen der Absätze 1 bis 4 zu erfüllen, sowie über schriftlich festgelegte Leitlinien, die vom Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens gebilligt wurden, um die kontinuierliche Relevanz der übermittelten Informationen zu gewährleisten.
(6) Wenn die in Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i zuvor festgelegten Intervalle kürzer als ein Jahr sind, können die betroffenen Aufsichtsbehörden die regelmäßige aufsichtliche Berichterstattung unbeschadet des Artikels 129 Absatz 4 beschränken, wenn
- a)
- die Übermittlung dieser Informationen im Verhältnis zu der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität der mit dem Geschäft verbundenen Risiken mit einem zu großen Aufwand verbunden wäre;
- b)
- die Informationen mindestens einmal pro Jahr vorgelegt werden.
Die Aufsichtsbehörden schränken eine regelmäßige aufsichtliche Berichterstattung mit kürzeren als Jahresintervallen in Bezug auf Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die gemäß Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe c zu einer Gruppe gehören, nicht ein, es sei denn, das Unternehmen ist in der Lage, der Aufsichtsbehörde hinreichend nachzuweisen, dass eine regelmäßige aufsichtliche Berichterstattung mit kürzeren als Jahresintervallen angesichts der Wesensart, des Umfangs und der Komplexität der mit dem Geschäft der Gruppe verbundenen Risiken nicht angemessen ist.
Eine Beschränkung der regelmäßigen aufsichtlichen Berichterstattung wird nur Unternehmen gewährt, die jeweils nicht mehr als 20 % des Lebensversicherungs- und des Nichtlebensversicherungsmarktes eines Mitgliedstaats repräsentieren, wobei der Anteil am Nichtlebensversicherungsmarkt auf den gebuchten Bruttoprämien und der Anteil am Lebensversicherungsmarkt auf den versicherungstechnischen Bruttorückstellungen beruht.
Bei der Festlegung dessen, welche Unternehmen für diese Beschränkungen infrage kommen, räumen die Aufsichtsbehörden den kleinsten Unternehmen Vorrang ein.
(7) Die betroffenen Aufsichtsbehörden können die regelmäßige aufsichtliche Berichterstattung beschränken oder Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen von der Einzelpostenberichterstattung befreien, wenn
- a)
- die Übermittlung dieser Informationen im Verhältnis zu der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität der mit dem Geschäft verbundenen Risiken mit einem zu großen Aufwand verbunden wäre;
- b)
- die Übermittlung dieser Informationen für die wirksame Beaufsichtigung des Unternehmens nicht erforderlich ist;
- c)
- die Befreiung nicht der Stabilität der betroffenen Finanzsysteme in der Union zuwiderläuft und
- d)
- das Unternehmen in der Lage ist, die Informationen auf Ad-hoc-Basis zu übermitteln.
Die Aufsichtsbehörden befreien Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die gemäß Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe c zu einer Gruppe gehören, nicht von der Einzelpostenberichterstattung, es sei denn, ein Unternehmen ist in der Lage, der Aufsichtsbehörde hinreichend nachzuweisen, dass eine nach Posten aufgeschlüsselte Berichterstattung angesichts der Wesensart, des Umfangs und der Komplexität der mit dem Geschäft der Gruppe verbundenen Risiken unter Berücksichtigung des Ziels der Finanzstabilität nicht angemessen ist.
Eine Befreiung von der Einzelpostenberichterstattung wird nur Unternehmen gewährt, die jeweils nicht mehr als 20 % des Lebensversicherungs- und des Nichtlebensversicherungsmarktes eines Mitgliedstaats ausmachen, wobei der Anteil am Nichtlebensversicherungsmarkt auf den verbuchten Bruttoprämieneinnahmen und der Anteil am Lebensversicherungsmarkt auf den versicherungstechnischen Bruttorückstellungen beruht.
Bei der Festlegung dessen, welche Unternehmen für diese Befreiungen infrage kommen, räumen die Aufsichtsbehörden den kleinsten Unternehmen Vorrang ein.
(8) Für die Zwecke der Absätze 6 und 7 bewerten die Aufsichtsbehörden im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens, ob die Übermittlung von Informationen im Verhältnis zu der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität des Risikos des Unternehmens steht, und berücksichtigen dabei mindestens
- a)
- das Volumen der Prämien, versicherungstechnischen Rückstellungen und Vermögenswerte des Unternehmens;
- b)
- die Volatilität der durch das Unternehmen abgedeckten Versicherungsleistungen;
- c)
- die Marktrisiken, die durch die Investitionen des Unternehmens entstehen;
- d)
- die Höhe der Risikokonzentrationen;
- e)
- die Gesamtzahl der Versicherungszweige in Bezug auf Lebensversicherungen und Nichtlebensversicherungen, für die eine Zulassung erteilt wurde;
- f)
- die potenziellen Auswirkungen der Verwaltung der Vermögenswerte des Unternehmens auf die Finanzstabilität;
- g)
- die Systeme und Strukturen des Unternehmens zu Übermittlung von Informationen für die Zwecke der Beaufsichtigung und die in Absatz 5 genannten schriftlich festgelegten Leitlinien;
- h)
- die Angemessenheit des Governance-Systems des Unternehmens;
- i)
- die Höhe der Eigenmittel zur Bedeckung der Solvenzkapitalanforderung und der Mindestkapitalanforderung und
- j)
- ob es sich bei dem Unternehmen um ein firmeneigenes Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen handelt, das nur Risiken abdeckt, die mit dem Industrie- oder Handelskonzern verbunden sind, zu dem es gehört.
(9) Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 301a, in denen die in den Absätzen 1 bis 4 dieses Artikels genannten Informationen und die Fristen für die Übermittlung dieser Informationen spezifiziert werden, um die Konvergenz der Berichterstattung der Aufsichtsbehörden in angemessenem Maße sicherzustellen.
(10) Um einheitliche Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels sicherzustellen, erstellt die EIOPA Entwürfe technischer Durchführungsstandards für die regelmäßige aufsichtliche Berichterstattung in Bezug auf das Format für die Übermittlung der Informationen an die Aufsichtsbehörden gemäß den Absätzen 1 und 2.
Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Durchführungsstandards bis zum 30. Juni 2015 vor.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Durchführungsstandards nach Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zu erlassen.
(11) Um eine einheitliche und kohärente Anwendung der Absätze 6 und 7 sicherzustellen, gibt die EIOPA im Einklang mit Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 Leitlinien zur näheren Bestimmung der Methoden für die Festlegung des Marktanteils gemäß Unterabsatz 3 der Absätze 6 und 7 heraus.
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