Artikel 22 RL 2014/41/EU
Zeitweilige Überstellung von inhaftierten Personen an den Anordnungsstaat zum Zwecke der Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme
(1) Eine EEA kann für die zeitweilige Überstellung einer im Vollstreckungsstaat inhaftierten Person zum Zwecke der Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme zur Erhebung von Beweismitteln erlassen werden, bei der die Anwesenheit dieser Person im Hoheitsgebiet des Anordnungsstaats erforderlich ist, sofern die Person innerhalb der vom Vollstreckungsstaat gesetzten Frist zurücküberstellt wird.
(2) Zusätzlich zu den Gründen für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung nach Artikel 11 kann die Vollstreckung der EEA auch versagt werden, wenn
- a)
- die inhaftierte Person nicht zustimmt oder
- b)
- die Überstellung geeignet ist, die Haft der inhaftierten Person zu verlängern.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Buchstabe a wird dem gesetzlichen Vertreter der inhaftierten Person die Gelegenheit gegeben, zu der zeitweiligen Überstellung Stellung zu nehmen, wenn der Vollstreckungsstaat dies in Anbetracht des Alters der Person oder ihres körperlichen oder geistigen Zustands für erforderlich hält.
(4) In den in Absatz 1 genannten Fällen wird die Beförderung der inhaftierten Person durch das Hoheitsgebiet eines dritten Mitgliedstaats (im Folgenden „Transitmitgliedstaat” ) auf Antrag gewährt, dem alle notwendigen Schriftstücke beigefügt werden.
(5) Die praktischen Vorkehrungen für die zeitweilige Überstellung der Person, einschließlich der Angaben zu ihren Haftbedingungen im Anordnungsstaat, und die Termine, an denen sie aus dem Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats zu überstellen und in dieses zurück zu überstellen ist, werden zwischen dem Anordnungsstaat und dem Vollstreckungsstaat vereinbart; dabei wird sichergestellt, dass der körperliche und geistige Zustand der betroffenen Person sowie das im Anordnungsstaat geforderte Sicherheitsniveau berücksichtigt werden.
(6) Die überstellte Person bleibt im Hoheitsgebiet des Anordnungsstaats und, soweit dies zutrifft, im Hoheitsgebiet des Transitmitgliedstaats, in Haft wegen der Handlungen oder Verurteilungen, für die sie im Vollstreckungsstaat in Haft gehalten wurde, es sei denn, der Vollstreckungsstaat beantragt ihre Freilassung.
(7) Die Haft im Hoheitsgebiet des Anordnungsstaats wird auf die Dauer des Freiheitsentzugs, dem die betreffende Person im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats unterliegt oder unterliegen wird, angerechnet.
(8) Unbeschadet des Absatzes 6 darf eine überstellte Person wegen vor ihrer Abreise aus dem Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangener Handlungen oder ergangener Verurteilungen, die nicht in der EEA angegeben sind, im Anordnungsstaat weder verfolgt noch inhaftiert noch einer anderen Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit unterworfen werden.
(9) Die in Absatz 8 genannte Immunität endet, wenn die überstellte Person während 15 aufeinander folgender Tage ab dem Tag, an dem ihre Anwesenheit von den Anordnungsbehörden nicht länger verlangt wird, die Möglichkeit gehabt hat, das Hoheitsgebiet zu verlassen, und
- a)
- entweder trotzdem dort verbleibt, oder
- b)
- wenn sie nach Verlassen des Gebiets dorthin zurückgekehrt ist.
(10) Die durch die Anwendung dieses Artikels entstehenden Kosten werden gemäß Artikel 21 getragen, mit Ausnahme der Kosten für die Überstellung der Person in den Anordnungsstaat und der Rücküberstellung aus diesem, die vom Anordnungsstaat getragen werden.
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