Artikel 4 RL 2023/977/EU
An zentrale Kontaktstellen gerichtete Informationsersuchen
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die von ihrer zentralen Kontaktstelle und – sofern dies in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist – von den benannten Strafverfolgungsbehörden an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats gerichteten Informationsersuchen die in den Absätzen 2 bis 6 genannten Anforderungen erfüllen.
Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission eine Liste ihrer benannten Strafverfolgungsbehörden. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über etwaige Änderungen dieser Liste. Die Kommission veröffentlicht die Listen und deren Aktualisierungen im Internet.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre benannten Strafverfolgungsbehörden, wenn sie ein Informationsersuchen an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats übermitteln, eine Kopie dieses Ersuchen an ihre eigene zentrale Kontaktstelle übermitteln.
(2) Die Mitgliedstaaten können es ihren benannten Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall gestatten, davon abzusehen, gleichzeitig mit der Übermittlung von Informationsersuchen an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats gemäß Absatz 1 die Kopie eines Ersuchens an ihre eigene zentrale Kontaktstelle zu übermitteln, wenn dadurch Folgendes gefährdet würde:
- a)
- eine laufende hochsensible Ermittlung, bei der die Verarbeitung von Informationen ein angemessenes Maß an Vertraulichkeit erfordert,
- b)
- Terrorismusfälle, bei denen es sich nicht um Not- oder Krisenmanagementsituationen handelt, oder
- c)
- die Sicherheit einer Person.
(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Informationsersuchen nur dann an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats gerichtet werden, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
- a)
- die angeforderten Informationen erforderlich und verhältnismäßig sind, um den in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten Zweck zu erreichen, und
- b)
- die angeforderten Informationen diesem anderen Mitgliedstaat zur Verfügung stehen.
(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei jedem an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats gerichteten Informationsersuchen angegeben wird, ob das Ersuchen dringend ist, und gegebenenfalls die Gründe für die Dringlichkeit genannt werden. Ein Informationsersuchen gilt als dringend, wenn unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände des betreffenden Sachverhaltes objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die angeforderten Informationen eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- a)
- Die Informationen sind unerlässlich zur Abwehr einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit eines Mitgliedstaats.
- b)
- Die Informationen sind erforderlich, um eine unmittelbare Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer Person abzuwenden.
- c)
- Die Informationen sind erforderlich für den Erlass eines Beschlusses, der die Aufrechterhaltung restriktiver Maßnahmen bis hin zu einem Freiheitsentzug umfassen könnte.
- d)
- Es besteht die unmittelbare Gefahr, dass die Informationen an Relevanz verlieren, wenn sie nicht umgehend zur Verfügung gestellt werden, und die Informationen als wichtig für die Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung von Straftaten anzusehen sind.
(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats gerichtete Informationsersuchen alle für eine angemessene und rasche Bearbeitung gemäß dieser Richtlinie erforderlichen Angaben enthalten, einschließlich mindestens der folgende:
- a)
- eine Präzisierung der angeforderten Informationen, die so detailliert ist, wie dies unter den gegebenen Umständen in angemessener Weise möglich ist;
- b)
- eine Beschreibung des Zwecks, zu dem die Informationen angefordert werden, einschließlich einer Beschreibung des Sachverhalts und der zugrunde liegenden Straftat;
- c)
- die objektiven Gründe, die Anlass zu der Annahme geben, dass die angeforderten Informationen dem ersuchten Mitgliedstaat zur Verfügung stehen;
- d)
- gegebenenfalls eine Erläuterung des Zusammenhangs zwischen dem Zweck, zu dem die Informationen angefordert werden, und allen natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen, auf die sich die Informationen beziehen;
- e)
- gegebenenfalls die Gründe, aus denen das Ersuchen gemäß Absatz 4 als dringend erachtet wird;
- f)
- etwaige Beschränkungen einer Verwendung der in dem Informationsersuchen enthaltenen Informationen zu anderen Zwecken als zu denen, für die sie übermittelt wurden.
(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Informationsersuchen an die zentrale Kontaktstelle eines anderen Mitgliedstaats in einer der Sprachen übermittelt werden, die in der von diesem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 11 erstellten Liste aufgeführt sind.
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