Artikel 27a VO (EG) 2006/1987

Zugriff von Europol auf Daten im SIS II

1. Die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), die durch die Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) errichtet wurde, hat, soweit dies zur Erfüllung ihres Mandats notwendig ist, das Recht, auf Daten im SIS II zuzugreifen und diese abzufragen. Europol kann auch Zusatzinformationen im Einklang mit den Bestimmungen des SIRENE-Handbuchs austauschen und zusätzlich anfragen.

2. Stellt sich bei einer Abfrage durch Europol heraus, dass eine Ausschreibung im SIS II gespeichert ist, setzt Europol den ausschreibenden Mitgliedstaat im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen mithilfe der Kommunikationsinfrastruktur und gemäß den Bestimmungen des SIRENE-Handbuchs davon in Kenntnis. Bis Europol in der Lage ist, die für den Austausch von Zusatzinformationen vorgesehenen Funktionen zu verwenden, setzt es den ausschreibenden Mitgliedstaat über die in der Verordnung (EU) 2016/794 bestimmten Kanäle davon in Kenntnis.

3. Europol kann die von den Mitgliedstaaten übermittelten Zusatzinformationen für die Zwecke ihres Abgleichs mit Europols Datenbanken und Projekten der operativen Analysen im Hinblick auf die Ermittlung etwaiger Zusammenhänge oder anderer relevanter Verbindungen sowie für die strategischen, thematischen oder operativen Analysen gemäß Artikel 18 Absatz 2 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2016/794 verarbeiten. Jegliche Verarbeitung von Zusatzinformationen durch Europol für die Zwecke dieses Artikels erfolgt im Einklang mit jener Verordnung.

4. Die Nutzung der durch eine Abfrage im SIS II oder durch die Verarbeitung von Zusatzinformationen gewonnenen Informationen durch Europol unterliegt der Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats. Gestattet der Mitgliedstaat die Nutzung derartiger Informationen, so erfolgt deren Verarbeitung durch Europol nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2016/794. Europol gibt derartige Informationen nur mit Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats und unter uneingeschränkter Wahrung der Vorschriften des Unionsrechts zum Datenschutz an Drittländer und -stellen weiter.

5. Europol

a)
unterlässt es unbeschadet der Absätze 4 und 6, Teile des SIS II, zu denen sie Zugang hat, oder die darin gespeicherten Daten, auf die sie Zugriff hat, mit einem von oder bei Europol betriebenen System für die Datenerhebung und -verarbeitung zu verbinden bzw. in ein solches zu übernehmen oder einen bestimmten Teil des SIS II herunterzuladen oder in anderer Weise zu vervielfältigen;
b)
löscht ungeachtet des Artikels 31 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/794 Zusatzinformationen, die personenbezogene Daten enthalten, spätestens ein Jahr nach der Löschung der entsprechenden Ausschreibung. Abweichend hiervon darf Europol, sofern diese Agentur in ihren Datenbanken oder Projekten für die operationelle Analyse über Informationen zu einem Fall verfügt, der mit den Zusatzinformationen in Verbindung steht, ausnahmsweise die Zusatzinformationen über diese Frist hinaus speichern, sofern dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Erforderlichenfalls unterrichtet Europol den ausschreibenden und den vollziehenden Mitgliedstaat über die weitere Speicherung derartiger Zusatzinformationen und legt eine Begründung hierfür vor;
c)
beschränkt den Zugriff auf die Daten im SIS II, einschließlich der Zusatzinformationen, auf die eigens dazu ermächtigten Bediensteten von Europol, die diesen für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen;
d)
legt Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit, der Geheimhaltung und der Eigenkontrolle gemäß den Artikeln 10, 11 und 13 fest und wendet sie an;
e)
stellt sicher, dass das zur Verarbeitung von SIS-II-Daten ermächtigte Personal eine angemessene Schulung und Unterrichtung nach Artikel 14 erhält; und
f)
gestattet dem Europäischen Datenschutzbeauftragten unbeschadet der Verordnung (EU) 2016/794, die Tätigkeiten Europols bei der Ausübung ihres Rechts auf Zugriff auf die Daten im SIS II und deren Abfrage sowie beim Austausch und bei der Verarbeitung von Zusatzinformationen zu überwachen und zu überprüfen.

6. Europol darf Daten aus dem SIS II nur zu technischen Zwecken vervielfältigen, wenn dies zur direkten Abfrage durch die ordnungsgemäß ermächtigten Europol-Bediensteten erforderlich ist. Auf solche Vervielfältigungen findet diese Verordnung Anwendung. Die technische Kopie wird nur für die Zwecke der Speicherung von SIS-II-Daten verwendet, während diese Daten abgefragt werden. Sobald die Daten abgefragt wurden, werden sie gelöscht. Diese Verwendungen sind nicht als rechtswidriges Herunterladen oder Vervielfältigen von SIS-II-Daten anzusehen. Europol darf Ausschreibungsdaten oder ergänzende Daten, die von Mitgliedstaaten oder der CS-SIS II übermittelt wurden, nicht in andere Europol-Systeme kopieren.

7. Für die Zwecke der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, der Eigenkontrolle und der Sicherstellung der angemessenen Sicherheit und Integrität der Daten führt Europol gemäß den Bestimmungen des Artikels 12 über jeden Zugriff auf das SIS II und jede Abfrage im SIS II Protokolle. Diese Protokolle und Dokumentationen gelten nicht als rechtswidriges Herunterladen oder Vervielfältigen eines Teils des SIS II.

8. Die Mitgliedstaaten unterrichten Europol im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen über jeglichen Treffer zu Ausschreibungen im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten. Die Mitgliedstaaten können ausnahmsweise davon absehen, Europol zu unterrichten, wenn dies laufende Ermittlungen oder die Sicherheit einer Person gefährden oder wesentlichen Interessen der Sicherheit des ausschreibenden Mitgliedstaats zuwiderlaufen würde.

9. Absatz 8 gilt ab dem Zeitpunkt, zu dem Europol Zusatzinformationen gemäß Absatz 1 erhalten kann.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53).

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