ANHANG II VO (EU) 2020/689

ÜBERWACHUNGSPROGRAMME IN DER UNION

TEIL I

Abschnitt 1

1.
RÄUMLICHER ANWENDUNGSBEREICH

Die Überwachung muss in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

2.
ANWENDUNGSZEITRAUM

Bis auf Widerruf.

3.
ALLGEMEINE VORGEHENSWEISE

Das Überwachungssystem muss die in Abschnitt 2 festgelegten Ziele verfolgen und auf einem umfassenden Ansatz aufgebaut sein, der verschiedene, einander ergänzende Bestandteile der Überwachungstätigkeiten bei Geflügel- und Wildvögelpopulationen umfasst:

Früherkennungssysteme wie in den Abschnitten 3 und 4 vorgeschrieben;

risikobasierte Überwachung wie in den Abschnitten 5 und 6 vorgeschrieben.

Abschnitt 2

1.
Früherkennung der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) bei Geflügel.
2.
Früherkennung der HPAI bei Wildvögeln mit folgenden Zielen:

a)
Frühwarnung vor möglicher Einschleppung von HPAI in Geflügelbestände, insbesondere wenn Viren durch Wanderungsbewegungen von Wildvögeln in die Union gelangen;
b)
Informationen für die Bewertung der Risiken einer Virusausbreitung nach bestätigten Fällen von HPAI bei Wildvögeln.

3.
Erkennung von HPAI bei Geflügelarten, die im Allgemeinen keine signifikanten klinischen Anzeichen aufweisen.
4.
Erkennung zirkulierender niedrigpathogener Viren der Aviären Influenza (LPAIV), die sich insbesondere in Gebieten mit einer hohen Dichte von Geflügelbetrieben leicht zwischen Geflügelbeständen ausbreiten können, angesichts ihres Potenzials, zu HPAI zu mutieren, um

a)
Cluster von LPAIV-Infektionen zu identifizieren und
b)
das Risiko der Ausbreitung von LPAIV durch Verbringung von Geflügel und durch Infektionsträger in bestimmten gefährdeten Produktionssystemen zu überwachen.

5.
Beitrag zum Wissensaufbau über HPAI und LPAIV, die ein potenzielles Zoonoserisiko darstellen.

Abschnitt 3

1.
Die Früherkennungssysteme für HPAI bei Geflügel müssen Teil der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a vorgesehenen allgemeinen Überwachungsanforderungen sein und im gesamten Geflügelsektor durchgängig umgesetzt werden.
2.
Die in Absatz 1 erwähnte Überwachung muss in Betrieben, die in einem Gebiet liegen, für das ein erhöhtes Risiko für die Einschleppung und Ausbreitung von HPAI festgestellt wurde, mindestens die Früherkennung und Frühuntersuchung umfassen von

a)
jeder Veränderung der normalen Produktions- und Gesundheitsparameter wie Sterblichkeit, Nahrungs- und Wasseraufnahme und Eierproduktion sowie
b)
allen klinischen Anzeichen oder postmortalen Läsionen, die auf HPAI schließen lassen.

3.
Die regelmäßige Prüfung von Proben, die von totem und krankem Geflügel in Betrieben in einem Gebiet entnommen wurden, für das ein erhöhtes Risiko für die Einschleppung und Ausbreitung von HPAI festgestellt wurde, kann ebenfalls relevant sein, wenn aufgrund von HPAI-Ausbrüchen bei Geflügel und/oder Wildvögeln ein erhöhtes Risiko auf nationaler, EU- oder regionaler Ebene festgestellt wurde.

Abschnitt 4

1.
Die Früherkennung von HPAI bei Wildvögeln muss auf der Probenahme bei und Untersuchung von Vögeln basieren, die

a)
tot aufgefunden wurden;
b)
verletzt oder krank aufgefunden wurden;
c)
mit klinischen Anzeichen erlegt wurden.

Diese Überwachung muss eventuell um Kontrollsysteme mit organisierten Patrouillen zur Erkennung und Sammlung toter und kranker Vögel erweitert werden, wenn HPAI bei Wildvögeln festgestellt wurde.

2.
Die Planung dieser Überwachung muss risikobasiert erfolgen und mindestens relevante Informationen über Ornithologie, Virologie, Epidemiologie und Umweltfragen einbeziehen.
3.
Die Überwachung muss sich, wie in Abschnitt 8 festgelegt, auf Vögel der Zielwildvogelarten beziehen. Jedoch müssen alle Verdachtsfälle auf Sterblichkeit bei Wildvögeln untersucht werden, um HPAI auszuschließen.

Neben den Zielwildvogelarten können auch andere Wildvogelarten einbezogen werden, wenn ihre spezifische epidemiologische Relevanz auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bewertet wurde.

4.
An als vorrangig eingestuften Orten und Orten von zentraler Bedeutung, insbesondere solchen, wo Vögel der Zielwildvogelarten bei ihren Wanderungsbewegungen in die Union gelangen, zumindest aus den nordöstlichen und östlichen Zugrouten, kann die Überwachung zusätzlich die Probenahme bei folgenden Vögeln und ihre Überprüfung umfassen:

a)
in Fallen gefangene Vögel;
b)
gejagte gesunde Vögel;
c)
Sentinelvögel.

5.
Zusätzliche Informationsquellen aus der Untersuchung von Wildvögeln im Zusammenhang mit einem HPAI-Ausbruch bei gehaltenen Vögeln müssen in die Ergebnisse der Überwachung auf HPAI bei Wildvögeln einbezogen werden.

Abschnitt 5

1.
Bei der risikobasierten Überwachung auf Infektionen mit HPAI in Geflügelbetrieben, in denen Enten, Gänse, zu den Anseriformes gehörende Geflügelarten für die Aufstockung von Wildbeständen oder Wachteln zur Auswilderung gehalten werden, müssen mindestens die folgenden Risikofaktoren berücksichtigt werden:

a)
die bisherige und die aktuelle epidemiologische Situation der Seuche und ihre Entwicklung bei Geflügel und Wildvögeln im Zeitverlauf;
b)
die Nähe der Betriebe zu Gewässern und anderen Orten, an denen sich Zugvögel, insbesondere Wasservögel, während ihrer Wanderungen in und durch die Union in größerer Zahl versammeln oder rasten;
c)
Zeiträume vermehrter Wanderung wilder Zugvögel der Zielarten in und durch die Union;
d)
die Struktur der Geflügelhaltung einschließlich des in die verschiedenen Produktionssysteme involvierten übergreifenden Sektors;
e)
die geografische Lage der Betriebe in einem Gebiet mit hoher Geflügeldichte;
f)
die Vorkehrungen der Betriebe zum Schutz vor biologischen Gefahren;
g)
Art und Häufigkeit der Verbringung von Geflügel, Erzeugnissen und Geflügel transportierenden Fahrzeugen sowie Handelsströme und
h)
Risikobewertungen und wissenschaftliche Empfehlungen bezüglich der Relevanz der Ausbreitung von HPAI durch Wildvögel.

2.
Wenn es wissenschaftlich begründbar ist, können zusätzliche Risikofaktoren, die nicht in Absatz 1 Buchstaben a bis h aufgeführt sind, einbezogen und Risikofaktoren, die für die besondere Situation des Mitgliedstaats nicht relevant sind, weggelassen werden.

Abschnitt 6

1.
Die risikobasierte Überwachung zum Nachweis zirkulierender niedrigpathogener Viren der Aviären Influenza (LPAIV), die sich insbesondere in Gebieten mit einer hohen Dichte an Geflügelbetrieben, wie in Abschnitt 2 Absatz 4 angegeben, leicht zwischen Geflügelbeständen ausbreiten können, muss auf Geflügelbetriebe angewandt werden, bei denen die zuständige Behörde festgestellt hat, dass Cluster von LPAIV-Infektionen in der Vergangenheit wiederholt aufgetreten sind oder mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten können.
2.
Solche Cluster sind durch LPAIV-Infektionen bei Gruppen zeitlich oder durch geografische Nähe verbundener Betriebe gekennzeichnet.
3.
Die Bewertung von Betrieben zur Auswahl für die gezielte Überwachung muss das Risiko der lateralen Übertragung des Virus aufgrund der Struktur und Komplexität des Produktionssystems und der funktionellen Verbindungen zwischen Betrieben, insbesondere in Gebieten mit einer hohen Dichte an Betrieben, berücksichtigen.
4.
Zusätzlich zu den in Absatz 3 genannten Kriterien für die gezielte Überwachung von Betrieben müssen auf Betriebsebene folgende Risikofaktoren berücksichtigt werden:

a)
die gehaltenen Arten;
b)
Produktionszyklus und -dauer;
c)
die Anwesenheit mehrerer Geflügelarten;
d)
die Anwesenheit von Geflügelbeständen mit verschiedenen Altersstufen;
e)
die Anwesenheit von Geflügel mit hohem Lebensalter;
f)
die Anwendung des Grundsatzes der Bestandserneuerung;
g)
die Wartezeit zwischen Besätzen, und
h)
Vorkehrungen zum Schutz vor biologischen Gefahren und Haltungsbedingungen.

Abschnitt 7

1.
Die in Abschnitt 3 genannten Früherkennungssysteme für die Infektion mit HPAI müssen für alle Geflügelpopulationen gelten.
2.
Die in Abschnitt 5 genannte ergänzende Überwachung auf eine HPAI-Infektion bei Geflügelarten, die im Allgemeinen bei einer HPAI-Infektion keine signifikanten klinischen Anzeichen aufweisen, muss auf folgende Kategorien angewandt werden:

a)
Zuchtenten;
b)
Zuchtgänse;
c)
Mastenten;
d)
Mastgänse;
e)
Wachteln;
f)
zu den Anseriformes gehörende Geflügelarten, die zur Aufstockung von Wildbeständen ausgewildert werden sollen.

3.
Zusätzlich zu den unter Absatz 2 aufgezählten Arten und Kategorien kann die in Abschnitt 6 genannte Auswahl für die Probenahme und Untersuchung auf eine Infektion mit LPAIV auf die folgenden Geflügelarten und Produktionskategorien angewandt werden:

a)
Legehennen, einschließlich aus Freilandhaltung;
b)
Zuchttruthühner;
c)
Masttruthühner;
d)
zu den Galliformes gehörende Geflügelarten, die zur Aufstockung von Wildbeständen ausgewildert werden sollen.

Abschnitt 8

Die Zielwildvogelarten, insbesondere Wasserzugvögel, sind nachweislich einem erhöhten Risiko der Infektion mit oder Übertragung von HPAI ausgesetzt. Die auf Grundlage der neuesten Erkenntnisse zusammengestellte und aktualisierte Liste der Zielwildvogelarten ist auf der Webseite der EURL verfügbar.

Abschnitt 9

1.
Die Anzahl von Geflügelbetrieben, von denen Proben zu entnehmen sind, und die Anzahl der zu untersuchenden Tiere pro Betrieb sowie gegebenenfalls pro epidemiologischer Einheit (z. B. Geflügelbestand, Stall) im betreffenden Betrieb müssen anhand einer statistisch validen Methode zur Probenahme bestimmt werden. Dabei kann es sich um die Methode handeln, die für repräsentative Probenahmen verwendet wird, d. h. eine geschätzte Prävalenz, die mit einem von der zuständigen Behörde im Voraus festgelegten Konfidenzniveau ermittelt wird.
2.
Untersuchungshäufigkeit und -zeitraum:

a)
die Häufigkeit der Probenahme und Untersuchung der Geflügelbetriebe muss anhand des Ergebnisses einer Risikobewertung durch die zuständige Behörde festgelegt werden;
b)
der Zeitraum der Probenahme muss für jede Produktionskategorie mit der jahreszeitlichen Produktion übereinstimmen, jedoch darf hierdurch der Ansatz der risikobasierten Überwachung nicht beeinträchtigt werden;
c)
falls relevant, muss der Zeitraum der Probenahme den in Abschnitt 3 Absatz 3 erwähnten Zeitabschnitt eines erhöhten Risikos berücksichtigen. Die Proben müssen einer Laboruntersuchung mit virologischen Methoden unterzogen werden, wenn sie für folgende Zwecke entnommen wurden:

i)
die in Abschnitt 3 erwähnte Früherkennung von HPAI bei Geflügel;
ii)
die in Abschnitt 4 erwähnte Früherkennung von HPAI bei Wildvögeln;
iii)
die in Abschnitt 5 erwähnte ergänzende Überwachung auf HPAI bei Geflügelarten, die im Allgemeinen keine signifikanten klinischen Anzeichen von HPAI aufweisen;
iv)
die in Absatz 4 Buchstabe b genannten Nachuntersuchungen seropositiver Befunde.

Für die virologische Untersuchung müssen die Prävalenz und das Zeitfenster für die Erkennung einer aktiven Infektion berücksichtigt werden.

3.
Die Proben müssen einer Laboruntersuchung mit serologischen Methoden unterzogen werden, wenn sie für folgende Zwecke entnommen wurden:

a)
die in Abschnitt 5 erwähnte ergänzende Überwachung auf HPAI bei Geflügelarten, die im Allgemeinen keine signifikanten klinischen Anzeichen von HPAI aufweisen, zur Ergänzung der virologischen Untersuchung nach Bedarf;
b)
die in Abschnitt 6 genannte Erkennung von Clustern aus mit LPAIV infizierten Betriebe. Falls aus technischen Gründen oder aus anderen hinreichend gerechtfertigten Gründen eine Probenahme für die Serologie nicht angebracht ist, muss eine virologische Untersuchung durchgeführt werden.

Abschnitt 10

Die Überwachung auf HPAI muss Überwachungstätigkeiten bei gehaltenen und wild lebenden Tieren nicht gelisteter Arten umfassen, wenn die Seuchenlage den Schluss zulässt, dass diese Arten ein Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen können.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.