Artikel 7 VO (EU) 2023/1781

Konsortium für eine europäische Chip-Infrastruktur

(1) Zur Durchführung von im Rahmen der Initiative finanzierten Maßnahmen kann gemäß dem vorliegenden Artikel ein Rechtsträger in Form eines Konsortiums für eine europäische Chip-Infrastruktur (im Folgenden „ECIC” ) gegründet werden. Es kann mehr als ein ECIC gegründet werden.

(2) Ein ECIC

a)
besitzt Rechtspersönlichkeit ab dem Tag des Inkrafttretens des in Absatz 5 genannten Durchführungsrechtsakts der Kommission;
b)
verfügt in jedem betreffenden Mitgliedstaat über die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats zuerkannt wird und insbesondere über die Fähigkeit, bewegliches und unbewegliches Vermögen sowie geistiges Eigentum zu erwerben, zu besitzen und zu veräußern, Verträge zu schließen und vor Gericht aufzutreten;
c)
hat einen einzigen satzungsmäßigen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats;
d)
wird von mindestens drei Mitgliedern (im Folgenden „Gründungsmitglieder” ) gegründet, nämlich Mitgliedstaaten, oder öffentliche oder private Rechtsträger aus mindestens drei Mitgliedstaaten oder eine Kombination davon, um eine breite Vertretung aus der gesamten Union zu erreichen;
e)
stellt sicher, dass nach dem Erlass des in Absatz 5 genannten Durchführungsbeschlusses zur Gründung des ECIC andere Mitgliedstaaten dem ECIC jederzeit als Mitglieder beitreten können, dass andere öffentliche oder private Rechtsträger jederzeit zu fairen und angemessenen Bedingungen, die in der Satzung des ECIC festgelegt sind, als Mitglieder beitreten können und dass Mitgliedstaaten, die keinen finanziellen oder nichtfinanziellen Beitrag leisten, dem ECIC durch Mitteilung an diesen als Beobachter ohne Stimmrecht beitreten können;
f)
benennt einen Koordinator.

(3) Der Koordinator eines potenziellen ECIC stellt bei der Kommission im Namen aller Gründungsmitglieder einen schriftlichen Antrag. Dieser Antrag enthält Folgendes:

a)
ein Ersuchen an die Kommission, ein ECIC zu gründen, mit einer Liste der Gründungsmitglieder, die das Konsortium bilden;
b)
eine Beschreibung der wichtigsten Aufgaben, Tätigkeiten und erforderlichen Ressourcen für die Durchführung der im Antrag beschriebenen Maßnahmen;
c)
den Entwurf der Satzung des ECIC, der zumindest Folgendes umfasst:

i)
die Dauer der und das Verfahren zur Auflösung gemäß Artikel 10;
ii)
die Haftungsregelung gemäß Artikel 8;
iii)
den satzungsmäßigen Sitz und den Namen des ECIC;
iv)
den Anwendungsbereich der Aufgaben und Tätigkeiten des ECIC;
v)
die Mitgliedschaft, einschließlich der Bedingungen und des Verfahrens für Änderungen der Mitgliedschaft;
vi)
den Haushalt, einschließlich der Regelungen für die jeweiligen Finanz- und Sachbeiträge seiner Mitglieder;
vii)
das Eigentum an den Ergebnissen;
viii)
die Governance, einschließlich des Beschlussverfahrens und der spezifischen Rollen;
ix)
gegebenenfalls der Stimmrechte;

d)
eine Erklärung des Aufnahmemitgliedstaats, ob er das ECIC ab dem Tag seiner Gründung als internationale Einrichtung im Sinne des Artikels 143 Absatz 1 Buchstabe g und des Artikels 151 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2006/112/EG und als internationale Einrichtung im Sinne des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2020/262 anerkennt, vorbehaltlich der Grenzen und Bedingungen für die in jenen Bestimmungen vorgesehenen Befreiungen, die in einer Vereinbarung zwischen den Mitgliedern des ECIC festgelegt werden;
e)
eine Beschreibung, in der ausgeführt wird, wie die vom ECIC ergriffenen Maßnahmen zu den in Artikel 4 festgelegten einschlägigen Zielen beitragen, einschließlich eines Überblicks über die erwarteten Auswirkungen einer potenziellen öffentlichen Finanzierung;
f)
eine Erklärung, dass das ECIC seine Tätigkeiten gemäß den Grundsätzen einer soliden Haushaltsführung ausübt, um seiner finanziellen Verantwortung gerecht zu werden.

(4) Die Kommission bewertet die Anträge anhand aller folgenden Kriterien:

a)
angemessene Kompetenzen, angemessene Fachkenntnisse und angemessenes Vermögen der vorgeschlagenen Gründungsmitglieder des ECIC in Bezug auf Halbleiter;
b)
angemessene Verwaltungskapazität, Personalstärke und Ressourcen, die für die Erfüllung des entsprechenden satzungsmäßigen Zwecks erforderlich sind;
c)
operative und rechtliche Mittel, um die auf Unionsebene festgelegten Vorschriften für die Verwaltung sowie das Vertrags- und Finanzmanagement anzuwenden;
d)
angemessene finanzielle Tragfähigkeit, die der Höhe der Unionsmittel entspricht, mit deren Verwaltung es beauftragt werden soll, und die gegebenenfalls durch Rechnungslegungsunterlagen und Bankauszüge nachgewiesen wird;
e)
Beiträge der Mitglieder des ECIC, die dem ECIC zur Verfügung gestellt würden, und die damit verbundenen Regelungen;
f)
Offenheit des ECIC für neue Mitglieder;
g)
Fähigkeit des ECIC, den Bedarf der Halbleiter-Wertschöpfungskette der Union, einschließlich Start-ups und KMU, zu decken;
h)
Beitrag der zur Durchführung vorgeschlagenen Maßnahme zu den in Artikel 4 festgelegten einschlägigen Zielen, insbesondere ihren Beitrag zur Gewährleistung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Halbleitersektors der Union.

(5) Die Kommission erlässt auf der Grundlage der in Absatz 4 festgelegten Kriterien einen Durchführungsrechtsakt, mit dem entweder der Antragsteller als ECIC anerkannt oder der Antrag abgelehnt wird. Die Kommission teilt dies den Gründungsmitgliedern entsprechend mit. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 38 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(6) Der Durchführungsbeschluss zur Gründung des ECIC wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(7) Änderungen der Satzung des ECIC müssen mit den Zielen dieser Verordnung vereinbar sein und zu ihnen beitragen. Das ECIC notifiziert diese Änderungen der Kommission innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Annahme. Diese Notifikationen enthalten Folgendes:

a)
den Wortlaut der vorgeschlagenen oder gegebenenfalls beschlossenen Änderung einschließlich des Tages ihres Inkrafttretens und
b)
die geänderte, konsolidierte Fassung der Satzung des ECIC.

Die Kommission kann gegen diese Änderungen innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt dieser Notifikation Einwände erheben; sie gibt die Gründe dafür an, weshalb die Änderungen die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen.

Die Änderungen werden wirksam, nachdem die Frist für die Erhebung von Einwänden gemäß Unterabsatz 2 abgelaufen ist, nachdem die Kommission auf ihr Einspruchsrecht verzichtet oder nachdem die Kommission ihre Einwände zurückgezogen hat.

(8) Ein ECIC erstellt einen jährlichen Tätigkeitsbericht, der eine technische Beschreibung seiner Tätigkeiten und einen Finanzbericht enthält. Der jährliche Tätigkeitsbericht enthält eine Bewertung der ökologischen und sozialen Auswirkungen der finanzierten Maßnahmen und wird der Kommission übermittelt und öffentlich zugänglich gemacht. Die Kommission kann Empfehlungen zu den im jährlichen Tätigkeitsbericht behandelten Angelegenheiten abgeben. Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Halbleitergremium unverzüglich die jährlichen Tätigkeitsberichte des ECIC.

(9) Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass das ECIC sich geweigert hat, ein neues Mitglied des Konsortiums aufzunehmen, ohne ausreichend Gründe für die Weigerung auf der Grundlage der in seiner Satzung festgelegten fairen und angemessenen Bedingungen anzugeben, so kann dieser Mitgliedstaat die Angelegenheit dem Rat der öffentlichen Körperschaften des Gemeinsamen Unternehmens für Chips zur Kenntnis bringen. Der Rat der öffentlichen Körperschaften des Gemeinsamen Unternehmens für Chips empfiehlt erforderlichenfalls gemäß Artikel 137 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2021/2085, dass das ECIC Abhilfemaßnahmen wie etwa eine Änderung seiner Satzung ergreift.

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