Artikel 58 VO (EU) 2024/1938
Standards hinsichtlich des Schutzes von SoHO-Empfängern und Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung
(1) SoHO-Einrichtungen legen Verfahren fest, mit denen ein hohes Qualitäts- und Sicherheitsniveau von SoHO erreicht wird. Mit diesen Verfahren wird sichergestellt, dass der Nutzen für SoHO-Empfänger und Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung die Restrisiken überwiegt. Sie müssen insbesondere mit hoher Sicherheit ausschließen können, dass Krankheitserreger, Toxine oder genetische Erkrankungen, die potenziell lebensbedrohlich sind oder zu Behinderungen oder Invalidität führen können und von einem Fremdspender stammen, auf Empfänger oder Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung übertragen werden. Die Verfahren zur Verhinderung der Übertragung schwerwiegender genetischer Erkrankungen umfassen auch Gentests, soweit die nationalen Rechtsvorschriften solche Tests zulassen.
(2) In den in Absatz 1 genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen das Risiko der Übertragung übertragbarer Krankheiten von SoHO-Spendern auf SoHO-Empfänger, indem sie mindestens die folgenden Maßnahmen miteinander kombinieren:
- a)
- Überprüfung und Beurteilung von aktuellen und früheren Informationen über Gesundheitszustand, Reisen und relevante Verhaltensmuster von SoHO-Spendern, und gegebenenfalls deren Familienanamnese, auf deren Grundlage eine Rückstellung oder ein Ausschluss von SoHO-Spendern erfolgen kann, wenn durch Testung des SoHO-Spenders Risiken nicht minimiert werden können,
- b)
- Testung von SoHO-Spendern auf übertragbare Krankheiten in ordnungsgemäß akkreditierten, zertifizierten oder zugelassenen Laboratorien unter Verwendung zertifizierter und validierter Testmethoden oder, wenn dies nicht möglich ist, anhand anderer von diesen Laboratorien validierter Methoden;
- c)
- wenn möglich, andere Maßnahmen, die potenziell übertragbare Krankheitserreger reduzieren oder eliminieren.
(3) Bei den in Absatz 1 genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen das Risiko, dass nichtübertragbare Krankheiten, wenn sie für die betreffende SoHO zutreffen, einschließlich der Übertragung schwerer genetischer Erkrankungen und Krebs, von SoHO-Spendern auf SoHO-Empfänger oder Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung übertragen werden, indem sie mindestens die folgenden Maßnahmen kombinieren:
- a)
- Überprüfung des aktuellen und früheren Gesundheitszustands der SoHO-Spender, und gegebenenfalls deren Familienanamnese, auf deren Grundlage eine Rückstellung oder ein Ausschluss von SoHO-Spendern erfolgen kann, bei denen das Risiko besteht, dass durch die SoHO-Verwendung Krebszellen, schwere genetische Erkrankungen oder andere nichtübertragbare Krankheiten von der Verwendung von SoHO bei Menschen auf einen SoHO-Empfänger übertragen werden,
- b)
-
in Fällen, in denen die Übertragung schwerer genetischer Erkrankungen ein festgestelltes Risiko ist, und insbesondere bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung mit Fremdspende, und soweit nach nationalen Rechtsvorschriften jedwede folgende Testung zugelassen ist:
- i)
- routinemäßige Testung von SoHO-Spendern auf genetische Erkrankungen, die potenziell lebensbedrohlich sind oder zu Behinderungen oder Invalidität führen können, mit einer signifikanten Prävalenz in der SoHO-Spenderpopulation, oder
- ii)
- Testung von SoHO-Empfängern, um das genetische Risiko für Erkrankungen, die potenziell lebensbedrohlich sind oder zu Behinderungen oder Invalidität führen können, je nach Familienanamnese zu ermitteln, in Verbindung mit der Prüfung von SoHO-Fremdspendern auf solche ermittelten schwerwiegenden genetischen Erkrankungen, damit der Spender so ausgewählt werden kann, dass diese Erkrankungen bei den Nachkommen durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung verhindert werden.
(4) Bei den in Absatz 1 genannten Verfahren ergreifen die SoHO-Einrichtungen Maßnahmen, um die Risiken der Übertragung übertragbarer oder nicht übertragbarer Krankheiten auf die SoHO-Empfänger zu mindern, die sich aus einer Kreuzkontamination zwischen SoHO während der Gewinnung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung ergeben. Mit solchen Maßnahmen wird sichergestellt, dass physische Kontakte zwischen SoHO verschiedener SoHO-Spender sowie SoHO, das von verschiedenen Personen für die künftige autologe Verwendung oder Verwendung innerhalb einer Beziehung gesammelt wurde, vermieden werden oder in Fällen, in denen die Bündelung von SoHO für die Wirksamkeit bzw. Funktionalität oder Durchführbarkeit des SoHO-Präparats erforderlich ist, dieser Kontakt auf ein vertretbares Maß beschränkt wird.
(5) Bei den in Absatz 1 genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen die Risiken infolge einer mikrobiellen Kontamination der SoHO durch die Umwelt, das Personal, die Ausrüstung und die Materialien, die bei der Gewinnung, Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung mit den SoHO in Kontakt kommen. Die SoHO-Einrichtungen mindern diese Risiken durch die Kombination von mindestens der folgenden Maßnahmen:
- a)
- Festlegung und Überprüfung der Hygieneverfahren für das Personal der SoHO-Einrichtung, das in der gesamten SoHO-Aufbereitungskette mit SoHO in Kontakt steht;
- b)
- Festlegung und Überprüfung der Sauberkeit der Sammelbereiche unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Exposition von SoHO gegenüber der Umwelt während der Gewinnung und der Lagerbereiche;
- c)
- in Fällen, in denen SoHO während der Verarbeitung der Umwelt ausgesetzt sind, Spezifizierung einer bestimmten Luftqualität in den Verarbeitungsbereichen auf der Grundlage einer strukturierten und dokumentierten Risikobewertung für jedes SoHO-Präparat sowie Validierung und Aufrechterhaltung dieser Luftqualität,
- d)
- Festlegung, Beschaffung und Dekontaminierung von Ausrüstung und Materialien, die während der Gewinnung, Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung mit SoHO in Berührung kommen, sodass ihre Sterilität erforderlichenfalls gewährleistet ist;
- e)
- Durchführung von Qualitätskontrolltests von SoHO zum Nachweis mikrobieller Kontaminationen und Anwendung von Methoden der Inaktivierung oder Beseitigung von Mikroorganismen, soweit möglich und angemessen.
(6) Bei den in Absatz 1 genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen das Risiko, dass Reagenzien und Lösungen, die SoHO zugesetzt werden oder während der Gewinnung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung mit den SoHO in Berührung kommen, auf die SoHO-Empfänger übertragen werden und gesundheitsschädigende Wirkungen haben könnten, indem sie mindestens die folgenden Maßnahmen kombinieren:
- a)
- Spezifizierung dieser Reagenzien und Lösungen vor dem Kauf und der Verwendung,
- b)
- Überprüfung der erforderlichen Zertifizierungen für solche Reagenzien und Lösungen,
- c)
- Erbringung des Nachweises, dass solche Reagenzien und Lösungen, soweit erforderlich, vor der Verteilung entfernt werden.
(7) Bei den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen das Risiko, dass inhärente Eigenschaften von SoHO, die für die klinische Wirksamkeit bzw. Funktionalität erforderlich sind, durch eine durchgeführte SoHO-Tätigkeit so verändert worden sein könnten, dass SoHO bei ihrer Verwendung bei SoHO-Empfängern unwirksam oder weniger wirksam werden, indem sie mindestens die folgenden Maßnahmen kombinieren:
- a)
- Durchführung einer umfassenden Prozessvalidierung und Gerätequalifizierung nach Artikel 39 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer viii,
- b)
- Erbringung des Wirksamkeits- bzw. Funktionalitätsnachweises nach Artikel 39 Absatz 2 Buchstabe d, sofern erforderlich.
(8) Bei den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen das Risiko, dass SoHO bei den SoHO-Empfängern eine unerwartete Immunreaktion hervorrufen, indem sie mindestens die folgenden Maßnahmen miteinander kombinieren:
- a)
- angemessene Typisierung und, soweit erforderlich, Zuordnung (Matching) von SoHO-Empfängern zu SoHO-Spendern,
- b)
- gegebenenfalls Verfahren zur Verringerung derjenigen SoHO-Elemente einführen, die eine unbeabsichtigte Immunreaktion anregen, soweit dies machbar ist;
- c)
- korrekte Verteilung und Verwendung der SoHO an bzw. für die richtigen SoHO-Empfänger nach Artikel 42.
(9) Bei den in Absatz 1 genannten Verfahren mindern die SoHO-Einrichtungen alle anderen vermeidbaren Risiken, die sich durch die Verwendung von SoHO für die Gesundheit von SoHO-Empfängern oder Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung ergeben, auch im Zusammenhang mit dem Schutz der Würde gemäß dem nationalen Recht, und nicht in den Absätzen 2 bis 8 behandelt werden, durch die Anwendung von Verfahren, die sie als sicher und wirksam zur Minderung des betreffenden Risikos validiert haben oder deren risikomindernde Wirkung durch veröffentlichte wissenschaftliche Erkenntnisse belegt ist.
(10) SoHO-Einrichtungen, die reproduktive SoHO von Fremdspendern vertreiben, müssen gegebenenfalls die in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Vorschriften über die Begrenzung der Zahl der Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung oder der Verwendungen von reproduktiver SoHO von einem einzigen SoHO-Spender bei Menschen einhalten. Die SoHO-Einrichtungen überwachen die Einhaltung dieser Vorschriften gemäß den nationalen Rechtsvorschriften über Register für reproduktive SoHO-Spender. Unbeschadet dieser Vorschriften hält die abgebende SoHO-Einrichtung, wenn reproduktive SoHO an einen anderen Mitgliedstaat verteilt werden, die vom empfangenden Mitgliedstaat festgelegten Grenzen ein. Dieser Artikel berührt nicht die Vorschriften der Mitgliedstaaten über Beschränkungen der grenzüberschreitenden Verteilung von reproduktiven SoHO.
(11) Bei der Durchführung von SoHO-Tätigkeiten nutzen SoHO-Einrichtungen soweit wie möglich Technologien, die das Risiko menschlichen Versagens verringern.
(12) SoHO-Einrichtungen dürfen
- a)
-
SoHO-Präparaten bei SoHO-Empfängern ohne nachgewiesenen Nutzen nicht verwenden, außer im Rahmen
- i)
- eines Plans zur Überwachung der klinischen Ergebnisse, der von ihrer für SoHO zuständigen Behörde gemäß Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe d genehmigt wurde,
- ii)
- einer individuellen Behandlung im Hinblick auf die therapeutische Entscheidung des behandelnden Arztes gemäß Artikel 19 Absatz 11, oder
- iii)
- einer gesundheitlichen Notlage gemäß Artikel 65;
- b)
- SoHO-Präparate bei SoHO-Empfängern nicht unnötigerweise verwenden, sondern müssen SoHO unter Berücksichtigung therapeutischer Alternativen und unter Beachtung der neuesten Leitlinien gemäß Artikel 59 optimal nutzen,
- c)
- für bestimmte SoHO bei potenziellen SoHO-Empfängern, bei Personen, die in deren Namen die Einwilligung erteilen, oder bei Angehörigen der Gesundheitsberufe nicht mit Informationen werben, die insbesondere in Bezug auf den potenziellen Nutzen und die Vorteile für die SoHO-Empfänger der betreffenden SoHO irreführend sind, oder die die damit verbundenen Risiken herunterspielen.
- d)
- allogene SoHO nicht zu anderen Zwecken als zur Prävention oder Behandlung einer Erkrankung, auch durch rekonstruktive Chirurgie, oder zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung verbreiten oder anwenden.
(13) Für die in den Absätzen 2 und 3 genannten Maßnahmen überprüfen die SoHO-Einrichtungen die Eignung eines SoHO-Spenders
- a)
- anhand einer Befragung des SoHO-Spenders, falls es sich um die Spende eines lebenden SoHO-Spenders handelt, oder gegebenenfalls mit Personen, die in ihrem Namen ihre Einwilligung erteilen, oder
- b)
- im Falle der Gewinnung von SoHO von verstorbenen SoHO-Spendern anhand einer Befragung einer relevanten Person, die über die Gesundheit und Lebensführung des SoHO-Spenders im Bilde ist.
Im Falle einer Spende eines lebenden SoHO-Spenders kann die in Unterabsatz 1 Buchstabe a dieses Absatzes genannte Befragung auch einen Teil der Befragung umfassen, das im Rahmen der Bewertung gemäß Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe e durchgeführt wird. Bei lebenden SoHO-Spendern, die wiederholt spenden, können die in Unterabsatz 1 Buchstabe a dieses Absatzes genannten Befragungen auf Aspekte beschränkt werden, die sich möglicherweise geändert haben, und durch Fragebögen ersetzt werden. Es werden weitere Befragungen durchgeführt, wenn die Antworten in Fragebögen auf Änderungen bei den relevanten Angaben hindeuten. Artikel 53 Absatz 1 Buchstaben d und e sowie Artikel 53 Absatz 2 bleiben davon unberührt.
(14) Die SoHO-Einrichtungen dokumentieren die Ergebnisse der Überprüfung der SoHO-Spendereignung gemäß den Absätzen 2 und 3 und teilen den SoHO-Spendern oder gegebenenfalls den Personen, die im Namen der Spender eine Einwilligung erteilen, die Ergebnisse der Überprüfung der Eignung von SoHO-Spendern im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften mit und erläutern sie eindeutig.
Wird SoHO von verstorbenen SoHO-Spendern gewonnen, so teilen die SoHO-Einrichtungen den betreffenden Personen die Ergebnisse der Überprüfung der Eignung von SoHO-Spendern mit und erläutern sie im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere in Bezug auf alle bei dem verstorbenen SoHO-Spender festgestellten Erkrankungen, die ein Risiko für die Gesundheit der Angehörigen oder von engen Kontakten des verstorbenen SoHO-Spenders mit sich bringen könnten.
(15) SoHO-Einrichtungen, die SoHO bei SoHO-Empfängern verwenden, holen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften ihre Einwilligung oder gegebenenfalls die der Person ein, die in ihrem Namen in die Verwendung von SoHO bei Menschen einwilligt.
Die SoHO-Einrichtungen unterrichten die SoHO-Empfänger oder jede in ihrem Namen einwilligende Person mindestens über Folgendes:
- a)
- die Garantien zum Schutz der personenbezogenen Daten, einschließlich Gesundheitsdaten, der SoHO-Empfänger und gegebenenfalls der Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung;
- b)
- die Notwendigkeit für SOHO-Empfänger, alle unbeabsichtigten Reaktionen nach der Verwendung von SoHO bei Menschen oder alle bei den Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung auftretenden schweren genetischen Erkrankungen gemäß Artikel 44 Absatz 2 zu melden.
(16) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 77 zu erlassen, um diese Verordnung in Fällen zu ergänzen, in denen zusätzliche Standards für erforderlich erachtet werden, um den Schutz von SoHO-Empfängern oder Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung vor mit SoHO verbundenen Risiken sicherzustellen.
(17) Ist dies im Falle eines Risikos für SoHO-Empfänger und Nachkommen aus medizinisch unterstützter Fortpflanzung, das sich aus einem unzureichenden Qualitäts- und Sicherheitsniveau der SoHO ergibt, aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich, so findet das Verfahren gemäß Artikel 78 auf delegierte Rechtsakte, die gemäß dem vorliegenden Artikel erlassen werden, Anwendung.
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