Artikel 101 VO (EU, Euratom ) 2012/966

Begriffsbestimmungen für die Zwecke dieses Titels

(1) Für die Zwecke dieses Titels:

a)
„Auftragsvergabe” bezeichnet den im Wege eines öffentlichen Auftrags erfolgenden Erwerb von Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen sowie den Erwerb oder die Miete oder Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen durch einen oder mehrere öffentliche Auftraggeber von Wirtschaftsteilnehmern, die von diesen öffentlichen Auftraggebern ausgewählt werden.
b)
„Öffentlicher Auftrag” bezeichnet einen zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern schriftlich geschlossenen entgeltlichen Vertrag im Sinne der Artikel 117 und 190 über die Beschaffung von beweglichen oder unbeweglichen Gütern, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen gegen Zahlung eines ganz oder teilweise aus dem Haushalt finanzierten Betrags.

Gegenstand öffentlicher Aufträge können sein:

i)
Immobilien,
ii)
Lieferungen,
iii)
Bauleistungen,
iv)
Dienstleistungen.

c)
„Konzessionsvertrag” bezeichnet einen zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern schriftlich geschlossenen entgeltlichen Vertrag im Sinne der Artikel 117 und 190, der dazu dient, einen Wirtschaftsteilnehmer mit der Ausführung von Bauleistungen oder mit der Erbringung und Verwaltung von Dienstleistungen zu betrauen (im Folgenden „Konzession” ). Die Vergütung besteht entweder allein in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Bauleistungen oder Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung. Mit der Vergabe eines Konzessionsvertrages geht auf den Konzessionsnehmer das Betriebsrisiko für die Nutzung des entsprechenden Bauwerks beziehungsweise für die Verwertung der Dienstleistungen über, wobei es sich um ein Nachfrage- oder ein Angebotsrisiko oder um beides handeln kann. Es wird davon ausgegangen, dass der Konzessionsnehmer ein Betriebsrisiko trägt, wenn unter normalen Betriebsbedingungen nicht garantiert ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, wieder erwirtschaftet werden können.
d)
„Vertrag” bezeichnet einen öffentlichen Auftrag oder einen Konzessionsvertrag.
e)
„Rahmenvertrag” bezeichnet einen Vertrag zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern, der zum Ziel hat, die Bedingungen für die Einzelaufträge, die auf ihm beruhen und die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge.
f)
„Dynamisches Beschaffungssystem” bezeichnet ein vollelektronisches Verfahren für die Beschaffung marktüblicher Leistungen.
g)
„Wirtschaftsteilnehmer” bezeichnet eine natürliche oder juristische Person, einschließlich einer öffentlichen Einrichtung oder einer Gruppe solcher Personen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen, die Erbringung von Dienstleistungen oder die Veräußerung von unbeweglichem Vermögen anbietet.
h)
„Auftragsunterlagen” bezeichnen sämtliche Unterlagen, die vom öffentlichen Auftraggeber erstellt werden oder auf die er sich bezieht, um Bestandteile des Vergabeverfahrens zu beschreiben oder festzulegen; dazu gehören

i)
die Veröffentlichungsmaßnahmen nach Artikel 103,
ii)
die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten,
iii)
die Spezifikationen der Ausschreibung, die die technischen Spezifikationen und die relevanten Kriterien enthalten müssen, bzw. die Beschreibungen im Falle eines wettbewerblichen Dialogs,
iv)
den Vertragsentwurf.

i)
„Endgültige Verwaltungsentscheidung” bezeichnet eine von einer Verwaltungsbehörde getroffene Entscheidung, die nach dem Recht des Landes, in dem der Wirtschaftsteilnehmer niedergelassen ist, nach dem Recht des Landes des öffentlichen Auftraggebers oder nach geltenden Unionsrecht endgültig und bindend ist.
j)
„Zentrale Beschaffungsstelle” bezeichnet einen öffentlichen Auftraggeber, der zentrale Beschaffungstätigkeiten und gegebenenfalls Nebenbeschaffungstätigkeiten ausübt.
k)
„Bieter” bezeichnet einen Wirtschaftsteilnehmer, der ein Angebot abgegeben hat.
l)
„Bewerber” bezeichnet einen Wirtschaftsteilnehmer, der sich um eine Aufforderung zur Teilnahme an einem nicht offenen Verfahren, einem Verhandlungsverfahren (competitive procedure with negotiation), einem wettbewerblichen Dialog, einer Innovationspartnerschaft, einem Wettbewerb oder einem Verhandlungsverfahren (negotiated procedure) beworben hat oder eine solche Aufforderung erhalten hat.
m)
„Anbieter” bezeichnet einen in einem Anbieter-Verzeichnis aufgelisteten Wirtschaftsteilnehmer, der zur Abgabe von Teilnahmeanträgen oder Angeboten aufgefordert werden soll.
n)
„Unterauftragnehmer” bezeichnet einen Wirtschaftsteilnehmer, der von einem Bewerber oder Bieter oder Auftragnehmer zur Ausführung eines Teilauftrags vorgeschlagen wird. Der Unterauftragnehmer hat keine direkte rechtliche Verpflichtung gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber.

(2) Ein gemischter Auftrag über zwei oder mehr Arten von öffentlichen Aufträgen (Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen) bzw. von Konzessionen (Bauleistungen oder Dienstleistungen) oder über beides wird gemäß den Bestimmungen für die Art von Beschaffungen vergeben, die dem Hauptgegenstand des betreffenden Auftrags zuzuordnen ist.

(3) Bis auf die Artikel 105a bis 108 fallen Finanzhilfen oder mit der EIB oder dem Europäischen Investitionsfonds geschlossene Verträge über technische Hilfe nach Artikel 125 Absatz 8 nicht unter diesen Titel.

(4) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 210 zur Festlegung detaillierter Vorschriften über die nähere Definition und den genaueren Anwendungsbereich öffentlicher Aufträge und Konzessionsverträge, über die anzuwendende Nomenklatur unter Verweis auf das „Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge” (CPV), über gemischte Aufträge, über Wirtschaftsteilnehmer sowie über auf diesen Vorschriften basierende Rahmenverträge und Einzelverträge zu erlassen, die die maximale Laufzeit von Rahmenverträgen und die Vergabe von auf Rahmenverträgen basierenden Einzelverträgen, die mit einem einzelnen bzw. mehreren Wirtschaftsteilnehmern geschlossen wurden, sowie die Verfahren für deren Umsetzung abdecken.

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