Artikel 59 VO (EU, Euratom ) 2012/966
Geteilte Mittelverwaltung mit Mitgliedstaaten
(1) Bei geteilter Mittelverwaltung überträgt die Kommission den Mitgliedstaaten Haushaltsvollzugsaufgaben. Die Kommission und die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mittel aus dem Haushalt der Union nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung verwendet werden, und sie sorgen jeweils für eine angemessene Sichtbarkeit der Maßnahme der Union. Zu diesem Zweck erfüllen die Kommission und die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Kontroll- und Prüfungspflichten sowie die damit verbundenen und in der vorliegenden Verordnung festgelegten Aufgaben. Zusätzliche Bestimmungen werden in sektorspezifischen Vorschriften festgelegt.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vollzugsaufgaben im Zusammenhang mit dem Haushaltsvollzug wahrnehmen, ergreifen sie sämtliche zum Schutz der finanziellen Interessen der Union erforderlichen Maßnahmen, einschließlich Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um insbesondere
- a)
- sicherzustellen, dass die aus dem Haushalt der Union finanzierten Maßnahmen korrekt und wirksam gemäß den geltenden sektorspezifischen Vorschriften umgesetzt werden; hierfür benennen - nach Absatz 3 - und überwachen sie Einrichtungen, die für die Verwaltung und Kontrolle von Mitteln der Union verantwortlich sind;
- b)
- Unregelmäßigkeiten und Betrug zu verhindern und aufzudecken sowie einschlägige Korrekturmaßnahmen zu ergreifen.
Zum Schutz der finanziellen Interessen der Union führen die Mitgliedstaaten unter Achtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und im Einklang mit diesem Artikel und den einschlägigen sektorspezifischen Vorschriften Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen durch, gegebenenfalls auch Vor-Ort-Kontrollen anhand repräsentativer und/oder risikogestützter Stichproben von Transaktionen. Außerdem ziehen sie rechtsgrundlos gezahlte Beträge ein und leiten, sofern in dieser Hinsicht erforderlich, rechtliche Schritte ein.
Die Mitgliedstaaten verhängen gegenüber den Empfängern wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen, soweit dies in den anwendbaren sektorspezifischen Vorschriften und in spezifischen Bestimmungen des nationalen Rechts vorgesehen ist.
Als Teil ihrer Risikobewertung und im Einklang mit den sektorspezifischen Vorschriften überwacht die Kommission die in den Mitgliedstaaten eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme. Bei ihrer Prüfungstätigkeit achtet die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und berücksichtigt das Ausmaß des bewerteten Risikos im Einklang mit den sektorspezifischen Vorschriften.
(3) Gemäß den in den sektorspezifischen Vorschriften festgelegten Kriterien und Verfahren benennen die Mitgliedstaaten auf der geeigneten Ebene Einrichtungen, die für die Verwaltung und Kontrolle der Mittel der Union zuständig sind. Diese Einrichtungen können auch Aufgaben wahrnehmen, die in keinem Zusammenhang mit der Verwaltung von Mitteln der Union stehen, oder bestimmte Aufgaben an andere Einrichtungen weiterübertragen.
Bei der Entscheidung über die Benennung von Einrichtungen können die Mitgliedstaaten ihre Entscheidung auch darauf stützen, ob die Verwaltungs- und Kontrollsysteme im Wesentlichen die gleichen wie diejenigen sind, die im vorausgegangenen Zeitraum bereits eingerichtet waren, und ob sie wirksam funktioniert haben.
Zeigt sich anhand der Prüfungs- und Kontrollergebnisse, dass die bezeichneten Einrichtungen nicht mehr die in den sektorspezifischen Vorschriften festgelegten Kriterien erfüllen, ergreifen die Mitgliedstaaten die Maßnahmen, die notwendig sind um sicherzustellen, dass diese Mängel bei der Wahrnehmung der Aufgaben dieser Einrichtungen behoben werden, einschließlich der Aufhebung der Benennung gemäß den sektorspezifischen Vorschriften.
In den sektorspezifischen Vorschriften wird die Rolle der Kommission in dem Verfahren gemäß diesem Absatz festgelegt.
(4) Einrichtungen, die gemäß Absatz 3 benannt wurden, sind verpflichtet,
- a)
- ein wirksames und effizientes System der internen Kontrolle einzurichten und dessen Funktionieren sicherzustellen;
- b)
- ein Rechnungsführungssystem anzuwenden, das zeitnah genaue, vollständige und sachlich richtige Daten zur Verfügung stellt;
- c)
- die nach Absatz 5 erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen;
- d)
- für die nachträgliche Veröffentlichung gemäß Artikel 35 Absatz 2 zu sorgen. Jede Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt in Einklang mit den nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG.
(5) Die gemäß Absatz 3 benannten Einrichtungen stellen der Kommission jeweils spätestens am 15. Februar folgende Information zum vergangenen Haushaltsjahr zur Verfügung:
- a)
-
ihre Rechnungslegung über die im Rahmen ihrer Aufgaben während des relevanten Bezugszeitraums geleisteten Zahlungen, wie in den sektorspezifischen Vorschriften festgelegt, die der Kommission zur Rückerstattung vorgelegt wurden; diese Rechnungslegung enthält Vorauszahlungen und Beträge, für die Einziehungsverfahren laufen oder abgeschlossen wurden; diesen Informationen ist eine Verwaltungserklärung beigefügt, in der bestätigt wird, dass nach Ansicht der für die Mittelverwaltung zuständigen Personen
- i)
- die Informationen ordnungsgemäß vorgelegt, vollständig und sachlich richtig sind,
- ii)
- die Mittel entsprechend ihrem in den sektorspezifischen Vorschriften festgelegten Zweck verwendet wurden,
- iii)
- die eingerichteten Kontrollsysteme die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge angemessen gewährleisten;
- b)
- eine jährliche Übersicht über die endgültigen Prüfberichte und die durchgeführten Kontrollen, einschließlich einer Analyse der Art und des Umfangs der in den Systemen festgestellten Mängel und der bereits getroffenen oder geplanten Abhilfemaßnahmen.
Die Rechnungslegung nach Unterabsatz 1 Buchstabe a und die Übersicht nach Unterabsatz 1 Buchstabe b werden mit einem Bestätigungsvermerk einer unabhängigen Prüfstelle versehen, der unter Beachtung international anerkannter Prüfungsstandards erteilt wird. In diesem Bestätigungsvermerk wird festgestellt, ob die Angaben über die Rechnungslegung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln, ob die Ausgaben, für die bei der Kommission eine Rückerstattung beantragt wurde, rechtmäßig und ordnungsmäßig sind und ob die bestehenden Kontrollsysteme ordnungsgemäß funktionieren. In dem Bestätigungsvermerk wird auch angegeben, ob bei der Prüfungstätigkeit Zweifel an den in der Verwaltungserklärung nach Unterabsatz 1 Buchstabe a enthaltenen Feststellungen aufkommen.
Die Frist bis zum 15. Februar kann von der Kommission auf Mitteilung des betreffenden Mitgliedstaats ausnahmsweise bis zum 1. März verlängert werden.
Die Mitgliedstaaten können auf der geeigneten Ebene die Informationen nach diesem Absatz veröffentlichen.
Außerdem können die Mitgliedstaaten Erklärungen abgeben, die auf der geeigneten Ebene unterzeichnet sind und sich auf die Informationen nach diesem Absatz gründen.
(6) Damit die Mittel der Union unter Einhaltung der geltenden Regeln und Grundsätze verwendet werden, hat die Kommission
- a)
- die Verfahren für die Rechnungsprüfung und Rechnungsannahme für die benannten Einrichtungen durchzuführen, die gewährleisten, dass die Rechnungslegung vollständig, genau und sachlich richtig ist,
- b)
- alle Zahlungen, die nicht gemäß dem anwendbaren Recht getätigt wurden, von der Finanzierung aus Mitteln der Union auszuschließen,
- c)
- Zahlungsfristen zu unterbrechen oder Zahlungen auszusetzen, wenn dies in den sektorspezifischen Vorschriften vorgesehen ist.
Die Kommission beendet gänzlich oder teilweise die Unterbrechung von Zahlungsfristen oder die Aussetzung von Zahlungen, nachdem ein Mitgliedstaat seine Bemerkungen vorgelegt hat und sobald er notwendige Maßnahmen ergriffen hat. In dem in Artikel 66 Absatz 9 genannten jährlichen Tätigkeitsbericht des zuständigen bevollmächtigten Anweisungsbefugten der Kommission wird über sämtliche Verpflichtungen gemäß diesem Unterabsatz Auskunft gegeben.
(7) In sektorspezifischen Vorschriften wird den Erfordernissen der Programme für europäische territoriale Zusammenarbeit, insbesondere hinsichtlich des Inhalts der Verwaltungserklärung, des Verfahrens nach Absatz 3 und der Rechnungsprüfungsfunktion, Rechnung getragen.
(8) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 210 zur Festlegung detaillierter Vorschriften über die geteilte Mittelverwaltung mit Mitgliedstaaten, einschließlich der Erstellung eines Registers von für die Verwaltung und Kontrolle der Mittel der Union zuständigen Einrichtungen, und über Maßnahmen zur Förderung bewährter Praxis zu erlassen.
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