Artikel 66 VO (EU, Euratom ) 2012/966
Befugnisse und Aufgaben des Anweisungsbefugten
(1) Dem Anweisungsbefugten jedes Organs obliegt es, die Einnahmen und Ausgaben nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung auszuführen sowie deren Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit zu gewährleisten.
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 führt der bevollmächtigte Anweisungsbefugte gemäß Artikel 32 und entsprechend den von jedem Organ festgelegten Mindestvorschriften unter Beachtung der Risiken, die mit dem Verwaltungsumfeld und der Art der finanzierten Maßnahmen verbunden sind, die Organisationsstruktur sowie die internen Kontrollsysteme ein, die für die Ausführung seiner Aufgaben geeignet sind. Die Einrichtung dieser Struktur und dieser Systeme erfolgt auf der Grundlage einer umfassenden Risikoanalyse, in der der Kostenwirksamkeit der Struktur und der Systeme Rechnung getragen wird.
(3) Zur Ausführung der Ausgaben nehmen der zuständige Anweisungsbefugte Mittelbindungen vor, gehen rechtliche Verpflichtungen ein, stellen Ausgaben fest, erteilen die entsprechenden Auszahlungsanordnungen und vollziehen die vor der Mittelausführung erforderlichen Handlungen.
(4) Die Ausführung der Einnahmen umfasst die Erstellung der Forderungsvorausschätzungen, die Feststellung der Forderungen und die Erteilung der Einziehungsanordnungen. Außerdem umfasst sie gegebenenfalls den Verzicht auf festgestellte Forderungen.
(5) Jeder Vorgang wird mindestens einer Ex-ante-Kontrolle unterzogen, bei der dessen operative und finanzielle Aspekte auf der Grundlage von Unterlagen und der verfügbaren Ergebnisse früherer Kontrollen geprüft werden.
Die Ex-ante-Kontrollen erstrecken sich auf die Einleitung des Vorgangs sowie auf die Feststellung der betreffenden Ausgaben und die entsprechende Auszahlungsanordnung.
Die Feststellung der Ausgaben und Anordnung der Zahlung erfolgt durch einen anderen als den Bediensteten, der den Vorgang eingeleitet hat. Der Bedienstete, der die Feststellung durchführt, darf nicht dem Bediensteten unterstellt sein, der den Vorgang eingeleitet hat.
(6) Der bevollmächtigte Anweisungsbefugte kann Ex-post-Kontrollen vorsehen, um im Zuge von Ex-ante-Kontrollen bereits genehmigte Vorgänge zu überprüfen. Dabei kann es sich je nach Risiko um Stichprobenkontrollen handeln.
Die Ex-ante-Kontrollen und die Ex-post-Kontrollen dürfen nicht von denselben Bediensteten vorgenommen werden. Die Bediensteten, die die Ex-post-Kontrollen vornehmen, dürfen nicht den Bediensteten unterstellt sein, die die Ex-ante-Kontrollen vornehmen.
Führt der bevollmächtigte Anweisungsbefugte Finanzprüfungen von Begünstigten als Ex-Post-Kontrollen durch, müssen die damit zusammenhängenden Prüfungsvorschriften deutlich, einheitlich und transparent sein und den Rechten sowohl der Kommission als auch der Geprüften Genüge tun.
(7) Die für die Kontrolle der Abwicklung von Finanzvorgängen zuständigen Bediensteten müssen über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen. Sie beachten die von den Organen festgelegten berufsbezogenen Regeln.
(8) Ist ein mit der finanziellen Abwicklung oder der Kontrolle von Vorgängen betrauter Bediensteter der Ansicht, dass eine Entscheidung, der er auf Anweisung seines Dienstvorgesetzten Folge leisten oder zustimmen soll, eine Unregelmäßigkeit aufweist oder gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung oder gegen die von diesem Bediensteten einzuhaltenden berufsbezogenen Regeln verstößt, unterrichtet er seinen Dienstvorgesetzten dementsprechend. Falls der Bedienstete dies schriftlich tut, hat der Dienstvorgesetzte schriftlich zu antworten. Wird der Dienstvorgesetzte nicht tätig oder bestätigt er die ursprüngliche Entscheidung oder Anweisung und ist der Bedienstete der Ansicht, dass in der Bestätigung keine angemessene Reaktion auf seine Bedenken besteht, informiert der Bedienstete den bevollmächtigten Anweisungsbefugten schriftlich. Wird dieser nicht tätig, so unterrichtet der Bedienstete das in Artikel 73 Absatz 6 genannte relevante Gremium schriftlich.
Falls es sich um eine rechtswidrige Tätigkeit, um Betrug oder Korruption zum Nachteil der Interessen der Union handeln könnte, unterrichtet der Bedienstete die in den geltenden Rechtsvorschriften bezeichneten Behörden und Stellen. In Verträgen mit externen Rechnungsprüfern, die Prüfungen des Finanzmanagements der Union durchführen, wird die Pflicht des externen Rechnungsprüfers vorgesehen, den bevollmächtigten Anweisungsbefugten über jede vermutete rechtswidrige Tätigkeit, jeden vermuteten Betrug oder jede vermutete Korruption zum Nachteil der Interessen der Union zu unterrichten.
(9) Die bevollmächtigten Anweisungsbefugten legen dem jeweiligen Organ einen jährlichen Tätigkeitsbericht vor, der Finanz- und Verwaltungsinformationen sowie Kontrollergebnisse enthält und in dem sie erklären, dass sie hinreichende Gewähr dafür bieten können, dass mit Ausnahme etwaiger Vorbehalte, die sie in Bezug auf bestimmte Einnahmen- oder Ausgabenbereiche anmelden,
- a)
- die darin enthaltenen Angaben ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln,
- b)
- die Ressourcen, die den im Bericht beschriebenen Tätigkeiten zugewiesen wurden, entsprechend ihrer Zweckbestimmung und gemäß dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung verwendet wurden,
- c)
- die eingerichteten Kontrollverfahren die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Vorgänge angemessen gewährleisten.
Der Tätigkeitsbericht gibt an, inwieweit sie die ihnen vorgegebenen Ziele realisiert haben, welche Risiken mit den Maßnahmen verbunden sind, wie sie die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel verwendet haben und wie effizient und wirksam die Systeme der internen Kontrolle sind; dazu zählt auch eine Gesamtbewertung der Kosten und Vorteile der Kontrollen. Er enthält auch Informationen über die Gesamtleistung dieser Handlungen und evaluiert, inwieweit die genehmigten operativen Ausgaben einen Beitrag zu politischen Errungenschaften geleistet und einen europäischen Mehrwert erzielt haben.
Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 15. Juni eines jeden Jahres eine Zusammenfassung der jährlichen Tätigkeitsberichte über die Tätigkeiten des vorhergehenden Jahres. Die jährlichen Tätigkeitsberichte eines jeden bevollmächtigten Anweisungsbefugten werden auch dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Verfügung gestellt.
Die jährlichen Tätigkeitsberichte der Anweisungsbefugten und gegebenenfalls der bevollmächtigten Anweisungsbefugten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen werden vorbehaltlich hinreichend begründeter Vertraulichkeits- und Sicherheitserwägungen spätestens am 1. Juli jedes Jahres für das Vorjahr in leicht zugänglicher Weise auf der Website der jeweiligen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen veröffentlicht.
(10) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 210 zur Festlegung detaillierter Vorschriften über die Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen, die Aufbewahrung von Belegen, zu berufsbezogenen Regeln, unterlassenen Handlungen des Anweisungsbefugten, der Weitergabe von Informationen an den Rechnungsführer und Berichtne über Verhandlungsverfahren zu erlassen.
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