ANHANG III RL 91/439/EWG

MINDESTANFORDERUNGEN HINSICHTLICH DER KÖRPERLICHEN UND GEISTIGEN TAUGLICHKEIT FÜR DAS FÜHREN EINES KRAFTFAHRZEUGS

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

1. Für die Zwecke dieses Anhangs werden die Führer in zwei Gruppen eingeteilt:

1.1.
Gruppe 1:

Führer von Fahrzeugen der Klassen A, B und B + E sowie der Unterklassen A1 und B1,

1.2.
Gruppe 2:

Führer von Fahrzeugen der Klassen C, C + E, D, D + E und der Unterklassen C1, C1 + E, D1 und D1 + E.

1.3. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften können Bestimmungen enthalten, wonach auf Führer von Fahrzeugen der Klasse B, die ihre Fahrerlaubnis für berufliche Zwecke verwenden (Taxis, Krankenwagen usw.), die in diesem Anhang enthaltenen Bestimmungen für Führer der Gruppe 2 angewandt werden.

2. Bewerber um die Erteilung oder die Erneuerung einer Fahrerlaubnis werden dementsprechend der Gruppe zugeordnet, zu der sie nach Erteilung oder Erneuerung der Fahrerlaubnis gehören.

ÄRZTLICHE UNTERSUCHUNGEN

3.
Gruppe 1:

Bewerber müssen ärztlich untersucht werden, wenn es sich im Verlauf des vorgeschriebenen Verfahrens oder der Prüfungen zur Erteilung einer Fahrerlaubnis zeigt, daß bei ihnen ein oder mehrere der in diesem Anhang aufgeführten Mängel vorliegen.

4.
Gruppe 2:

Vor der erstmaligen Erteilung einer Fahrerlaubnis müssen die Bewerber ärztlich untersucht werden; in der Folgezeit müssen sich die Führer entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in bestimmten Zeitabständen ärztlich untersuchen lassen.

5. Bei der Erteilung oder bei jeder Erneuerung einer Fahrerlaubnis können die Mitgliedstaaten strengere als die in diesem Anhang genannten Auflagen vorschreiben.

SEHVERMÖGEN

6.
Alle Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen sich einer angemessenen Untersuchung unterziehen, um sicherzustellen, dass sie eine für das sichere Führen von Kraftfahrzeugen ausreichende Sehschärfe haben. In Zweifelsfällen ist der Bewerber von einer zuständigen ärztlichen Stelle zu untersuchen. Bei dieser Untersuchung ist unter anderem auf Sehschärfe, Gesichtsfeld, Dämmerungssehen, Blend- und Kontrastempfindlichkeit, Diplopie sowie andere Störungen der Sehfunktion zu achten, die ein sicheres Fahren in Frage stellen können.

Für Fahrzeugführer der Gruppe 1 darf die Erteilung der Fahrerlaubnis „in Ausnahmefällen” in Betracht gezogen werden, wenn die Anforderungen an das Gesichtsfeld oder die Sehschärfe nicht erfüllt werden; in diesen Fällen sollte der Fahrzeugführer einer Untersuchung durch eine zuständige ärztliche Stelle unterzogen werden, um sicherzustellen, dass keine andere Störung von Sehfunktionen wie Blend- und Kontrastempfindlichkeit oder Dämmerungssehen vorliegt. Daneben sollte der Fahrzeugführer oder Bewerber eine praktische Prüfung durch eine zuständige Stelle erfolgreich absolvieren.

Gruppe 1:

6.1.
Alle Bewerber um Erteilung oder Erneuerung einer Fahrerlaubnis müssen, erforderlichenfalls mit Hilfe von Korrekturgläsern, beim beidäugigen Sehen eine Gesamtsehschärfe von mindestens 0,5 haben.

Daneben sollte das horizontale Gesichtsfeld mindestens 120 Grad betragen, die Erweiterung sollte nach rechts und links mindestens 50 Grad und nach oben und unten mindestens 20 Grad betragen. Innerhalb des Bereichs der mittleren 20 Grad sollte keine Beeinträchtigung vorliegen.

Wird eine fortschreitende Augenkrankheit festgestellt oder angegeben, so kann eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden, sofern der Bewerber regelmäßig einer Untersuchung durch eine zuständige ärztliche Stelle unterzogen wird.

6.2.
Alle Bewerber um die Erteilung oder Erneuerung einer Fahrerlaubnis, die unter dem völligen funktionalen Verlust des Sehvermögens eines Auges leiden, oder die (beispielsweise bei Diplopie) nur ein Auge benutzen, müssen, erforderlichenfalls mit Hilfe von Korrekturgläsern, eine Sehschärfe von mindestens 0,5 haben. Die zuständige ärztliche Stelle muss bescheinigen, dass diese Einäugigkeit ausreichend lange besteht, um dem Betreffenden eine Anpassung zu ermöglichen, und dass das Gesichtsfeld des betreffenden Auges den in Nummer 6.1. genannten Anforderungen genügt.
6.3.
Bei in jüngerer Zeit eingetretener Diplopie und nach dem Verlust des Sehvermögens auf einem Auge sollte ein geeigneter Anpassungszeitraum (z. B. sechs Monate) eingehalten werden, während dessen das Führen von Fahrzeugen nicht erlaubt ist. Danach ist das Führen von Fahrzeugen nur mit einem befürwortenden Gutachten von Sachverständigen für das Sehvermögen und das Führen von Kraftfahrzeugen erlaubt.

Gruppe 2:

6.4.
Alle Bewerber um Erteilung oder Erneuerung einer Fahrerlaubnis müssen beidäugig sehen und dabei, erforderlichenfalls mit Korrekturgläsern, eine Sehschärfe von mindestens 0,8 auf dem besseren Auge und von mindestens 0,1 auf dem schlechteren Auge haben. Werden diese Werte mit Korrekturgläsern erreicht, so muss das Mindestsehvermögen (0,8 und 0,1) mittels einer Brille, deren Gläserstärke nicht über plus acht Dioptrien liegt, oder mittels Kontaktlinsen erreicht werden. Die Korrektur muss gut verträglich sein.

Daneben sollte das horizontale Gesichtsfeld mit beiden Augen mindestens 160 Grad betragen, die Erweiterung sollte nach rechts und links mindestens 70 Grad und nach oben und unten mindestens 30 Grad betragen. Innerhalb des Bereichs der mittleren 30 Grad sollte keine Beeinträchtigung vorliegen.

Bewerbern oder Fahrzeugführern, die an einer Störung der Kontrastempfindlichkeit oder an Diplopie leiden, darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch darf ihre Fahrerlaubnis erneuert werden.

Nach einem erheblichen Verlust des Sehvermögens auf einem Auge sollte ein geeigneter Anpassungszeitraum (z. B. sechs Monate) eingehalten werden, während dessen dem Betreffenden das Führen von Fahrzeugen nicht erlaubt ist. Danach ist das Führen von Fahrzeugen nur mit einem befürwortenden Gutachten von Sachverständigen für das Sehvermögen und das Führen von Kraftfahrzeugen erlaubt.

HÖRVERMÖGEN

7. Die Erteilung oder Erneuerung einer Fahrerlaubnis kann bei Bewerbern oder Führern der Gruppe 2 vorbehaltlich des Gutachtens der zuständigen ärztlichen Stellen erfolgen; bei der ärztlichen Untersuchung sind insbesondere die Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

BEWEGUNGSBEHINDERTE

8. Bewerbern um eine Fahrerlaubnis oder Fahrzeugführern mit Erkrankungen oder Fehlbildungen des Bewegungsapparates, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges beeinträchtigen, darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden.

Gruppe 1:

8.1. Körberbehinderten Bewerbern oder Fahrzeugführern kann gegebenenfalls nach dem Gutachten einer zuständigen ärztlichen Stelle eine eingeschränkte Fahrerlaubnis erteilt werden. Das Gutachten muß auf der ärztlichen Beurteilung der betreffenden Erkrankung oder Fehlbildung und gegebenenfalls auf einer Probefahrt beruhen; es muß angegeben werden, welche Art von Anpassung am Fahrzeug vorgesehen sein muß und ob orthopädische Hilfsmittel erforderlich sind, sofern die Prüfung zur Kontrolle der Fähigkeiten und Verhaltensweisen zeigt, daß das Führen eines Fahrzeugs mit diesen Hilfsmitteln nicht gefährlich ist.

8.2. Bewerbern mit einer fortschreitenden Erkrankung kann eine Fahrerlaubnis erteilt oder verlängert werden, sofern sie in regelmäßigen Abständen ärztlich untersucht werden, um zu überprüfen, ob der Betreffende sein Fahrzeug noch immer sicher führen kann. Eine Fahrerlaubnis ohne regelmäßige ärztliche Kontrolle kann erteilt oder erneuert werden, sobald sich die Behinderung stabilisiert hat.

Gruppe 2:

8.3. Die zuständige ärztliche Stelle muß die zusätzlichen Risiken und Gefahren besonders berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind.

HERZ-; UND GEFÄSSKRANKHEITEN

9. Krankheiten, die bei Fahrzeugführern oder Bewerbern um die Erteilung oder die Erneuerung einer Fahrerlaubnis ein plötzliches Versagen des Herz- und Gefäßsystems verursachen und so zu einer plötzlichen Störung der Gehirnfunktionen führen können, sind eine Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr.

Gruppe 1:

9.1. Bewerbern mit ernsten Herzrhythmusstörungen darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden.

9.2. Bewerbern oder Fahrzeugführern mit Herzschrittmacher darf eine Fahrerlaubnis nur vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und einer regelmäßigen Kontrolle erteilt oder erneuert werden.

9.3. Ob einem Bewerber oder Fahrzeugführer, der unter Blutdruckanomalien leidet, eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden kann, ist nach den übrigen Ergebnissen der ärztlichen Untersuchung, den möglichen Komplikationen und der daraus gegebenenfalls für die Sicherheit im Straßenverkehr erwachsenden Gefahr zu beurteilen.

9.4. Im allgemeinen darf Bewerbern oder Fahrzeugführern, bei denen es im Ruhe- oder Erregungszustand zu Angina-pectoris-Anfällen kommt, eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die einen Herzinfarkt erlitten haben, darf eine Fahrerlaubnis nur dann erteilt oder erneuert werden, wenn das Gutachten einer zuständigen ärztlichen Stelle vorliegt und, falls notwendig, regelmäßig eine ärztliche Kontrolle durchgeführt wird.

Gruppe 2:

9.5. Die zuständige ärztliche Stelle muß die zusätzlichen Risiken und Gefahren besonders berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind.

ZUCKERKRANKHEIT

10.
In den nachfolgenden Absätzen bedeutet „schwere Hypoglykämie” die Notwendigkeit von Hilfe durch eine andere Person und „wiederholte Hypoglykämie” das zweimalige Auftreten einer schweren Hypoglykämie innerhalb von 12 Monaten.

Gruppe 1:

10.1.
Bewerbern oder Fahrzeugführern mit Zuckerkrankheit darf eine Fahrerlaubnis erteilt werden, und ihre Fahrerlaubnis darf erneuert werden. Bei einer medikamentösen Behandlung der Betreffenden sollte ein entsprechendes Gutachten einer zuständigen ärztlichen Stelle vorliegen und regelmäßig eine fallspezifisch geeignete ärztliche Kontrolle durchgeführt werden, wobei der Abstand zwischen den Untersuchungen 5 Jahre nicht überschreiten sollte.
10.2.
Bewerbern oder Fahrzeugführern mit wiederholter schwerer Hypoglykämie und/oder Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch darf ihre Fahrerlaubnis erneuert werden. Zuckerkranke Fahrzeugführer sollten zeigen, dass sie die mit Hypoglykämie verbundenen Risiken verstehen und ihren Zustand angemessen beherrschen.

Gruppe 2:

10.3.
Die Erteilung bzw. Erneuerung einer Fahrerlaubnis der Gruppe 2 für zuckerkranke Fahrzeugführer kann in Betracht gezogen werden. Bei einer mit Hypoglykämierisiko behafteten medikamentösen Behandlung (d. h. mit Insulin oder bestimmten Tabletten) sollten die folgenden Kriterien gelten:

In den letzten 12 Monaten darf keine schwere Hypoglykämie aufgetreten sein;

es besteht keine Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung;

der Fahrzeugführer muss eine angemessene Überwachung der Krankheit durch regelmäßige Blutzuckertests nachweisen, die mindestens zweimal täglich sowie zu den für das Führen eines Fahrzeugs relevanten Zeiten vorgenommen werden;

der Fahrer muss zeigen, dass er die mit Hypoglykämie verbundenen Risiken versteht;

es dürfen keine anderen Komplikationen der Zuckerkrankheit vorliegen, die das Führen von Fahrzeugen ausschließen.

Außerdem sollte die Fahrerlaubnis in diesen Fällen nur mit Zustimmung einer zuständigen ärztlichen Stelle und unter der Voraussetzung einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle erteilt werden, wobei der Abstand zwischen den Untersuchungen 3 Jahre nicht überschreiten darf.

10.4.
Eine schwere Hypoglykämie im Wachzustand sollte, auch wenn dabei kein Fahrzeug geführt wurde, berichtet werden und Anlass zu einer erneuten Prüfung der Eignung zum Führen von Fahrzeugen sein.

KRANKHEITEN DES NERVENSYSTEMS

11. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die an einer schweren Erkrankung des Nervensystems leiden, darf eine Fahrerlaubnis nur dann erteilt oder erneuert werden, wenn der Antrag durch das Gutachten einer zuständigen ärztlichen Stelle befürwortet wird. Störungen des Nervensystems, die auf Erkrankungen oder Operationen des zentralen oder peripheren Nervensystems zurückzuführen sind, sich in motorischen, sensiblen, sensorischen oder trophischen Symptomen äußern und das Gleichgewicht und die Koordinierung stören, sind aufgrund der Funktions- und Entwicklungsmöglichkeiten zu beurteilen. Bei Gefahr einer Verschlechterung kann die Erteilung oder Erneuerung der Fahrerlaubnis in diesen Fällen von regelmäßigen Untersuchungen abhängig gemacht werden.

EPILEPSIE

12.
Epileptische Anfälle oder andere anfallsartige Bewusstseinsstörungen stellen beim Führen eines Kraftfahrzeugs eine ernste Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr dar.

Epilepsie liegt bei zwei oder mehr epileptischen Anfällen innerhalb von weniger als fünf Jahren vor. Als provozierter epileptischer Anfall gilt ein Anfall mit erkennbarer und vermeidbarer Ursache.

Einer Person, die einen erstmaligen oder isolierten Anfall oder Bewusstseinsverlust erlitten hat, sollte vom Führen eines Fahrzeugs abgeraten werden. Es ist ein Sachverständigenbericht zu erstellen, in dem die Dauer des Fahrverbots und die notwendigen Folgemaßnahmen aufgeführt sind.

Es ist von größter Wichtigkeit, dass das spezifische Epilepsiesyndrom des Betreffenden und die Art des Anfalls ermittelt werden, so dass dessen Fahrsicherheit (und das Risiko künftiger Anfälle) richtig eingeschätzt und geeignete Therapiemaßnahmen getroffen werden können. Dies sollte durch einen Neurologen erfolgen.

Gruppe 1:

12.1.
Die Fahrerlaubnis von epileptischen Fahrzeugführern der Gruppe 1 sollte der Überprüfung unterliegen, bis diese mindestens fünf Jahre lang anfallsfrei waren.

Patienten mit Epilepsie erfüllen die Kriterien für die Erteilung einer bedingungslosen Fahrerlaubnis nicht. Die ausstellende Behörde sollte unterrichtet werden.

12.2.
Provozierter epileptischer Anfall: Bewerber, die einen provozierten epileptischen Anfall aufgrund einer erkennbaren Ursache erlitten haben, deren Auftreten am Steuer unwahrscheinlich ist, können auf der Grundlage eines neurologischen Gutachtens (Beurteilung ggf. im Einklang mit anderen einschlägigen Abschnitten von Anhang III (z. B. bei Alkoholproblematik oder Komorbidität)) individuell als zum Führen eines Fahrzeugs geeignet erklärt werden.
12.3.
Erster oder einmaliger nicht provozierter Anfall: Bewerber, die erstmals einen nicht provozierten epileptischen Anfall erlitten haben, können auf der Grundlage einer geeigneten ärztlichen Untersuchung nach sechs anfallsfreien Monaten als zum Führen eines Fahrzeugs geeignet erklärt werden. Die nationalen Behörden können Fahrzeugführern mit anerkannt guten Prognoseindikatoren bereits vorher das Führen von Fahrzeugen erlauben.
12.4.
Sonstiger Bewusstseinsverlust: Bewusstseinsverlust sollte im Hinblick auf das Risiko eines erneuten Eintretens während des Führens eines Fahrzeugs bewertet werden.
12.5.
Epilepsie: Fahrzeugführer oder Bewerber können nach einem anfallsfreien Jahr als zum Führen von Fahrzeugen geeignet erklärt werden.
12.6.
Ausschließlich im Schlaf auftretende Anfälle: Bewerber oder Fahrzeugführer, die ausschließlich schlafgebundene Anfälle erlitten haben, können als zum Führen von Fahrzeugen geeignet erklärt werden, sofern dieses Krankheitsmuster während eines Zeitraums festgestellt wurde, der mindestens dem für Epilepsie geforderten Zeitraum der Anfallsfreiheit entspricht. Nach einem im Wachzustand erlittenen Anfall müssen die Betreffenden mindestens ein Jahr lang anfallsfrei sein, bevor eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann (siehe „Epilepsie” ).
12.7.
Anfälle ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins oder der Handlungsfähigkeit: Bewerber oder Fahrzeugführer, die stets nur Anfälle erlitten haben, die nachweislich weder das Bewusstsein beeinträchtigen noch funktionelle Störungen verursachen, können als zum Führen eines Fahrzeugs geeignet erklärt werden, sofern dieses Krankheitsmuster während eines Zeitraums festgestellt wurde, der mindestens dem für Epilepsie geforderten Zeitraum der Anfallsfreiheit entspricht. Nach einem Anfall anderer Art müssen die Betreffenden mindestens ein Jahr lang anfallsfrei sein, bevor eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann (siehe „Epilepsie” ).
12.8.
Anfälle infolge einer ärztlich verordneten Änderung oder Reduzierung der Epilepsietherapie: Dem Patienten kann empfohlen werden, ab dem Zeitpunkt des Absetzens der Behandlung während eines Zeitraums von sechs Monaten kein Fahrzeug zu führen. Wird nach einem Anfall, der infolge einer ärztlich verordneten Änderung oder Absetzung der Medikation eingetreten ist, die zuvor wirksame Behandlung wieder aufgenommen, so darf drei Monate lang kein Fahrzeug geführt werden.
12.9.
Nach chirurgischer Epilepsietherapie: siehe „Epilepsie” .

Gruppe 2:

12.10.
Der Bewerber sollte während des vorgeschriebenen Zeitraums der Anfallsfreiheit keine Antiepileptika einnehmen. Eine geeignete medizinische Nachbehandlung muss erfolgt sein. Eine umfassende neurologische Untersuchung ergab keinen pathologischen zerebralen Befund und das Elektroenzephalogramm (EEG) zeigt keine epileptiforme Aktivität. Nach der akuten Episode sollte ein EEG erstellt und eine neurologische Bewertung vorgenommen werden.
12.11.
Provozierter epileptischer Anfall: Bewerber, die einen provozierten epileptischen Anfall aufgrund einer erkennbaren Ursache erlitten haben, deren Auftreten am Steuer unwahrscheinlich ist, können auf der Grundlage eines neurologischen Gutachtens individuell als zum Führen von Fahrzeugen geeignet erklärt werden. Nach der akuten Episode sollte ein EEG erstellt und eine neurologische Bewertung vorgenommen werden.

Personen mit struktureller intrazerebraler Läsion und erhöhtem Anfallsrisiko sollten so lange keine Fahrzeuge der Gruppe 2 führen können, bis das Epilepsierisiko mindestens auf 2 % pro Jahr gefallen ist. Die Beurteilung sollte ggf. (z. B. bei Alkoholproblematik) im Einklang mit anderen einschlägigen Abschnitten von Anhang III erfolgen.

12.12.
Erster oder einmaliger nicht provozierter Anfall: Bewerber, die erstmals einen nicht provozierten epileptischen Anfall erlitten haben, können auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen neurologischen Bewertung nach fünf anfallsfreien Jahren ohne Einnahme von Antiepileptika als zum Führen eines Fahrzeugs geeignet erklärt werden. Die nationalen Behörden können Fahrzeugführern mit anerkannt guten Prognoseindikatoren bereits vorher das Führen von Fahrzeugen erlauben.
12.13.
Sonstiger Bewusstseinsverlust: Bewusstseinsverlust sollte im Hinblick auf das Risiko eines erneuten Eintretens während des Führens eines Fahrzeugs bewertet werden. Das Risiko des erneuten Eintretens sollte höchstens 2 % pro Jahr betragen.
12.14.
Epilepsie: Ohne die Einnahme von Antiepileptika muss Anfallsfreiheit während eines Zeitraums von 10 Jahren erreicht worden sein. Die nationalen Behörden können Fahrzeugführern mit anerkannt guten Prognoseindikatoren bereits vorher das Führen von Fahrzeugen erlauben. Dies gilt auch im Falle von „juveniler Epilepsie” .

Bestimmte Gesundheitsstörungen (z. B. arteriovenöse Fehlbildungen oder intrazerebrale Blutungen) gehen mit erhöhtem Anfallsrisiko einher, selbst wenn bislang noch keine Anfälle aufgetreten sind. In solchen Fällen sollte von einer zuständigen ärztlichen Stelle eine Bewertung vorgenommen werden. Das Anfallsrisiko sollte höchstens 2 % pro Jahr betragen, damit eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann.

GEISTIGE STÖRUNGEN

Gruppe 1:

13.1. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die

an angeborenen oder infolge von Krankheiten, Verletzungen oder neurochirurgischen Eingriffen erworbenen schweren geistigen Störungen,

an erheblichem Schwachsinn,

an schwerwiegenden Persönlichkeitsänderungen, bedingt durch pathologische Alterungsprozesse, oder an schweren persönlichkeitsbezogenen Störungen des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung

leiden, darf eine Fahrerlaubnis nur dann erteilt oder erneuert werden, wenn der Antrag durch das Gutachten einer zuständigen ärztlichen Stelle unterstützt wird, und erforderlichenfalls vorbehaltlich einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle.

Gruppe 2:

13.2. Die zuständige ärztliche Stelle muß die zusätzlichen Risiken und Gefahren besonders berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind.

ALKOHOL

14. Alkoholgenuß ist eine große Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr. Da es sich um ein schwerwiegendes Problem handelt, ist auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit geboten.

Gruppe 1:

14.1. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig sind oder das Führen eines Fahrzeugs und Alkoholgenuß nicht trennen können, darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig waren, kann nach einem nachgewiesenen Zeitraum der Abstinenz vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden.

Gruppe 2:

14.2. Die zuständige ärztliche Stelle muß die zusätzlichen Risiken und Gefahren gebührend berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind.

DROGEN UND ARZNEIMITTEL

15.
Mißbrauch

Bewerbern oder Fahrzeugführern, die von psychotropen Stoffen abhängig sind oder, auch ohne abhängig zu sein, von solchen Stoffen regelmäßig übermäßig Gebrauch machen, darf eine Fahrerlaubnis unabhängig von der beantragten Führerscheinklasse weder erteilt noch erneuert werden.

Regelmäßige Einnahme

Gruppe 1:

15.1. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die regelmäßig psychotrope Stoffe in irgendeiner Form einnehmen, darf, wenn die aufgenommene Menge so groß ist, daß die Fahrtüchtigkeit nachteilig beeinflußt wird, eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden. Dies gilt auch für alle anderen Arzneimittel oder Kombinationen von Arzneimitteln, die die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen.

Gruppe 2:

15.2. Die zuständige ärztliche Stelle muß die zusätzlichen Risiken und Gefahren gebührend berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind.

NIERENERKRANKUNGEN

Gruppe 1:

16.1. Vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle kann Bewerbern oder Fahrzeugführern, die unter einer schweren Niereninsuffizienz leiden, eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden, sofern sich der Betreffende regelmäßig einer ärztlichen Kontrolle unterzieht.

Gruppe 2:

16.2. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die unter einer schweren irreversiblen Niereninsuffizienz leiden, darf eine Fahrerlaubnis nur in außergewöhnlichen, durch das Gutachten einer zuständigen ärztlichen Stelle begründeten Fällen und unter der Voraussetzung einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle erteilt werden.

VERSCHIEDENE BESTIMMUNGEN

Gruppe 1:

17.1. Bewerbern oder Fahrzeugführern, an denen eine Organtransplantation vorgenommen wurde oder die ein künstliches Implantat erhalten haben, darf, wenn sich dies auf die Fahrtüchtigkeit auswirken kann, eine Fahrerlaubnis nur vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und gegebenenfalls einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle erteilt werden.

Gruppe 2:

17.2. Die zuständige ärztliche Stelle muß die zusätzlichen Risiken und Gefahren gebührend berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen dieser Gruppe verbunden sind.

18. Im allgemeinen darf Bewerbern oder Fahrzeugführern, die an einer unter den vorstehenden Nummern nicht genannten Krankheit leiden, die eine funktionelle Untauglichkeit bedeuten oder zur Folge haben kann, so daß dadurch beim Führen eines Kraftfahrzeugs die Sicherheit im Straßenverkehr gefährdet wird, eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden, außer wenn der Antrag durch ein ärztliches Gutachten einer zuständigen Stelle unterstützt und erforderlichenfalls eine regelmäßige ärztliche Kontrolle vorgenommen wird.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.