Anlage 5A VO (EU) 2016/266
Bewertung der sekundären Geschlechtsmerkmale bei Dickkopfelritzen zum Nachweis bestimmter Chemikalien mit endokriner Wirkung
Übersicht
Für Tests zum Nachweis endokriner Disruptoren potenziell wichtige äußere Merkmale bei adulten Dickkopfelritzen sind die Körperfarbe (hell/dunkel), die Farbmusterung (Vorhandensein oder Nichtvorhandensein senkrechter Streifen), die Körperform (Kopf- und Rumpfform, abdominale Distension) sowie spezifische sekundäre Geschlechtsmerkmale (Zahl und Größe der Laichknoten (Nuptialtuberkel), Größe des dorsalen Nackenaufwuchses und des Ovipositors). Laichausschlag (Nuptialtuberkel) tritt am Kopf (dorsaler Aufwuchs) paarungsbereiter männlicher Dickkopfelritzen auf, gewöhnlich beidseitig symmetrisch (Jensen et al. 2001). Bei weiblichen Kontrollfischen sowie juvenilen männlichen und weiblichen Fischen zeigen sich keine Tuberkel (Jensen et al. 2001). Um die Augen und zwischen den Nasenöffnungen männlicher Tiere können sich bis zu acht Tuberkel bilden. Die meisten und größten Tuberkel finden sich in zwei parallelen Reihen unmittelbar unter den Nasenöffnungen und über dem Maul. Bei vielen Fischen befinden sich Tuberkelgruppierungen auch unterhalb des Unterkiefers; die in unmittelbarer Nähe des Mauls befindlichen Tuberkel treten gewöhnlich als einzelnes Paar auf; ventral können sich Gruppen von bis zu vier Tuberkel entwickeln. In der Regel bilden sich selten mehr als 30 Tuberkel (typischerweise 18-28; Jensen et al. 2001). Zumeist entwickeln sich Nuptialtuberkel als einzelne, verhältnismäßig runde Ausstülpungen, deren Höhe in etwa ihrem Radius entspricht. Die meisten paarungsbereiten Männchen weisen zumindest auch einige Tuberkel auf, die derart groß und auffällig sind, dass sie als Einzelstrukturen kaum noch erkennbar sind. Einige Arten endokrin wirkender Chemikalien können beim jeweils anderen Geschlecht zu anomalen sekundären Geschlechtsmerkmalen führen. So können Androgenrezeptor-Agonisten wie 17β-Methyltestosteron oder 17β-Trenbolon bewirken, dass sich bei weiblichen Dickkopfelritzen Nuptialtuberkel bilden (Smith 1974; Ankley et al. 2001; 2003), während Östrogenrezeptor-Agonisten bei männlichen Tieren zu einer Verringerung der Anzahl oder Größe der Tuberkel führen können (Miles-Richardson et al. 1999; Harries et al. 2000). Laichausschlag bei Dickkopfelritzen wird nachstehend nach Verfahren charakterisiert, wie sie im Labor der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency) in Duluth, MN, üblich sind. Spezifische Produkte und/oder Geräte können durch verfügbare vergleichbare Materialien ersetzt werden. Eine Sichtprüfung erfolgt am besten unter einem beleuchteten Vergrößerungsglas oder einem beleuchteten Stereomikroskop mit Dreifach-Vergrößerung. Die Fische dorsal mit der vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend (d. h. Kopf zum Betrachter hin) untersuchen.- a)
- Fisch mit vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend und in Bauchlage in eine kleine Petrischale (z. B. 100 mm Durchmesser) legen. Sucher scharf einstellen, damit die Tuberkel erkennbar werden. Fisch vorsichtig und langsam von einer Seite auf die andere drehen, um die Areale mit Tuberkeln zu bestimmen. Tuberkel zählen und einstufen.
- b)
- Untersuchung an der ventralen Kopfseite wiederholen; dazu den Fisch mit der dorsalen vorderen Körperhälfte nach vorne zeigend in die Petrischale legen.
- c)
- Die Untersuchung sollte pro Fisch nicht länger als 2 Minuten dauern.
Zählen und Einstufen der Laichknoten (Nuptialtuberkel)
Zur Bewertung der Ausprägung des Laichausschlags bei adulten Dickkopfelritzen wurden sechs Areale identifiziert. Zur Darstellung der Region und der Zahl vorhandener Tuberkel wurde eine Vorlage (Formular) entwickelt (siehe Ende dieses Anhangs). Die Zahl der Tuberkel aufzeichnen, und die Tuberkel der Größe nach wie folgt einstufen: 0 — keine Tuberkel, 1 — präsent, 2 — vergrößert und 3 — ausgeprägt (Abb. 1). Bewertung 0 bedeutet, dass keine Tuberkel vorhanden sind. Bewertung 1 — Tuberkel präsent — betrifft jeden Knoten, bei dem eine einzelne Ausstülpung in etwa dem Radius des Knotens (Halbmesser) entspricht. Bewertung 2 — vergrößerter Tuberkel — betrifft Knoten mit sternförmig ausgebildetem Gewebe, das sich in der Regel durch eine große Grundfläche mit von der Mitte ausgehenden Rillen oder Furchen auszeichnet. Nach oben sind die Tuberkel häufig stärker gezackt, können aber auch abgerundet sein. Bewertung 3 — ausgeprägter Laichausschlag — bedeutet in der Regel, dass das Areal verhältnismäßig groß und abgerundet und weniger strukturiert ist. Manchmal verschmelzen diese Tuberkel entlang einer oder mehrerer Regionen (B, C und D; s. u.). Farbe und Form sind ähnlich wie bei Bewertung 2, was manchmal die Unterscheidung erschwert. Eine Einstufung nach diesem System ergibt bei normalen männlichen Kontrollexemplaren mit 18-20 Tuberkeln einen Gesamtwert von < 50 Tuberkeln (Jensen et al. 2001).Abbildung 1
Die tatsächliche Anzahl Tuberkel kann bei bestimmten Fischen größer sein als das Formularfeld (Anlage A) für das einzustufende Ausschlagareal zulässt. In diesem Fall können rechts oder links neben dem betreffenden Feld zusätzliche Einstufungen angegeben werden. Die Vorlage muss daher nicht unbedingt Symmetrie aufzeigen. Eine weitere Methode zur Veranschaulichung paarweise auftretender oder vertikal auf der horizontalen Ebene des Mauls verbundener Tuberkel besteht in der doppelten Markierung zweier Einstufungen innerhalb eines einzigen Feldes. Darzustellende Tuberkelregionen:- A—
- Augenregion: Dorsal bis ventral um den vorderen Augenrand; in der Regel viele Tuberkel bei geschlechtsreifen männlichen Kontrollexemplaren; bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent; in der Regel paarweises Auftreten (jeweils ein Tuberkel in der Nähe des Auges) bzw. Einzelvorkommen bei androgen-exponierten weiblichen Tieren.
- B—
- Nasenregion zwischen Nasengruben (Sensorkanalporen): bei männlichen Kontrollexemplaren in der Regel paarweises Auftreten in stärkerer Ausprägung (2 — vergrößert — oder 3 — stark ausgeprägt); bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent, jedoch vereinzeltes Vorkommen bei androgen-exponierten weiblichen Tieren.
- C—
- Nasenregion unmittelbar vor den Nasengruben, parallel zum Maul: In der Regel vergrößert oder stark ausgeprägt bei männlichen Kontrollexemplaren; bei weniger entwickelten männlichen Tieren oder androgen-exponierten weiblichen Tieren präsent oder vergrößert.
- D—
- Maulregion (entlang der Maullinie): Bei männlichen Kontrollexemplaren in der Regel ausgeprägt; bei weiblichen Kontrollexemplaren nicht präsent; bei androgen-exponierten weiblichen Tieren können jedoch Tuberkel vorkommen.
- E—
- Unterkieferregion (nahe am Maul): gewöhnlich klein und gepaart; bei männlichen Kontroll- oder exponierten Fischen unterschiedlich ausgeprägt.
- F—
- Rumpfregion (ventral zu E): In der Regel klein und gepaart; bei männlichen Kontrollexemplaren und androgen-exponierten weiblichen Tieren präsent.
LITERATUR
- (1)
- Ankley, G.T., Jensen, K.M., Kahl, M.D., Korte, J.J., Makynen. M.E.. 2001. Description and evaluation of a short-term reproduction test with the fathead minnow (Pimephales promelas). Environ Toxicol Chem 20:1276-1290.
- (2)
- Ankley, G.T., Jensen, K.M., Makynen, E.A., Kahl, M.D., Korte, J.J., Hornung, M.W., Henry, T.R., Denny, J.S., Leino, R.L., Wilson, V.S., Cardon, M.C., Hartig, P.C., Gray, E.L. 2003. Effects of the androgenic growth promoter 17-β trenbolone on fecundity and reproductive endocrinology of the fathead minnow. Environ Toxicol Chem 22:1350-1360.
- (3)
- Harries, J.E., Runnalls, T., Hill, E., Harris, C.A.,Maddix, S., Sumpter, J.P., Tyler, C.R. 2000. Development of a reproductive performance test for endocrine disrupting chemicals using pair-breeding fathead minnows (Pimephales promelas). Environ Sci Technol 34:3003-3011.
- (4)
- Jensen, K.M., Korte, J.J., Kahl, M.D., Pasha, M.S., Ankley, G.T.. 2001. Aspects of basic reproductive biology and endocrinology in the fathead minnow (Pimephales promelas). Comp Biochem Physiol C 128:127-141.
- (5)
- Kahl, M.D., Jensen, K.M., Korte, J.J., Ankley, G.T. 2001. Effects of handling on endocrinology and reproductive performance of the fathead minnow. J Fish Biol 59:515-523.
- (6)
- Miles-Richardson, S.R., Kramer, V.J., Fitzgerald, S.D., Render, J.A., Yamini, B., Barbee, S.J., Giesy, J.P. 1999. Effects of waterborne exposure of 17-estradiol on secondary sex characteristics and gonads of fathead minnows (Pimephales promelas). Aquat Toxicol 47:129-145.
- (7)
- Smith, R.J.F. 1974. Effects of 17-methyltestosterone on the dorsal pad and tubercles of fathead minnows (Pimephales promelas). Can J Zool 52:1031-1038.
Vorlage — Einstufung des Laichausschlags (Nuptialtuberkel) | Einstufung |
---|---|
ID | 1 — präsent |
Datum | 2 — vergrößert |
Gesamtbewertung | 3 — ausgeprägt |
A | X1 | X1 | X1 | X1 |
B | X1 | X1 | X1 | X1 |
C | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | |
D | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 | X1 |
E | X1 | X1 | |||
F | X1 | X1 | X1 | X1 |
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