Artikel 32 RL 2019/2034/EU

Variable Vergütung

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede variable Vergütung, die eine Wertpapierfirma den in Artikel 30 Absatz 1 genannten Kategorien von Mitarbeitern gewährt und auszahlt, alle folgenden Anforderungen unter denselben Voraussetzungen wie den in Artikel 30 Absatz 3 genannten erfüllt:

a)
Bei leistungsabhängiger variabler Vergütung liegt der variablen Vergütung insgesamt eine Bewertung sowohl der Leistung der betreffenden Person, ihrer Abteilung und des Gesamtergebnisses der Wertpapierfirma zugrunde;
b)
bei der Bewertung der individuellen Leistung werden sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Kriterien berücksichtigt;
c)
die unter Buchstabe a genannte Leistungsbewertung bezieht sich auf einen mehrjährigen Zeitraum und trägt dem Geschäftszyklus der Wertpapierfirma und ihren Geschäftsrisiken Rechnung;
d)
die variable Vergütung wirkt sich nicht auf die Fähigkeit der Wertpapierfirma aus, eine solide Kapitalbasis zu gewährleisten;
e)
es gibt keine garantierte variable Vergütung außer für neue Mitarbeiter im ersten Jahr der Beschäftigung und sofern die Wertpapierfirma über eine starke Kapitalbasis verfügt;
f)
Zahlungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines Arbeitsvertrags tragen der Leistung des Mitarbeiters im Zeitverlauf Rechnung und dürfen mangelnde Leistung oder Fehlverhalten nicht belohnen;
g)
Vergütungspakete im Zusammenhang mit Ausgleichs- oder Abfindungszahlungen aus Verträgen in früheren Beschäftigungsverhältnissen müssen mit den langfristigen Interessen der Wertpapierfirma im Einklang stehen;
h)
die Leistungsmessung, anhand deren die Pools der variablen Vergütung berechnet werden, trägt allen Arten laufender und künftiger Risiken sowie den Kapitalkosten und der entsprechend der Verordnung (EU) 2019/2033 erforderlichen Liquidität Rechnung;
i)
bei der Allokation der variablen Vergütungskomponenten innerhalb der Wertpapierfirma wird ebenfalls allen Arten laufender und künftiger Risiken Rechnung getragen;
j)
mindestens 50 % der variablen Vergütung bestehen aus folgenden Instrumenten:

i)
Anteilen bzw. einer je nach Rechtsform der betreffenden Wertpapierfirma gleichwertigen Beteiligung;
ii)
an Anteile geknüpften Instrumenten bzw. je nach Rechtsform der betreffenden Wertpapierfirma gleichwertigen nicht liquiditätswirksamen Instrumenten;
iii)
Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals oder des Ergänzungskapitals oder anderen Instrumenten, die vollständig in Instrumente des harten Kernkapitals umgewandelt oder abgeschrieben werden können und die die Bonität der Wertpapierfirma unter der Annahme der Unternehmensfortführung angemessen widerspiegeln;
iv)
unbaren Zahlungsinstrumenten, die die Instrumente der verwalteten Portfolios widerspiegeln;

k)
abweichend von Buchstabe j können die zuständigen Behörden billigen, dass in Wertpapierfirmen, die keine der dort genannten Instrumente begeben, alternative Regelungen mit denselben Zielen gelten;
l)
je nach Geschäftszyklus und Art der Geschäftstätigkeit der Wertpapierfirma und der damit verbundenen Risiken sowie der Tätigkeiten des betreffenden Mitarbeiters werden mindestens 40 % der variablen Vergütung je nach Sachlage für drei bis fünf Jahre zurückbehalten, außer bei einer besonders hohen variablen Vergütung, bei der mindestens 60 % des Betrags der variablen Vergütung zurückbehalten werden;
m)
bei einem schwachen oder negativen Finanzergebnis der Wertpapierfirma werden bis zu 100 % der variablen Vergütung abgesenkt, einschließlich durch Malus- oder Rückforderungsvereinbarungen, die von den Wertpapierfirmen festgelegten Kriterien genügen und insbesondere Situationen abdecken, in denen die betreffende Person:

i)
an einem Verhalten, das für die Wertpapierfirma zu erheblichen Verlusten geführt hat, beteiligt oder dafür verantwortlich war,
ii)
bezogen auf die fachliche Qualifikation und Zuverlässigkeit als nicht mehr geeignet gilt;

n)
die freiwilligen Rentenleistungen müssen mit Geschäftsstrategie, Zielen, Werten und langfristigen Interessen der Wertpapierfirma in Einklang stehen.

(2) Für die Zwecke von Absatz 1 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

a)
die in Artikel 30 Absatz 1 genannten Personen keine persönlichen Absicherungsstrategien oder vergütungs- und haftungsbezogenen Versicherungen einsetzen, um die in Absatz 1 genannten Grundsätze zu unterlaufen;
b)
die variable Vergütung nicht über Finanzinstrumente oder Verfahren ausgezahlt wird, die einen Verstoß gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) 2019/2033 erleichtern.

(3) Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe j werden die darin genannten Instrumente für angemessene Zeit einbehalten, um die Anreize der Person nach den längerfristigen Interessen der Wertpapierfirma, ihrer Gläubiger und Kunden auszurichten. Gegebenenfalls können die Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden Art und Ausgestaltung dieser Instrumente einschränken oder die Nutzung bestimmter Instrumente für die variable Vergütung untersagen.

Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe l wird der Anspruch auf die Zurückbehaltung der variablen Vergütung anteilig erworben.

Verlässt ein Mitarbeiter die Wertpapierfirma vor dem Ruhestandsalter, werden für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe n freiwillige Altersversorgungsleistungen von der Wertpapierfirma für die Dauer von fünf Jahren in Form der unter Buchstabe j genannten Instrumente gehalten. Erreicht ein Mitarbeiter das Ruhestandsalter und geht in den Ruhestand, werden ihm die freiwilligen Altersversorgungsleistungen vorbehaltlich einer fünfjährigen Sperrfrist in Form der unter Buchstabe j genannten Instrumente ausgezahlt.

(4) Absatz 1 Buchstaben j und l sowie Absatz 3 Unterabsatz 3 gelten nicht für:

a)
Wertpapierfirmen, deren bilanzielle und außerbilanzielle Vermögenswerte in den dem jeweiligen Geschäftsjahr unmittelbar vorangegangenen vier Jahren im Durchschnitt maximal 100 Mio. EUR wert waren;
b)
Personen, deren jährliche variable Vergütung nicht über 50000 EUR hinausgeht und nicht mehr als ein Viertel der jährlichen Gesamtvergütung der betreffenden Person darstellt.

(5) Abweichend von Absatz 4 Buchstabe a kann ein Mitgliedstaat den darin genannten Schwellenwert heraufsetzen, sofern die Wertpapierfirma die folgenden Kriterien erfüllt:

a)
Die Wertpapierfirma zählt in dem Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen ist, nach dem Gesamtwert der Vermögenswerte nicht zu den drei größten Wertpapierfirmen;
b)
die Wertpapierfirma unterliegt keinen Anforderungen oder unterliegt vereinfachten Anforderungen in Bezug auf die Sanierungs- und Abwicklungsplanung im Einklang mit Artikel 4 der Richtlinie 2014/59/EU;
c)
der Umfang der bilanz- und außerbilanzmäßigen Handelsbuchtätigkeit der Wertpapierfirma beträgt nicht mehr als 150 Mio. EUR;
d)
der Umfang der bilanziellen und außerbilanziellen Geschäfte der Wertpapierfirma mit Derivaten beträgt nicht mehr als 100 Mio. EUR;
e)
der Schwellenwert beträgt nicht mehr als 300 Mio. EUR; und
f)
bei der Anhebung des Schwellenwerts sollten Art und Umfang der Tätigkeiten der Wertpapierfirma, ihre interne Organisation und gegebenenfalls die Eigenschaften der Gruppe, der sie angehört, berücksichtigt werden.

(6) Abweichend von Absatz 4 Buchstabe a kann ein Mitgliedstaat den darin genannten Schwellenwert herabsetzen, sofern dies in Anbetracht der Art und des Umfangs der Tätigkeiten der Wertpapierfirma, ihrer internen Organisation und gegebenenfalls der Charakteristika der Gruppe, der sie angehört, angemessen ist.

(7) Abweichend von Absatz 4 Buchstabe b kann ein Mitgliedstaat beschließen, dass Mitarbeiter, die einen Anspruch auf eine jährliche variable Vergütung unter dem in diesem Buchstaben genannten Schwellenwert und Anteil haben, aufgrund der Besonderheiten des nationalen Markts hinsichtlich der Vergütungspraxis oder der Art der Aufgaben und des Stellenprofils dieser Mitarbeiter nicht unter die dort festgelegte Ausnahme fallen.

(8) Die EBA arbeitet in Abstimmung mit der ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Bestimmung der Klassen von Instrumenten, die die in Absatz 1 Buchstabe j Ziffer iii genannten Bedingungen erfüllen, sowie zur Bestimmung möglicher alternativer Regelungen gemäß Absatz 1 Buchstabe k aus.

Die EBA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 26. Juni 2021.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 erlassen werden.

(9) Die EBA legt in Abstimmung mit der ESMA Leitlinien fest, die die Umsetzung der Absätze 4, 5 und 6 erleichtern und deren kohärente Anwendung gewährleisten.

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