Präambel RL 2003/109/EG

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere Artikel 63 Nummern 3 und 4,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Für den schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sieht der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowohl den Erlass von Maßnahmen zur Gewährleistung des freien Personenverkehrs in Verbindung mit flankierenden Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl und die Einwanderung als auch den Erlass von Maßnahmen in Bezug auf Asyl, Einwanderung und Schutz der Rechte von Drittstaatsangehörigen vor.
(2)
Der Europäische Rat hat auf seiner Sondertagung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 erklärt, dass die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen an diejenige der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten angenähert werden sollte und einer Person, die sich während eines noch zu bestimmenden Zeitraums in einem Mitgliedstaat rechtmäßig aufgehalten hat und einen langfristigen Aufenthaltstitel besitzt, in diesem Mitgliedstaat eine Reihe einheitlicher Rechte gewährt werden sollte, die denjenigen der Unionsbürger so nah wie möglich sind.
(3)
Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und berücksichtigt die Grundsätze, die insbesondere durch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.
(4)
Die Integration von Drittstaatsangehörigen, die in den Mitgliedstaaten langfristig ansässig sind, trägt entscheidend zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts bei, der als eines der Hauptziele der Gemeinschaft im Vertrag angegeben ist.
(5)
Die Mitgliedstaaten sollten diese Richtlinie ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Meinung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung durchführen.
(6)
Die Dauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sollte das Hauptkriterium für die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten sein. Der Aufenthalt sollte rechtmäßig und ununterbrochen sein, um die Verwurzlung der betreffenden Person im Land zu belegen. Eine gewisse Flexibilität sollte vorgesehen werden, damit Umstände berücksichtigt werden können, die eine Person veranlassen können, das Land zeitweilig zu verlassen.
(7)
Um die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu erlangen, sollten Drittstaatsangehörige ausreichende Einkünfte und einen Krankenversicherungsschutz nachweisen, damit sie keine Last für den betreffenden Mitgliedstaat werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Drittstaatsangehörige über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, können die Mitgliedstaaten Faktoren wie die Entrichtung von Beiträgen in ein Alterssicherungssystem und die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen berücksichtigen.
(8)
Darüber hinaus sollten Drittstaatsangehörige, die die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erlangen und behalten möchten, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen. Der Begriff der öffentlichen Ordnung kann die Verurteilung wegen der Begehung einer schwerwiegenden Straftat umfassen.
(9)
Wirtschaftliche Erwägungen sollten nicht als Grund dafür herangezogen werden, die Zuerkennung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu versagen, und dürfen nicht so aufgefasst werden, dass sie die entsprechenden Bedingungen berühren.
(10)
Für die Prüfung des Antrags auf Gewährung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten sollte ein System von Verfahrensregeln festgelegt werden. Diese Verfahren sollten effizient und angemessen sein, wobei die normale Arbeitsbelastung der mitgliedstaatlichen Verwaltungen zu berücksichtigen sind; sie sollten auch transparent und gerecht sein, um den betreffenden Personen angemessene Rechtssicherheit zu bieten. Sie sollten nicht dazu eingesetzt werden, um die betreffenden Personen in der Ausübung ihres Aufenthaltsrechts zu behindern.
(11)
Die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten sollte durch einen Aufenthaltstitel bescheinigt werden, mit dem die betreffende Person ohne weiteres und unverzüglich ihre Rechtsstellung nachweisen kann. Solche Aufenthaltstitel sollten auch strengen technischen Normen, insbesondere hinsichtlich der Fälschungssicherheit, genügen, um Missbräuchen in dem Mitgliedstaat, in dem diese Rechtsstellung erlangt wurde, und in den Mitgliedstaaten, in denen das Aufenthaltsrecht ausgeübt wird, vorzubeugen.
(12)
Um ein echtes Instrument zur Integration von langfristig Aufenthaltsberechtigten in die Gesellschaft, in der sie leben, darzustellen, sollten langfristig Aufenthaltsberechtigte nach Maßgabe der entsprechenden, in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen, in vielen wirtschaftlichen und sozialen Bereichen wie die Bürger des Mitgliedstaats behandelt werden.
(13)
Hinsichtlich der Sozialhilfe ist die Möglichkeit, die Leistungen für langfristig Aufenthaltsberechtigte auf Kernleistungen zu beschränken, so zu verstehen, dass dieser Begriff zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, bei Schwangerschaft, bei Elternschaft und bei Langzeitpflege erfasst. Die Modalitäten der Gewährung dieser Leistungen sollten durch das nationale Recht bestimmt werden.
(14)
Die Mitgliedstaaten sollten verpflichtet bleiben, minderjährigen Kindern in ähnlicher Weise wie ihren eigenen Staatsangehörigen den Zugang zum Bildungssystem zu gestatten.
(15)
Das Konzept der Stipendien und Ausbildungsbeihilfen im Bereich der Berufsbildung umfasst keine im Rahmen von Sozialhilferegelungen finanzierten Maßnahmen. Außerdem kann der Zugang zu Stipendien und Ausbildungsbeihilfen davon abhängen, dass die Person, die solche Stipendien und Ausbildungsbeihilfen beantragt, die Voraussetzungen für die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten selbst erfüllt. Bei der Gewährung von Stipendien und Ausbildungsbeihilfen können die Mitgliedstaaten den Umstand berücksichtigen, dass die Unionsbürger im Herkunftsland denselben Vorteil in Anspruch nehmen können.
(16)
Langfristig Aufenthaltsberechtigte sollten verstärkten Ausweisungsschutz genießen. Dieser Schutz orientiert sich an den Kriterien, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung entwickelt hat. Um den Ausweisungsschutz sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten wirksamen Rechtsschutz vorsehen.
(17)
Die Harmonisierung der Bedingungen für die Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten fördert das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten. In einigen Mitgliedstaaten sind die Bedingungen für die Erteilung dauerhafter oder unbefristeter Aufenthaltstitel günstiger als die in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen. Die Möglichkeit, günstigere nationale Bestimmungen anzuwenden, wird von dem Vertrag nicht ausgeschlossen. Dennoch sollte für die Zwecke dieser Richtlinie vorgesehen werden, dass Aufenthaltstitel, für deren Erteilung günstigere Bedingungen gelten, nicht das Recht auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten begründen.
(18)
Die Festlegung der Bedingungen, unter denen Drittstaatsangehörige, die langfristig Aufenthaltsberechtigte sind, das Recht erlangen, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, trägt dazu bei, dass der Binnenmarkt als Raum, in dem Freizügigkeit für jedermann gewährleistet ist, Realität wird. Es könnte auch einen wesentlichen Mobilitätsfaktor darstellen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt der Union.
(19)
Es sollte vorgesehen werden, dass das Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, ausgeübt werden kann, um eine unselbstständige oder selbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, ein Studium zu absolvieren oder auch ohne eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben.
(20)
Familienangehörige sollten auch das Recht haben, sich mit dem langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, um die familiäre Lebensgemeinschaft zu wahren und den langfristig Aufenthaltsberechtigten nicht in der Ausübung seines Aufenthaltsrechts zu behindern. Im Zusammenhang mit Familienmitgliedern, denen gestattet werden kann, den langfristig Aufenthaltsberechtigten zu begleiten oder ihm nachzureisen, sollten die Mitgliedstaaten der Lage von erwachsenen Kindern mit Behinderungen und unterhaltsberechtigten Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades besondere Beachtung schenken.
(21)
Der Mitgliedstaat, in dem der langfristig Aufenthaltsberechtigte sein Aufenthaltsrecht ausüben möchte, sollte überprüfen können, ob diese Person die Voraussetzungen erfüllt, um sich in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten. Er sollte sich auch vergewissern können, dass die betreffende Person keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit darstellt.
(22)
Langfristig Aufenthaltsberechtigte sollten, damit ihr Recht auf Aufenthalt nicht ohne Wirkung bleibt, nach Maßgabe dieser Richtlinie in dem zweiten Mitgliedstaat die gleiche Behandlung genießen, die sie auch in dem Mitgliedstaat genießen, der ihnen die Rechtsstellung des langfristig Aufenthaltsberechtigten gewährt hat. Die Gewährung von Sozialhilfeleistungen erfolgt unbeschadet der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, den Aufenthaltstitel zu entziehen, wenn die betreffende Person die Anforderungen dieser Richtlinie nicht mehr erfüllt.
(23)
Drittstaatsangehörigen sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in dem Mitgliedstaat, in den sie umgezogen sind und in dem sie sich niederlassen wollen, unter Bedingungen zu erwerben, die denen für den Erwerb in dem ersten Mitgliedstaat vergleichbar sind.
(24)
Da die Ziele der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Festlegung der Bedingungen für die Gewährung und den Entzug der Rechtsstellung des langfristig Aufenthaltsberechtigten, sowie der damit verbunden Rechte und die Festlegung der Bedingungen für die Ausübung des Rechts des langfristig Aufenthaltsberechtigten auf Aufenthalt in anderen Mitgliedstaaten auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(25)
Gemäß den Artikeln 1 und 2 und unbeschadet des Artikels 4 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die für diese Mitgliedstaaten nicht bindend oder anwendbar ist.
(26)
Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 240 E vom 28.8.2001, S. 79.

(2)

ABl. C 284 E vom 21.11.2002, S. 102.

(3)

ABl. C 36 vom 8.2.2002, S. 59.

(4)

ABl. C 19 vom 22.1.2002, S. 18.

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