Artikel 18 RL 2003/41/EG

Anlagevorschriften

(1) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die Einrichtungen mit Standort in ihrem Hoheitsgebiet bei der Anlage der Vermögenswerte nach dem allgemeinen Vorsichtsprinzip und insbesondere nach folgenden Regeln verfahren:

a)
Die Vermögenswerte sind zum größtmöglichen Nutzen der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger anzulegen. Im Falle eines möglichen Interessenkonflikts sorgt die Einrichtung oder die Stelle, die deren Portfolio verwaltet, dafür, dass die Anlage einzig und allein im Interesse der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger erfolgt.
b)
Die Vermögenswerte sind so anzulegen, dass die Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des Portfolios insgesamt gewährleistet ist.

Vermögenswerte, die zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen gehalten werden, sind nach Art und Dauer in einer den erwarteten künftigen Altersversorgungsleistungen entsprechenden Weise anzulegen.

c)
Vermögenswerte sind vorrangig an geregelten Märkten anzulegen. Anlagen in Vermögenswerten, die nicht zum Handel an geregelten Finanzmärkten zugelassen sind, müssen auf jeden Fall auf einem vorsichtigen Niveau gehalten werden.
d)
Anlagen in derivativen Finanzinstrumenten sind zulässig, sofern sie zur Verringerung von Anlagerisiken oder zur Erleichterung einer effizienten Portfolioverwaltung beitragen. Ihr Wert muss mit der gebotenen Vorsicht unter Berücksichtigung des Basiswerts angesetzt werden und mit in die Bewertung der Vermögenswerte der Einrichtung einfließen. Die Einrichtung hat ferner ein übermäßiges Risiko in Bezug auf eine einzige Gegenpartei und auf andere Derivate-Geschäfte zu vermeiden.
e)
Die Anlagen sind in angemessener Weise zu streuen, so dass ein übermäßiger Rückgriff auf einen bestimmten Vermögenswert oder Emittenten oder auf eine bestimmte Unternehmensgruppe und größere Risikoballungen in dem Portfolio insgesamt vermieden werden.

Anlagen in Vermögenswerten ein und desselben Emittenten oder von Emittenten, die derselben Unternehmensgruppe angehören, dürfen die Einrichtung nicht einer übermäßigen Risikokonzentration aussetzen.

f)
Anlagen in das Trägerunternehmen dürfen 5 % des Gesamtportfolios nicht überschreiten; gehört das Trägerunternehmen einer Unternehmensgruppe an, so dürfen die Anlagen in die Unternehmen, die derselben Unternehmensgruppe wie das Trägerunternehmen angehören, 10 % des Gesamtportfolios nicht überschreiten.

Wird eine Einrichtung von mehreren Unternehmen getragen, sind Anlagen in diese Unternehmen mit der gebotenen Vorsicht und unter Berücksichtigung des Erfordernisses einer angemessenen Streuung zu tätigen.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Anforderungen nach den Buchstaben e) und f) nicht auf Anlagen in öffentliche Schuldverschreibungen anzuwenden.

(1a) Unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs und der Komplexität der Tätigkeiten der überwachten Einrichtungen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Behörden die Angemessenheit der Verfahren der Einrichtungen für die Bonitätsbewertung überwachen, bewerten die Verwendung von Bezugnahmen auf Ratings, die von Ratingagenturen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen(1) abgegeben worden sind, in ihrer Anlagepolitik und regen, falls angezeigt, die Milderung der Auswirkungen solcher Bezugnahmen an, um dem ausschließlichen und automatischen Rückgriff auf derartige Ratings entgegenzuwirken.

(2) Der Herkunftsmitgliedstaat untersagt den Einrichtungen, Kredit aufzunehmen oder für Dritte als Bürgen einzustehen. Die Mitgliedstaaten können den Einrichtungen jedoch gestatten, ausschließlich zu Liquiditätszwecken und für einen begrenzten Zeitraum in gewissem Umfang Kredit aufzunehmen.

(3) Die Mitgliedstaaten machen den Einrichtungen mit Standort in ihrem Hoheitsgebiet in Bezug auf die Wahl der Anlageform keine Vorschriften.

(4) Unbeschadet von Artikel 12 machen die Mitgliedstaaten die Anlageentscheidungen einer Einrichtung mit Standort in ihrem Hoheitsgebiet bzw. ihres Anlageverwalters nicht von einer vorherigen Genehmigung oder systematischen Mitteilung abhängig.

(5) Die Mitgliedstaaten können in Übereinstimmung mit den Absätzen 1 bis 4 für die Einrichtungen mit Standort in ihrem Hoheitsgebiet ausführlichere Vorschriften, auch quantitativer Art, erlassen, sofern dies aus Gründen der Vorsicht geboten ist, um das gesamte Spektrum der von diesen Einrichtungen verwalteten Altersversorgungssysteme zu erfassen.

Insbesondere können die Mitgliedstaaten Anlagevorschriften entsprechend denen der Richtlinie 2002/83/EG des Rates erlassen.

Die Mitgliedstaaten hindern Einrichtungen jedoch nicht daran,

a)
bis zu 70 % der die versicherungstechnischen Rückstellungen bedeckenden Vermögenswerte bzw. des gesamten Portfolios bei Systemen, in denen die Versorgungsanwärter die Anlagerisiken tragen, in Aktien, aktienähnlichen begebbaren Wertpapieren und Industrieobligationen anzulegen, die zum Handel an geregelten Märkten zugelassen sind, und über die Gewichtung der Wertpapiere im Anlagenportfolio selbst zu bestimmen. Sofern dies aus Gründen der Vorsicht geboten ist, können die Mitgliedstaaten jedoch eine niedrigere Obergrenze für diejenigen Einrichtungen festlegen, die Altersversorgungsprodukte mit langfristiger Zinssatzgarantie anbieten, das Anlagerisiko selbst tragen und die Garantie selbst stellen;
b)
bis zu 30 % der die versicherungstechnischen Rückstellungen bedeckenden Vermögenswerte in Vermögenswerten anzulegen, die auf andere Währungen als die der Verbindlichkeiten lauten;
c)
in Risikokapitalmärkte zu investieren.

(6) Absatz 5 schließt nicht aus, dass die Mitgliedstaaten auch im Einzelfall die Anwendung strengerer Anlagevorschriften auf Einrichtungen mit Standort in ihrem Hoheitsgebiet fordern können, wenn diese insbesondere aufgrund der von der Einrichtung eingegangenen Verbindlichkeiten aufsichtsrechtlich geboten sind.

(7) Bei grenzüberschreitender Tätigkeit im Sinne des Artikels 20 kann die zuständige Behörde jedes Tätigkeitsmitgliedstaats vorschreiben, dass die in Unterabsatz 2 genannten Vorschriften im Herkunftsmitgliedstaat für die Einrichtung gelten. In diesem Fall gelten diese Vorschriften nur in Bezug auf den Teil der Vermögenswerte der Einrichtung, der der in diesem Tätigkeitsmitgliedstaat ausgeführten Geschäftstätigkeit entspricht. Ferner gelten sie nur unter der Voraussetzung, dass dieselben oder strengere Vorschriften auch für Einrichtungen mit Standort im Tätigkeitsmitgliedstaat gelten.

Bei den in Unterabsatz 1 genannten Vorschriften handelt es sich um Folgende:

a)
Die Einrichtung legt nicht mehr als 30 % dieser Vermögenswerte in Aktien, aktienähnlichen Wertpapieren und Schuldverschreibungen an, die nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, oder aber sie legt mindestens 70 % dieser Vermögenswerte in Aktien, anderen aktienähnlichen Wertpapieren und Schuldverschreibungen an, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind.
b)
Die Einrichtung legt nicht mehr als 5 % dieser Vermögenswerte in Aktien und anderen aktienähnlichen Wertpapieren, Anleihen, Schuldverschreibungen und anderen Geld- und Kapitalmarktinstrumenten desselben Unternehmens und nicht mehr als 10 % dieser Vermögenswerte in Aktien und anderen aktienähnlichen Wertpapieren, Anleihen, Schuldverschreibungen und anderen Geld- und Kapitalmarktinstrumenten von Unternehmen an, die einer einzigen Unternehmensgruppe angehören.
c)
Die Einrichtung legt nicht mehr als 30 % dieser Vermögenswerte in Vermögenswerten an, die auf andere Währungen als die der Verbindlichkeiten lauten.

Um diesen Anforderungen zu genügen, kann der Herkunftsmitgliedstaat die Bildung eines separaten Abrechnungsverbands für die Vermögenswerte verlangen.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.

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