Präambel VO (EU) 2012/367

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO)(1), insbesondere auf Artikel 64 Absatz 2 und Artikel 186 in Verbindung mit Artikel 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Preise auf den Weltzuckermärkten auf der Grundlage des Londoner Terminmarktes haben sich seit Beginn des Wirtschaftsjahres 2011/12 auf einem historisch eher hohen Niveau stabilisiert. Die Preise am Londoner Terminmarkt lagen bei rund 600 – 650 USD je Tonne, d.h. 460 – 500 EUR je Tonne.
(2)
Gleichzeitig sind die Preise auf den EU-Zuckermärkten, die anhand des Preisinforma-tionssystems gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 952/2006 der Kommission vom 29. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates hinsichtlich der Binnenmarktordnung und Quotenregelung für Zucker(2) festgestellt wurden, weiterhin angestiegen; außerdem hat sich der Preisanstieg ab Oktober 2011 beschleunigt, als der durchschnittliche EU-Zuckerpreis innerhalb eines Monats um über 10 % anstieg.
(3)
Um die Versorgungslage auf dem EU-Zuckermarkt zu verbessern, sind im November 2011 mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1239/2011 der Kommission vom 30. November 2011 zur Eröffnung einer Dauerausschreibung für das Wirtschaftsjahr 2011/12 für Einfuhren von Zucker des KN-Codes 1701 zu einem ermäßigten Zollsatz(3) und mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1240/2011 vom 30. November 2011 mit Sondermaßnahmen für das Inverkehrbringen auf dem EU-Markt von Nichtquotenzucker und Nichtquotenisoglucose mit verringerter Überschussabgabe im Wirtschaftsjahr 2011/12(4) außergewöhnliche Maßnahmen getroffen worden. Trotz dieser Maßnahmen hat sich die derzeit steigende Tendenz bei den EU-Zuckerpreisen fortgesetzt und belief sich der Durchschnittsprieis in Februar 2012 auf 701 EUR, was einem Anstieg um über 20 % zwischen September 2011 und Februar 2012 bzw. fast 40 % zwischen Februar 2011 und Februar 2012 entspricht.
(4)
Aus der anhaltend steigenden Tendenz der EU-Zuckerpreise lässt sich erkennen, dass sich die Versorgung des EU-Zuckermarktes zu diesem Zeitpunkt nur leicht verbessert hat. Diese Analyse wurde auf der Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 8. März 2012 von einer großen Mehrheit der Mitgliedstaaten bestätigt, deren Ansicht nach weiterhin Versorgungsprobleme bestünden, die sich im Laufe des Wirtschaftsjahres sogar noch verschlechtern könnten. Davon könnten vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Kunden mit langfristigen Verträgen für feste Mengen betroffen sein.
(5)
Andererseits hat eine gute Ernte in mehreren Teilen der EU zu einer Zuckererzeugung geführt, die über die Quote gemäß Artikel 56 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 von 5,3 Mio. Tonnen hinausgeht. Unter Berücksichtigung der geschätzten Nachfrage nach Industriezucker gemäß Artikel 62 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, der mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 372/2011 der Kommission vom 15. April 2011 zur Festsetzung der Höchstgrenze für Ausfuhren von Nichtquotenzucker und -isoglucose bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2011/12(5) festgesetzten Ausfuhrverpflichtungen 2011/12 in Bezug auf Nichtquotenzucker sowie der gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1240/2011 auf dem EU-Markt in den Verkehr gebrachten Mengen Nichtquotenzucker werden weiterhin erhebliche Mengen Nichtquotenzucker zur Verfügung stehen. Ein Teil dieses Zuckers könnte unverzüglich auf den EU-Zuckermarkt gebracht werden, um die Nachfrage teilweise zu befriedigen und somit dazu beizutragen, den Anstieg der EU-Zuckerpreise zu bremsen, der derzeit zu Marktstörungen führt.
(6)
Gemäß Artikel 186 der Verordnung (EG) Nr.1234/2007 kann die Kommission die erforderlichen Maßnahmen für den Sektor ergreifen, wenn die Preise auf dem EU-Zuckermarkt so ansteigen, dass der Markt dadurch gestört wird oder gestört zu werden droht.
(7)
Gemäß Artikel 64 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 kann die Kommission die Überschussabgabe auf Zucker und Isoglucose, die über die Quote hinaus produziert wurden, auf einem hinreichend hohen Niveau festsetzen, um die Anhäufung von Überschussmengen zu vermeiden. Mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 967/2006 der Kommission vom 29. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates hinsichtlich der Nichtquotenerzeugung im Zuckersektor(6) ist dieser Überschussbetrag auf 500 EUR/t festgesetzt worden.
(8)
Schätzungen der Kommission zufolge könnten die weiterhin geringen Zuckermengen auf dem Binnenmarkt, die deutlich aus dem im Wirtschaftsjahr 2011/12 festgestellten erheblichen Anstieg des Durchschnittspreises auf den EU-Zuckermärkten abzulesen sind, es erforderlich machen, zusätzliche Mengen Nichtquotenzucker auf dem Binnenmarkt in den Verkehr zu bringen. Eine Erhöhung der verfügbaren Mengen dürfte die Fluidität des Marktes verbessern. Um jedes Risiko einer Mengenanhäufung zu vermeiden, empfiehlt es sich, das Inverkehrbringen einer begrenzten Menge auf dem EU-Markt zu erlauben. Unter Berücksichtigung der veranschlagten Felmenge und der alternativen Versorgungsquellen sollte die begrenzte Menge auf 250000 Tonnen festgesetzt werden. Für diese begrenzte Zuckermenge, die über die Quote hinaus erzeugt wird, sollte eine verringerte Überschussabgabe auf einem Niveau je Tonne festgesetzt werden, das der Differenz zwischen dem jüngsten veröffentlichten EU-Durchschnittspreis und dem Weltmarktpreis entspricht.
(9)
Da mit der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 Quoten sowohl für Zucker als auch für Isoglucose festgesetzt wurden, sollte eine ähnliche Maßnahme für eine angemessene Menge von über die Quote hinaus erzeugter Isoglucose gelten, weil diese in gewissem Maße als Zuckerersatz im Handel ist.
(10)
Aus diesem Grunde und zur Verbesserung des Angebots sollten Zucker- und Isoglucoseerzeuger bei den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats Bescheinigungen beantragen, die es ihnen gestatten, bestimmte über die Quote hinaus erzeugte Mengen mit einer verringerten Überschussabgabe auf den EU-Markt zu verkaufen.
(11)
Die Gültigkeit der Bescheinigungen sollte zeitlich begrenzt sein, um eine schnelle Verbesserung der Angebotssituation herbeizuführen.
(12)
Die Festsetzung von Höchstmengen, die jeder Erzeuger innerhalb eines bestimmten Zeitraums beantragen kann, und die Beschränkung der Bescheinigungen auf aus der Eigenproduktion des Antragstellers stammende Erzeugnisse dürften spekulative Maßnahmen im Rahmen der mit dieser Verordnung eingeführten Regelung verhindern.
(13)
Mit ihrem Antrag sollten sich die Zuckererzeuger verpflichten, den Mindestpreis für Zuckerrüben zu zahlen, die zur Erzeugung der beantragten Zuckermenge verwendet werden. Es sollten Mindestkriterien für die Zulässigkeit von Anträgen festgelegt werden.
(14)
Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten der Kommission die eingegangenen Anträge mitteilen. Es sollten Muster zur Verfügung gestellt werden, um diese Mitteilungen zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
(15)
Die Kommission sollte sicherstellen, dass die Bescheinigungen nur im Rahmen der mit dieser Verordnung festgesetzten Mengenbeschränkungen ausgestellt werden. Deshalb sollte die Kommission erforderlichenfalls einen Zuteilungskoeffizienten festsetzen können, der auf die eingegangenen Anträge anzuwenden ist.
(16)
Die Mitgliedstaaten sollten den Antragstellern unverzüglich mitteilen, ob ihrem Antrag vollständig oder teilweise stattgegeben wurde.
(17)
Die verringerte Überschussabgabe sollte nach Annahme des Antrags und vor Ausstellung der Bescheinigung entrichtet werden.
(18)
Die zuständigen Behörden sollten der Kommission die Mengen mitteilen, für die Bescheinigungen mit verringerter Überschussabgabe ausgestellt wurden. Die Kommission sollte für diese Mitteilungen Muster bereitstellen.
(19)
Für auf dem EU-Markt in den Verkehr gebrachte Zuckermengen, die über die in den gemäß dieser Verordnung ausgestellten Bescheinigungen genannten Mengen hinausgehen, sollte die Überschussabgabe gemäß Artikel 64 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 gezahlt werden. In diesem Sinne sollte ein Antragsteller, der seiner Verpflichtung zum Inverkehrbringen der unter eine für ihn ausgestellte Bescheinigung fallenden Menge auf dem EU-Markt nicht nachkommt, auch einen Betrag von 500 EUR/t entrichten. Mit diesem kohärenten Ansatz soll ein Missbrauch des mit dieser Verordnung eingeführten Mechanismus verhindert werden.
(20)
Zum Zwecke der Ermittlung von Durchschnittspreisen für Quoten- und Nichtquoten-zucker auf dem EU-Markt gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 952/2006 sollte der Zucker, der unter eine gemäß der vorliegenden Verordnung ausgestellte Bescheinigung fällt, als Quotenzucker angesehen werden.
(21)
Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a des Beschlusses 2007/436/EG, Euratom des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemein-schaften(7) stellen Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker vorgesehen sind, Eigenmittel dar. Deswegen muss der Zeitpunkt der Feststellung der betreffenden Beträge im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 2007/436/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften(8) festgelegt werden.
(22)
Der Verwaltungsausschuss für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte hat nicht innerhalb der ihm von seinem Vorsitzenden gesetzten Frist Stellung genom-men —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(2)

ABl. L 178 vom 1.7.2006, S. 39.

(3)

ABl. L 318 vom 1.12.2011, S. 4.

(4)

ABl. L 318 vom 1.12.2011, S. 9.

(5)

ABl. L 102 vom 16.4.2011, S. 8.

(6)

ABl. L 176 vom 30.6.2006, S. 22.

(7)

ABl. L 163 vom 23.6.2007, S. 17.

(8)

ABl. L 130 vom 31.5.2000, S. 1.

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