ANHANG V RL 2006/88/EG

Bedingungen für die Erklärung der Seuchenfreiheit eines Mitgliedstaats, einer Zone oder eines Kompartiments

TEIL I

1.
Erklärung der Seuchenfreiheit aus historischen Gründen:

1.1.
Mitgliedstaaten, in denen empfängliche Arten gehalten werden, in denen jedoch vor der Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus mindestens 10 Jahre lang trotz Vorliegens von Bedingungen, die den klinischen Verlauf von Krankheiten begünstigen, keine Krankheiten festgestellt wurden, können als seuchenfrei angesehen werden, sofern folgende Bedingungen gegeben sind:

a)
Vor der Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus wurden mindestens 10 Jahre lang, vom Tag des Inkrafttretens an gerechnet, kontinuierlich grundlegende Biosicherheitsmaßnahmen durchgeführt,

und

b)
in Wildpopulationen kommen, soweit bekannt, keine Infektionen vor;
c)
es gelten Handels- und Einfuhrbedingungen, die die Einschleppung von Krankheiten in den Mitgliedstaat wirksam verhindern.

Mitgliedstaaten, die den Seuchenfreiheitsstatus erlangen möchten, müssen spätestens bis zum 1. November 2008 einen Antrag im Sinne von Artikel 49 stellen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Seuchenfreiheitsstatus nur nach Maßgabe von Teil I Nummer 2 gewährt werden.

1.2.
Die grundlegenden Biosicherheitsmaßnahmen im Sinne von Nummer 1.1 Buchstabe a umfassen mindestens Folgendes:

a)
Die Krankheit, einschließlich des Krankheitsverdachts, ist der zuständigen Behörde verbindlich zu melden;
b)
der gesamte Mitgliedstaat verfügt über ein Frühwarnsystem, das es der zuständigen Behörde ermöglicht, Krankheitsfälle gezielt zu untersuchen und zu melden, und das insbesondere Folgendes gewährleistet:

i)
die Früherkennung etwaiger klinischer Krankheitsanzeichen, die einen Verdacht erhärten, die Früherkennung einer neu auftretenden Krankheit oder unerklärlicher Mortalität in Zuchtbetrieben oder Weichtierzuchtgebieten sowie in Wildbeständen;
ii)
die schnelle Unterrichtung der zuständigen Behörde, damit diese so schnell wie möglich Diagnoseuntersuchungen einleiten kann.

1.3.
Das Frühwarnsystem gemäß Nummer 1.2 Buchstabe b muss zumindest Folgendes gewährleisten:

a)
eine hohe Sensibilisierung der in Aquakulturbetrieben arbeitenden oder mit der Verarbeitung von Tieren aus Aquakultur befassten Personen für Symptome, die auf das Vorliegen einer Krankheit schließen lassen, sowie die Ausbildung von Tierärzten oder Spezialisten für Wassertiergesundheit im Hinblick auf die Feststellung und Meldung ungewöhnlicher Krankheitsfälle;
b)
die Mitwirkung von Tierärzten oder Spezialisten für Wassertiergesundheit, die für die Erkennung und Meldung von Krankheitsverdachtsfällen geschult sind;
c)
den Zugang der zuständigen Behörde zu Laboratorien mit Einrichtungen zur Diagnose- und Differenzialdiagnosestellung in Bezug auf aufgelistete und neu auftretende Krankheiten.

2.
Erklärung der Seuchenfreiheit auf der Grundlage der gezielten Überwachung:

Mitgliedstaaten, in denen der letzte bekannte klinische Krankheitsfall in den 10 Jahren vor der Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus aufgetreten ist oder deren Seuchenstatus vor der gezielten Überwachung unbekannt war, weil beispielsweise keine Bedingungen gegeben waren, die den klinischen Verlauf von Krankheiten begünstigen, können als frei von der spezifischen Krankheit angesehen werden, sofern folgende Bedingungen gegeben sind:

a)
Der Mitgliedstaat führt die grundlegenden Seuchenbekämpfungsmaßnahmen gemäß Nummer 1.2 durch,

und

b)
seit mindestens zwei Jahren wird nach den gemäß Artikel 49 Absatz 3 festgelegten Methoden gezielt überwacht, ohne dass jedoch in Zuchtbetrieben oder Weichtierzuchtgebieten, in denen empfängliche Arten gehalten werden, ein Krankheitserreger festgestellt wurde.

Ist die Zahl der Zuchtbetriebe oder der Weichtierzuchtgebiete in Teilen eines Mitgliedstaats begrenzt und liefert die gezielte Überwachung daher für diese Landesteile keine ausreichenden epidemiologischen Daten, kommen in diesen Landesteilen jedoch Wildpopulationen empfänglicher Arten vor, so müssen diese Wildpopulationen in die gezielte Überwachung einbezogen werden.

TEIL II

1.
Zonen:

1.1.
Eine Zone kann bestehen aus

a)
einem ganzen Wassereinzugsgebiet von der Quelle bis zur Mündung

oder

b)
einem Teil eines Wassereinzugsgebiets von der (den) Quelle(n) bis zu einem natürlichen oder künstlichen Hindernis, das die Aufwärtswanderung von Wassertieren aus den unteren Läufen des Wassereinzugsgebiets verhindert,

oder

c)
mehreren Wassereinzugsgebieten, einschließlich ihrer Mündungen, bei denen infolge der gemeinsamen Mündung ein epidemiologischer Zusammenhang besteht.

Die geografischen Grenzen der Zone sind auf einer Landkarte deutlich einzuzeichnen.

1.2.
Erstreckt sich eine Zone über mehrere Mitgliedstaaten, so kann sie nur zur seuchenfreien Zone erklärt werden, wenn die Bedingungen gemäß Nummer 1.3, Nummer 1.4 und Nummer 1.5 auf alle Gebiete dieser Zone zutreffen. In diesem Falle müssen beide Mitgliedstaaten für den jeweils in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Teil der Zone die Zulassung beantragen.
1.3.
Zonen, in denen empfängliche Arten vorkommen, in denen jedoch vor der Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus zumindest 10 Jahre lang trotz Bedingungen, die den klinischen Verlauf einer Krankheit begünstigen, kein Krankheitsfall aufgetreten ist, können als seuchenfrei angesehen werden, wenn sie die Bedingungen gemäß Teil I Nummer 1 entsprechend erfüllen.

Mitgliedstaaten, die den Seuchenfreiheitsstatus im Sinne dieser Nummer erlangen möchten, müssen ihre Absicht im Sinne von Artikel 50 Absatz 2 spätestens bis zum 1. November 2008 mitteilen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Seuchenfreiheitsstatus nur nach Maßgabe von Teil I Nummer 2 gewährt werden.

1.4.
Zonen, in denen der letzte bekannte klinische Krankheitsfall in den 10 Jahren vor Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus aufgetreten ist oder deren Seuchenstatus vor der gezielten Überwachung unbekannt war, weil beispielsweise keine Bedingungen gegeben waren, die den klinischen Verlauf von Krankheiten begünstigen, können als seuchenfrei angesehen werden, wenn sie die Bedingungen gemäß Teil I Nummer 2 entsprechend erfüllen.
1.5.
Gegebenenfalls sind Pufferzonen einzurichten, in denen Monitoring-Programme durchgeführt werden. Die Abgrenzung von Pufferzonen muss so erfolgen, dass die seuchenfreie Zone vor der passiven Einschleppung von Krankheitserregern geschützt ist.

2.
Aus mehreren Zuchtbetrieben oder Weichtierzuchtgebieten bestehende Kompartimente, deren Seuchenstatus in Bezug auf eine spezifische Krankheit vom Seuchenstatus angrenzender natürlicher Gewässer in Bezug auf diese spezifische Krankheit abhängt:

2.1.
Ein Kompartiment kann aus einem oder mehreren Zuchtbetrieben, einer Gruppe oder einem Cluster von Zuchtbetrieben oder einem Weichtierzuchtgebiet bestehen und kann aufgrund seiner geografischen Lage und der Entfernung zu anderen Gruppen oder Clustern von Zuchtbetrieben oder Weichtierzuchtgebieten als eine epidemiologische Einheit angesehen werden, sofern alle zum Kompartiment gehörenden Zuchtbetriebe nach einem gemeinsamen Biosicherheitssystem arbeiten. Die geografischen Grenzen eines Kompartiments sind auf einer Landkarte deutlich einzuzeichnen.
2.2.
Kompartimente, in denen empfängliche Arten gehalten werden, in denen jedoch vor Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus zumindest 10 Jahre lang trotz Bedingungen, die den klinischen Verlauf von Krankheiten begünstigen, kein Krankheitsfall aufgetreten ist, können als seuchenfrei angesehen werden, wenn sie die Bedingungen gemäß Teil I Nummer 1 dieses Anhangs entsprechend erfüllen.

Mitgliedstaaten, die diese Regelung in Anspruch nehmen möchten, müssen ihre Absicht gemäß Artikel 50 Absatz 2 vor dem 1. November 2008 mitteilen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Seuchenfreiheitsstatus nur nach Maßgabe von Teil I Nummer 2 gewährt werden.

2.3.
Kompartimente, in denen der letzte bekannte klinische Krankheitsfall innerhalb von 10 Jahren vor Beantragung des Seuchenfreiheitsstatus aufgetreten ist oder deren Seuchenstatus in dem Kompartiment oder in den an das Kompartiment angrenzenden Gewässern vor der gezielten Überwachung unbekannt war, weil beispielsweise keine Bedingungen gegeben waren, die den klinischen Verlauf von Krankheiten begünstigen, können als seuchenfrei angesehen werden, wenn sie die Bedingungen gemäß Teil I Nummer 2 entsprechend erfüllen.
2.4.
Für alle Zuchtbetriebe bzw. Weichtierzuchtgebiete innerhalb eines Kompartiments gelten zusätzliche Maßnahmen, die die zuständige Behörde veranlasst, wenn sie dies zur Verhütung der Einschleppung von Krankheitserregern für erforderlich hält. Diese Maßnahmen können die Abgrenzung einer Pufferzone um das Kompartiment, in dem ein Monitoring-Programm durchgeführt wird sowie die Durchführung zusätzlicher Maßnahmen zum Schutz gegen die Einschleppung etwaiger Träger von Krankheitserregern oder Vektoren umfassen.

3.
Aus mehreren einzelnen Zuchtbetrieben bestehende Kompartimente, deren Gesundheitsstatus in Bezug auf eine spezifische Krankheit vom Gesundheitsstatus angrenzender natürlicher Gewässer in Bezug auf diese spezifische Krankheit unabhängig ist:

3.1.
Ein Kompartiment kann bestehen aus

a)
einem einzelnen Zuchtbetrieb, der als eine einzelne epidemiologische Einheit angesehen werden kann, da er nicht durch den Gesundheitsstatus der in angrenzenden Gewässern lebenden Tiere beeinflusst wird,

oder

b)
mehreren Zuchtbetrieben, soweit jeder Betrieb innerhalb des Kompartiments die Kriterien gemäß Nummer 3.1 Buchstabe a und gemäß den Nummern 3.2 bis 3.6 erfüllt, wobei das Kompartiment jedoch aufgrund der extensiven Verbringung von Tieren zwischen Zuchtbetrieben als eine einzelne epidemiologische Einheit anzusehen ist, sofern alle Zuchtbetriebe nach einem gemeinsamen Biosicherheitssystem arbeiten.

3.2.
Die Wasserversorgung des Kompartiments ist sicherzustellen

a)
über eine Wasseraufbereitungsanlage, die die Abtötung des betreffenden Krankheitserregers gewährleistet, um das Risiko der Einschleppung des Krankheitserregers auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren,

oder

b)
über einen Brunnen, ein Bohrloch oder eine Quelle. Liegen diese Wasserquellen außerhalb des Betriebsgeländes, so muss die Wasserspeisung direkt über eine Rohrleitung erfolgen.

3.3.
Es muss natürliche oder künstliche Hindernisse geben, die verhindern, dass Wassertiere aus umliegenden Wasserläufen in die Zuchtbetriebe eines Kompartiments gelangen.
3.4.
Das Kompartiment muss gegebenenfalls gegen Überschwemmungen und Wasserinfiltrationen aus umliegenden Wasserläufen geschützt sein.
3.5.
Das Kompartiment muss die Bedingungen von Teil I Nummer 2 entsprechend erfüllen.
3.6.
Das Kompartiment wird zusätzlichen Maßnahmen unterzogen, wenn die zuständige Behörde dies zur Verhütung der Einschleppung von Krankheitserregern für erforderlich hält. Diese Maßnahmen können zusätzliche Vorkehrungen zum Schutz gegen die Einschleppung etwaiger Träger von Krankheitserregern oder Vektoren umfassen.
3.7.
Durchführungsmaßnahmen betreffend Nummer 3.2 Buchstabe a werden nach dem Verfahren im Sinne des Artikels 62 Absatz 2 festgelegt.

4.
Sondervorschriften für einzelne Zuchtbetriebe, die ihre Zuchttätigkeit aufnehmen bzw. wieder aufnehmen:

4.1.
Neue Zuchtbetriebe, die die Bedingungen der Nummer 3.1 Buchstabe a sowie der Nummern 3.2 bis 3.6 erfüllen, ihre Aquakulturtätigkeit jedoch mit Tieren aus einem für seuchenfrei erklärten Kompartiment beginnen, können ohne die für die Zulassung erforderlichen Stichprobenuntersuchungen als seuchenfrei angesehen werden.
4.2.
Zuchtbetriebe, die ihre Aquakulturtätigkeit nach einer Unterbrechung mit Tieren aus einem für seuchenfrei erklärten Kompartiment wieder aufnehmen und die Bedingungen der Nummer 3.1 Buchstabe a sowie der Nummern 3.2 bis 3.6 erfüllen, können ohne die für die Zulassung erforderlichen Stichprobenuntersuchungen als seuchenfrei angesehen werden, sofern folgende Anforderungen erfüllt sind:

a)
Die gesundheitliche Entwicklung des Tierbestands dieses Zuchtbetriebs in den letzten vier Jahren seiner Zuchttätigkeit ist der zuständigen Behörde bekannt; ist der betreffende Zuchtbetrieb jedoch seit weniger als vier Jahren tätig, so ist der tatsächliche Tätigkeitszeitraum zu berücksichtigen;
b)
der Zuchtbetrieb war in Bezug auf die Krankheiten im Sinne von Anhang IV Teil II nicht Gegenstand tierseuchenrechtlicher Maßnahmen, und die genannten Krankheiten sind zu keiner Zeit in diesem Betrieb vorgekommen;
c)
vor dem Einbringen von Tieren, Eiern oder Gameten in den Zuchtbetrieb wurde dieser gereinigt und desinfiziert und danach erforderlichenfalls für einen bestimmten Zeitraum stillgelegt.

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