Anlage 9 VO (EU) 2014/134

Erläuterung zum Gangwechselverfahren für eine Prüfung Typ I

0.
Einleitung

Diese Erläuterung liefert Erklärungen zu Bestimmungen und Sachverhalten, die in der vorliegenden Verordnung einschließlich ihrer Anhänge und Anlagen getroffen bzw. dargelegt werden, sowie zu damit zusammenhängen Fragen im Hinblick auf den Gangwechsel.

1.
Ansatz

1.1.
Das Gangwechselverfahren wurde auf der Grundlage einer Analyse der Schaltpunkte in den im Betrieb gewonnenen Daten entwickelt. Für eine allgemeine Formulierung der Korrelationen zwischen den technischen Spezifikationen zu den Fahrzeugen und den Schaltdrehzahlen, wurden die Drehzahlen auf den nutzbaren Bereich zwischen Nenn- und Leerlaufdrehzahl normiert.
1.2.
In einem zweiten Schritt wurden sowohl die Fahrzeug-Endgeschwindigkeit als auch die normierte Drehzahl, bei denen herauf- oder herunterzuschalten ist, ermittelt und in einer separaten Tabelle aufgezeichnet. Für jeden Gang jedes Fahrzeugs wurden die Durchschnittswerte dieser Geschwindigkeiten und Drehzahlen berechnet und in Beziehung zu den technischen Spezifikationen des Fahrzeugs gesetzt.
1.3.
Das Ergebnis dieser Analysen und Berechnungen kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

a)
Das Schaltverhalten hängt eher von der Drehzahl als von der Fahrzeuggeschwindigkeit ab;
b)
die beste Korrelation zwischen Schaltdrehzahlen und technischen Daten wurde zwischen den normierten Drehzahlen und dem Verhältnis Leistung zu Masse (maximale Nenndauerleistung/(Masse in fahrbereitem Zustand + 75 kg)) festgestellt;
c)
die verbleibenden Schwankungen sind nicht durch sonstige technische Daten oder durch unterschiedliche Übersetzungen des Kraftübertragungsstrangs zu erklären. Sie gehen höchstwahrscheinlich auf Unterschiede bei den Verkehrsbedingungen und beim individuellen Fahrverhalten zurück;
d)
es wurde festgestellt, dass Exponentialfunktionen die beste Annäherung zwischen Schaltdrehzahlen und dem Verhältnis Leistung zu Masse ermöglichen;
e)
die mathematische Funktion für den Gangwechsel ist für den ersten Gang erheblich flacher als für die übrigen Gänge;
f)
die Schaltdrehzahl für alle übrigen Gänge kann mit einer gemeinsamen mathematischen Funktion näherungsweise bestimmt werden;
g)
es wurden keine Unterschiede zwischen Fünf- und Sechsganggetrieben festgestellt;
h)
für ein und denselben Fahrzeugtyp unterscheidet sich das Schaltverhalten in Japan erheblich von dem in der Europäischen Union (EU) und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).

1.4.
Um einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den drei Regionen zu finden, wurde eine neue Annäherungsfunktion für die normierten Hochschaltdrehzahlen in Abhängigkeit vom Verhältnis Leistung zu Masse als gewichteter Durchschnitt der Kurven EU/USA (Gewichtung 2/3) und Japan (Gewichtung 1/3) berechnet, woraus sich die folgenden Gleichungen für die normierten Hochschaltdrehzahlen ergaben:

    Gleichung Anl 9-1: Normierte Hochschaltdrehzahl im 1. Gang (Gang 1)

    n_max_acc 10,5753 e 1,9Pnmk 75 0,1s nidle nidle

    Gleichung Anl 9-2: Normierte Hochschaltgeschwindigkeit in den Gängen > 1

    n_max_acc i0,5753 e 1,9Pnmk 75s nidle nidle

2.
Berechnungsbeispiel

2.1. Abbildung Anl 9-1 zeigt ein Beispiel für die Nutzung der Gangschaltung bei einem kleinen Fahrzeug:
a)
Die fettgedruckten Linien zeigen die Verwendung der Gänge in den Beschleunigungsphasen an;
b)
die gepunkteten Linien zeigen die Herunterschaltpunkte in den Verzögerungsphasen an;
c)
in den Dauergeschwindigkeitsphasen kann der gesamte Bereich zwischen der Herunter- und der Hochschaltdrehzahl genutzt werden.

2.2 Steigert sich während der Dauergeschwindigkeitsphasen die Fahrzeuggeschwindigkeit nach und nach, können die Hochschaltgeschwindigkeiten (v1→2, v2→3und vi→i+1) in km/h nach folgenden Gleichungen berechnet werden:

    Gleichung Anl 9-3:

    v1→20,03s nidle nidle1ndv2

    Gleichung Anl 9-4:

    v2→30,5753 e 1,9Pnmk 75 0,1s nidle nidle1ndv1

    Gleichung Anl 9-5:

    vi→i 10,5753 e 1,9Pnmk 75s nidle nidle1ndvi 1, i = 3 to ng

Abbildung Anl 9-1:

Verwendung der Gänge in den Beschleunigungsphasen Um dem technischen Dienst mehr Flexibilität einzuräumen und die Fahrbarkeit des Fahrzeugs zu sichern, sollten die Gangwechsel-Regressionsfunktionen als Untergrenzen angesehen werden. Höhere Drehzahlen sind in allen Zyklusphasen zulässig.

3.
Phasenindikatoren

3.1 Um bei der Anwendung der Gangwechselgleichungen unterschiedliche Auslegungen zu vermeiden und somit die Vergleichbarkeit der Prüfung zu erhöhen, werden den Geschwindigkeitsmustern der Zyklen feste Phasenindikatoren zugeordnet. Die Angabe der Phasenindikatoren beruht auf der Definition des Japanischen Automobilforschungsinstituts (Japan Automobile Research Institute, JARI) der vier Fahrbetriebsarten der folgenden Tabelle:

Tabelle Anl 9-1

Definition der Fahrbetriebsarten

4 BetriebsartenBegriffsbestimmung
Leerlauf

Fahrzeuggeschwindigkeit < 5 km/h und

-0,5 km/h/s (-0,139 m/s2) 2)

BeschleunigungBeschleunigung > 0,5 km/h/s (0,139 m/s2)
VerzögerungBeschleunigung < - 0,5 km/h/s (- 0,139 m/s2)
Dauergeschwindigkeitsbetrieb

Fahrzeuggeschwindigkeit ≥ 5 km/h und

-0,5 km/h/s (-0,139 m/s2) 2)

3.2. Die Indikatoren wurden anschließend modifiziert, um häufige Änderungen in relativ homogenen Zyklusteilen zu vermeiden und somit die Fahrbarkeit zu verbessern. Abbildung Anl 9-2 zeigt ein Beispiel aus Zyklusteil 1

Abbildung Anl 9-2:

4.
Berechnungsbeispiel

4.1.
Tabelle Anl 9-2 enthält ein Beispiel für die Eingangsdaten, die für die Berechnung der Schaltdrehzahlen erforderlich sind. Die Hochschaltdrehzahlen für den ersten Gang und die höheren Gänge in den Beschleunigungsphasen werden nach den Gleichungen 9-1 und 9-2 berechnet. Die Entnormierung der Drehzahlen kann nach der Gleichung nn_norm x s nidle nidle erfolgen.
4.2.
Die Herunterschaltdrehzahlen für die Verzögerungsphasen können mithilfe der Gleichungen 9-3 und 9-4 berechnet werden. Die ndv-Werte in Tabelle Anl 9-2 können als Übersetzungsverhältnisse der Gänge verwendet werden. Sie können ebenfalls zur Berechnung der entsprechenden Fahrzeuggeschwindigkeiten herangezogen werden (Schaltgeschwindigkeit in Gang iSchaltdrehzahl in Gang indvi). Die Ergebnisse sind in den Tabellen Ap 9-3 und Ap 9-4 dargestellt.
4.3.
Mithilfe zusätzlicher Analysen und Berechnungen wurde untersucht, ob eine Vereinfachung dieser Gangwechselalgorithmen und insbesondere ein Ersatz der Schaltdrehzahlen durch Schaltgeschwindigkeiten möglich wäre. Die Analyse ergab, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit nicht mit dem Schaltverhalten, wie aus den im Betrieb gewonnenen Daten hervorging, in Einklang zu bringen war.
4.3.1.

Tabelle Anl 9-2

Eingabedaten für die Berechnung der Schaltdrehzahlen und -geschwindigkeiten

1.
PN / (MK+75) · 1000; Pn in kW, mk in kg
PositionEingabedaten
Hubraum in cm3600
Pn in kW72
mk in kg199
s in min-111800
nidle in min-11150
ndv1(*)133,66
ndv294,91
ndv376,16.
ndv465,69
ndv558,85
ndv654,04
pmr(**) in kW/t262,8
4.3.2.

Tabelle Anl 9-3

Schaltdrehzahlen für den ersten Gang und die höheren Gänge in den Beschleunigungsphasen (siehe Tabelle Anl 9-1)

FAHRVERHALTEN EU/USA/JAPAN
Fahrverhalten EU/USA/Japann_acc_max (1) n_acc_max (i)
n_norm(***) in %24,934,9
n in min-138044869
4.3.3.

Tabelle Anl 9-4

Schaltdrehzahlen und -geschwindigkeiten nach Tabelle Anl 9-2

GangwechselFahrverhalten EU/USA/Japan
v in km/h

n_norm (i)

in %

n in min-1
Hochschalten1→228,524,93804
2→351,334,94869
3→463,934,94869
4→574,134,94869
5→682,734,94869
Herunterschalten2→cl(****)15,53,01470
3→228,59,62167
4→351,320,83370
5→463,924,53762
6→574,126,84005

Fußnote(n):

(*)

ndv bezeichnet das Verhältnis zwischen der Drehzahl in min-1 und der Fahrzeuggeschwindigkeit in km/h.

(**)

pmr bezeichnet das Verhältnis Leistung zu Masse das folgendermaßen berechnet wird:

(***)

n_norm bezeichnet den mithilfe der Gleichungen Ap9-1 und Ap9-2 berechneten Wert.

(****)

„cl” bezeichnet den Zeitpunkt des Ausrückens der Kupplung.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.